Magellan "Innocent God" (Musea, VÖ: 04/2008)

So schnell geht das. Die innovativen Bands aus dem Neubeginn des Progressive Rock Anfang der Neunziger sind jetzt die alten. Sie benehmen sich auch so. Magellan haben sich einige Male verändert. Zuerst der wilde Sturm; ihre Yes-typischen Songs gingen von Album zu Album immer mehr in metallischer Härte auf. Die nervösen, bombastischen Epen sind einem erstaunlich poppigen, eingängigen, nach wie vor aufwendigen Stil gewichen. Weit weg von jedem Mainstream hat die vom Projekt zum festen Trio gewachsene Band sieben neue Songs eingespielt. Trent Gardners (key) Stimme ist markantester Punkt in den nach wie vor emotional heftigen, wie ein Strudel mitreißenden Kompositionen. Robert Berry hat quasi den instrumentalen Rest zu bestreiten, Wayne Gardner zieht die Produzenten-Fäden. Stilistisch klingen Magellan, immer schon etwas abseits der "typischen" progressiven Pfade, heute wie ein runderneuertes Abbild von 80er Yes, weniger poppig, weniger mainstreamig, gewiss. Aber doch mit diesem rhythmisch locker flockigen, gar tanzbaren Mitgehfaktor. Die Gitarren sind weitaus leiser als je zuvor, die Keyboards haben schon mal ambientes Flair, die symphonische Note rinnt nachdenklicher, melancholischer aus den Boxen. Esoterische, im Off tänzelnde Rhythmen bestimmen wie afrikanische oder indianische Trommelbeschwörungen die kraftvollen Songs. Komplexe Instrumentalparts sind nicht vorhanden, nicht im Progressive Rock Sinn, selbst im harten "Slow Burn" nicht, das die CD rasant abschließt. Die Songs sind epischer, weitflächiger, moderner. Dennoch sicher sind einige sehr nett abstrakte und harte Sachen zu hören: hier mal ein phantastisches Basssolo, ein kurzes, intensives Gitarrensolo, schwebende Symphonic-Keyboardschwelgereien, die knifflige harmonische Wechsel vollziehen - was die Band stets ausgemacht hatte. Die Freakigkeit und Abgefahrenheit ist weniger geworden, aber nicht verschwunden.
Die Texte sind wie gehabt sehr anspruchsvoll. Magellan beschäftigen sich mit Gesellschaftskritik, mit Kapitalismuskritik und dem Klimawandel. Cover und Bookletdesign sind reichlich düster und doch atmet die Musik in aller dunklen und hellen Farbigkeit hoffnungsfrohe, positive Atmosphäre.
Nach Magna Carta und InsideOut ist Magellan nun bei Musea gelandet. Wollen wir nicht hoffen, dass dies ein schlechtes Zeichen ist. "Innocent God" ist auf alle Fälle kein schlechtes Zeichen.

magellanweb.com
musearecords.com
VM



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