Interview mit John Macaluso im September 2006

Spätestens seit den beiden Veröffentlichungen der Progredienten ARK, deren Stücke unter anderem durch sehr originelle Rhythmen geprägt waren, für die sich kein anderer als John Macaluso verantwortlich zeichnete, ist dessen Name in der Fachwelt keine Unbekannte mehr, hat der gute John doch zwischenzeitlich für so klangvolle Namen wie James LaBrie, Alex Masi oder Yngwie Malmsteen getrommelt. Faszinierend ist meines Erachtens vor allem das Innovationspotential sowie der Detailreichtum der Macaluso-Grooves, die nie aufgesetzt wirken. Bestaunt werden kann dies auch auf seiner in Kürze erscheinenden ersten Solo-CD.


ragazzi: "Für viele Schlagzeuger wurdest du in den letzten Jahren zu einem "drummer´s drummer". Hast Du auch selbst noch Vorbilder in der Schlagzeug-Welt?"

John Macaluso: "Natürlich!!! Zum Beispiel Terry Bozzio, Joe Franco oder Phil Collins, aber auch in der jüngeren Generation gibt es zwei Musiker, die ich als Trommler und Menschen bewundere und die ich gleichzeitig meine Freunde nennen darf - Bobby Jarzombek und Cliff Almond."

ragazzi: "Viele Deiner Grooves sind absolut originell - konstruierst du Deine Rhythmen oder entwickelst du sie intuitiv?"

J. M.: "Ich denke, dies geschieht eher intuitiv. Ich wuchs quasi auf mit Avantgarde-Musik und ihren Schlagzeugern, die mich stark prägten, weshalb es mir selbstverständlich erscheint, dass ich auf diese Weis spiele. Ich versuche nicht komplexe Rhythmen zu spielen, um damit etwa irgendjemanden zu beeindrucken, denn jeder Rhythmus sollte als Grundbedingung zur Musik passen und grooven. Meiner Ansicht nach kann man die Hörer auf eine akustische Reise schicken, wenn man die Grooves mit einer gewissen Tiefe versieht, die manchmal in die "Abgründe" der ungeraden Metren führt, denn das Hören von Neuem kann starke Gefühle bei den Rezipienten auslösen. Eines der größten Komplemente, die man mir als Schlagzeuger machen kann, ist, wenn man meine Beats merk-würdig findet. Sie erweitern durch ihre Andersartigkeit in einem solchen Fall die Hörerfahrung."

ragazzi: "Gibt es Dinge in Deinem Spiel, die Dich stören?"

J. M.: "Ja, manche Alben, die ich in der Vergangenheit eingetrommelt habe, hasse ich regelrecht, aber ich denke, das ist normal unter Musikern. Schlagzeugtechnisch bin ich vor allem mit meinen Flams nicht immer zufrieden, besonders meine rechte Hand schwächelt etwas, wenn sie die Vor-Schläge machen soll."

ragazzi: "Übst Du (noch) regelmäßig? Falls dem so sein sollte, welchen Aspekten widmest du dich momentan?"

J. M.: "In der letzten Zeit komme ich nicht mehr so viel zum Üben, da ich häufig entweder Aufnahmen mache oder live spiele, aber ich finde es witzig, dass Du mir diese Frage stellst, da ich gerade diese Woche nach Beendigung einer Tour wieder verstärkt zu einer Übungs-Routine zurückfinden möchte. Gegenwärtig arbeite ich an schnellen, über das gesamte Set verteilten Single Stroke Rolls. Ich spiele eine Menge Double Stroke Rolls, sah aber vor kurzem ein Video mit Stewart Copland, wie er kraftvolle und präzise Singles spielend, regelrecht über sein Schlagzeug flog, was mich dazu inspirierte, auch verstärkt Singles zu spielen. Ebenso versuche ich immer wieder so perfekt zum Click-Track zu spielen, dass man ihn nicht mehr hören kann, aber manchmal spiele ich auch bewusst hinter dem Beat des Click-Tracks, um der Musik ein unterschiedliches Flair zu verleihen."

ragazzi: Seit einigen Monaten bist Du Endorser der Firma Factory Metal. Wie kamst Du in Kontakt mit dieser Firma und welche ihrer Produkte spielst du?"

J. M.: " Ich entdeckte die Firma im Internet, kontaktierte sie, der Besitzer hörte mein Schlagzeugspiel und nahm mich in die Factory Metal-Endorserfamilie auf. Ich mag die Factory Metals sehr und halte sie für die originellsten Percussion-Instrumente überhaupt. Ich brauche einfach solche Instrumente an meinem Set, da sie mich auf neue Ideen bringen und perfekt zu meinem experimentellen Stil passen. Vor allem benutze ich die Cross Benderz und die Vertical Chinas."

ragazzi: "Was hältst Du von den Cross Crasherz?"

J. M.: "Die Cross Crasherz stehen zusammen mit den Gothic Radiuses ganz oben auf meiner Wunschliste. Ich probierte sie auf der Namm-Show aus und finde sie großartig. Speziell das größte Exemplar der Gothic Radiuses mit seinen weichen Pink Floyd-artigen Ride-Becken-Klängen hat es mir angetan."

ragazzi: "Was hältst Du von einer Erweiterung Deiner Klangpalette mit Bells, Cymbal Stacks, Blocks, Cowbells oder Tambourines, um Deinen Grooves mit zusätzlichen tonalen Optionen noch mehr Würze zu verleihen?"

J. M.: "Meiner Ansicht nach limitieren zu viele Percussion-Instrumente am Set die Ausdrucksfähigkeit, denn aus je weniger verschiedenen Klangkörpern sich mein Instrumentarium zusammensetzt, desto kreativer muss ich mit den wenigen Teilen, die ich zur Verfügung habe, umgehen. Deshalb spiele ich meist nur ein Set, das aus vier Trommeln besteht., da mich zu viel "Klimperkram" oder zu viele Trommeln dazu verleiten andauernd zu viel zu spielen, was nicht zuletzt diesen besonderen Instrumenten ein wenig von ihren Zauber nimmt, vor allem wenn sie unentwegt zu hören sind. Splashes allerdings mag ich so sehr, dass ich gewöhnlich zwei benutze. Außerdem habe ich in jüngster Zeit ein Theremin, ein elektronisches Instrument mit Antennen, das auf dem Ätherwellenprinzip basiert und berührungsfrei gespielt wird, an meinem Drumkit."

ragazzi: "Welche Instrumente hast Du zu Beginn des Eröffnungsstückes der ersten ARK-CD, ``Burning Down´´, benutzt - Crashers, Stacks oder was sonst? Diese Klänge sind wirklich einzigartig."

J. M.: "Glaub es oder nicht, es waren zerbrochene Bierflaschen, die auf dem Boden einer Schulturnhalle aufgenommen wurden und über die ich ein Fell eines 16" Floor Toms gelegt hatte. Ich spielte also dieses Intro-Solo und wir jagten es durch einen Flanger. Außerdem benutzte ich ein verbogenes und angerissenes Splash-Becken, das ich zu Beginn des Intros auf den Boden drückte und hin- und herdrehte. Das ist das ganze Geheimnis - vielen Dank übrigens für das Kompliment."

ragazzi: "Wann und unter welchen Umständen kam es zum Ende von ARK?"

J. M.: "Vor etwa zwei Jahren trennten sich die Wege von Tore und mir, ohne dass es böses Blut zwischen uns gegeben hätte. ARK war unser "Baby"; wir beide gründeten die Band und versuchten sie zunächst allen auftretenden Schwierigkeiten zum Trotz am Leben zu erhalten, aber wir konnten ARK aus verschiedenen Gründen nicht mehr weiterführen, was ein schmerzlicher Prozess war, denn es wäre bestimmt noch die eine oder andere großartige Veröffentlichung möglich gewesen. Wir arbeiteten sogar bereits am dritten Album, was bestimmt toll geworden wäre, aber es gab gewisse Probleme mit einem gewissen Sänger, mit dem zu arbeiten nicht immer ein Zuckerschlecken war."

ragazzi: "Falls es eine Reunion von ARK geben sollte - wärst Du gern ein Teil der "neuen" ARK?"

J. M.: "Es wird wohl leider keine Reunion von ARK geben. Ich mochte diese Band wirklich sehr, aber dieses Baby ist vermutlich für alle Zeiten gestorben."

ragazzi: "Du bist gerade dabei Dein erstes Solo-Album aufzunehmen; aus welchem Grund hast Du Dich für dieses Projekt entschieden?"

J. M.: "Es war einfach an der Zeit. ARK war ein gutes Experimentierfeld, um mich musikalisch und auch textlich auszudrücken und da es, wie eben erwähnt, irgendwann ARK nicht mehr gab, brauchte ich dieses auf mich zugeschnittene Album, um kreativ bleiben zu können und nicht nur anderer Leute Musik aufzunehmen. So kontaktierte ich all meine Freunde auf der ganzen Welt und machte mich an die Umsetzung; ich schrieb sämtliche Musik sowie sämtliche Texte und der Entstehungsprozess meiner Solo-CD dauert zum jetzigen Zeitpunkt schon etwa ein Jahr."

ragazzi: "Kannst Du die Stücke Deiner Solo-CD ein wenig beschreiben; wann wird sie erscheinen und welchen Titel wird sie haben?"

J. M.: "Die CD wird im Stil von Pink Floyds "Animals" sein, mit intensiverem Schlagzeugspiel und doppelter Geschwindigkeit aufgenommen. Außerdem gibt es hervorragende Keyboardarbeit von Vitalij Kuprij zu hören, der Gesang stammt hauptsächlich von James LaBrie, die Gitarrenarbeit von Marco Sfogli und Randy Coven sowie Zey Grey spielen Bass. Daneben spielen noch etliche weitere Musiker mit. Der Titel der CD wird John Macaluso & Union Radio "The Radio Waves Goodbye" lauten; erscheinen soll die Scheibe nächsten Februar; es werden sich zwölf Stücke sowie ein Schlagzeugsolo darauf befinden - eine Mischung aus Drum´n Bass, folkigen flockigen Gitarrenklängen und floydigen Keyboardsounds mit einen Hauch von Space Rock und sabbathiger Heaviness. Auf eine Formel gebracht: Heavy, odd and beautifully trippy."

ragazzi: "Welches Instrumentarium hast Du für die Aufnahmen Deines Solo-Albums benutzt und hast Du den Aufbau Deines Drumsets für jedes Stück verändert?"

J. M.: "Ich benutzte dafür mein achtteiliges Tama Star Classic Performer-Set mit einer Gong Bass Drum, aber auch ein fünfteiliges Schlagzeug. Dazu viele Becken, hauptsächlich Crashes, einige Splashes und einige Ice Bells."

ragazzi: "Ist Deine Solo-CD stärker rhythmusbetont als die anderen Tonträger, die Du eingespielt hast?"

J. M.: "Na klar!!!!!!! Und musikalisch sowie schlagzeugtechnisch besser als sämtliche Scheiben, auf denen ich bisher gespielt habe."

ragazzi: Wo liegen für Dich die Unterschiede zwischen Aufnahmen als Band- bzw. Projektschlagzeuger und denen für Dein Solo-Album?"

J. M.: "Es gibt keinerlei Bandstreitigkeiten bezüglich irgendwelcher aufnahmetechnischen Details und daraus resultierend muss man keine Kompromisse eingehen. Man kriegt genau den gewünschten Klang auf Konserve und das ist toll, wenn Du eine klare Vorstellung davon hast, wie die Scheibe klingen soll. Du hast einfach von A bis Z die Kontrolle."

ragazzi: "Was hältst Du von einem symmetrischen Set-Aufbau, der die Möglichkeit bietet mit beiden Händen zu führen, wie man das in Perfektion z. B. von Mike Mangini kennt? Hast Du je die "open handed"-Spielweise ausprobiert?"

J. M.: Ja, ich bin ein großer Billy Cobham-Fan und er veranlasste mich die "open handed"-Spielweise auszuprobieren. Ich hatte Unterricht bei Dom Famularo, der mich in die "open handed"-Spielweise einführte. Als ich bei TNT war, spielte ich die ganzen Jahre "open handed". Ich kürzte meinen Hi-Hat-Ständer ein gutes Stück, so dass es unmöglich war mit überkreuzten Armen zu spielen. Das war eine Zeit lang ganz interessant, aber ich merkte, dass ich "cross handed" einfach besser spielte, weshalb ich wieder zu dieser Haltung wechselte. Nach einpaarundzwanzig Jahren Spielpraxis war das einfach die bessere Lösung. Aber die "open handed"-Spielweise half mir mein Gehirn zu fordern und ich liebe Die Herausforderung."

ragazzi: "Welche Pläne hast Du für die Zukunft? Wenn man mit dem Angebot an Dich herantreten würde eine Schlagzeug-DVD mit Dir zu produzieren, wie würdest Du Dich verhalten - würdest Du Dich zieren?"

J. M.: "Nach der Veröffentlichung meiner Solo-CD würde ich gern viel touren und Schlagzeug-Clinics weltweit machen; eine DVD ist tatsächlich danach vorgesehen. Mein erstes Schlagzeugbuch "Repercussions" ist fertig und ich suche nach einem Verlag, der es baldmöglichst veröffentlicht."

ragazzi: "Besteht in naher Zukunft die Möglichkeit Dich hier in Deutschland auf einer Clinic-Tour zu erleben?"

J. M.: "Ich würde liebend gern in Deutschland Clinics spielen. Es gibt bereits konkrete Pläne hierfür. Wenn ich tatsächlich die Chance dazu erhalten werde, werde ich nicht lange zögern!"

Frank Bender



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