Tony MacAlpine "Collection - The Shrapnel Years" (Mascot Records, VÖ: 24.03.2006)

Tony MacAlpine hatte ein Leben vor Planet X. Die 12 Songs der Sammlung zeigen die stilistischen und Modewechsel, die Tony MacAlpine überlebt hat. Auf dem Cover ist er noch mit Riesenmäcke zu sehen, der heutige ernste und kaum mit Haaren bedeckte Kopf ist darin kaum wieder zu erkennen. Ähnlich ist das in den Songs. Die ersten 4 Stücke stammen aus dem Jahr 1985, mitten aus den 80ern. Obwohl Steve Smith, heute Rhythmusgott in Modern Ethno Jazz und Fusion, schon damals ausgezeichnet technisches Spiel zelebrierte, ist der Schlagzeugsound dennoch oberflächlich und kitschig. Der vorlaute, verhallte und klatschende Klang, wie ihn die 80er erfanden und bis zum Verrecken strapazierten, stört den Spieleindruck gewaltig. Zudem konnte man damals wohl mit dem billigsten und schrecklichsten Schlagzeugset spielen, den natürlichen sauberen und echten Schlagzeugklang konnte man sowieso nicht wahrnehmen. Diese dämliche Mode liegt zum Glück lange zurück und alle Beteiligten (hatten vorher und) haben später wieder zu echtem Klang gefunden.
Tony MacAlpine spielt Keyboards und Gitarre, Billy Sheehan Bass und Steve Smith, wie gesagt, Schlagzeug. Alle Songs stammen von MacAlpine, sind auf komplexe Instrumentallandschaften orientiert und auf anspruchsvolles Golospiel der Gitarre. Tony MacAlpine hat weniger den Klassikeinfluss im Blut als Vinnie Moore, der jetzt zur gleichen Zeit eine Collection bekommt. Aber der Zeitgeist ist deutlich. Sein später bei Planet X bis ins Extrem ausuferndes, grandios technisches Jazzrockspiel ist hier schon zu erahnen. "Champion" stammt von 1992, Mike Terrana am Schlagzeug hat die 80er noch nicht ganz verdaut, die Komposition ist schlichter als die früheren (und als die späteren sowieso). Ein Jahr später wurde "Rats With Wings" eingespielt, dieses Mal saß Glen Sobel am Schlagzeug, die Power Metal Komposition ist wieder technischer und vertrackter, auch was das Schlagzeugspiel betrifft. MacAlpines Gitarren- und Keyboardspiel ist ausgezeichnet, doch es kommt besser. Die beiden 94er Stücke sind im Sound ganz klar in die 90er gewachsen und transportieren nichts vom Kitsch der 80er mehr. Es wird weniger typisch Metal und Klassik, mehr technisches und stilistisch unabhängig hartes Rockliedgut gespielt, das zarte Prog-Ansätze zeigt. Die beiden 95er Aufnahmen sind da noch stärker, Mike Terrana am Schlagzeug spielt exzellent, der Klang ist fulminant und MacAlpines Gitarrengefrickel außerordentlich eindrücklich. Die letzten Tracks stammen aus dem Jahr 2001. Steve Smith saß wieder am Schlagzeug, die Kompositionen sind schön heavy und virtuos, eine dicke Spur Klassik Marke Vivaldi und Mozart ist wiedergekehrt, woher auch immer.
Die Zusammenstellung ist ein ausgezeichneter Überblick über das bisherige Solo-Schaffen Tony MacAlpines, samt allen Macken, stilistischen Fallen und soundmäßigen Moden. Tipp!

tonymacalpine.com
mascotrecords.com
VM



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