Living Colour "Collideoscope" (Sanctuary/Silverline, VÖ: 18.07.2005)

Zum Ende der 1980er Jahre begannen Living Colour einen kometenhaften Aufstieg. Gefördert durch Rockveteran Mick Jagger, angefeuert von begeisterten Besuchern der kleinen Clubs, in denen sie damals zuerst aufgetreten waren.
Hardrock war mit wenigen Ausnahmen bis dahin zumeist Sache weißer Bands gewesen, doch jetzt kamen Living Colour mit schwarzer Hautfarbe, langen Dreadlocks und stolzen Gesichtern. Dass sie auch musikalisch besonders (gut) waren, zeigte der hohe Funk-Anteil, mit dem sie ihre Songs rhythmisch akzentuierten, was in den 80ern und 90ern generell gut ankam.
Für die Platten gab es Grammys. Stars wie Maceo Parker, Mick Jagger, Little Richard und Queen Latifah gaben sich als Gäste die Ehre. Im Laufe der Jahre legte die Band härtemäßig um einiges zu, zudem wurden die Songs komplexer und eigenwilliger, was der breiten Masse nicht eingängig war. Diverse Neben- und Soloprojekte, so unter anderem ein radikales und ausgezeichnetes Funk-Avantgarde-Projekt mit Bill Laswell unter dem Namen Praxis steuerten die Band ins kommerzielle Aus. 1995 wurde Living Colour aufgelöst. Doch die Folgeprojekte der einzelnen Musiker konnten nicht an die großen Erfolge ihrer einstigen Band anschließen und so kam es nach diversen Diskussionen und Probekonzerten Ende 2000 mit Vernon Reid, Corey Glover, Will Calhoun und Doug Wimbish zur Reunion, was 2001 mit einer gemeinsamten Tour gefestigt wurde.
2003 kam "Collideoscope" auf den Markt. In den 15 Songs präsentiert sich eine gewachsene Band. Funk ist immer noch die Triebfeder, wenn sich auch diese markanten Töne ins Hardrockkonzept zurückgezogen haben und die Band etwas unbestimmt und gemäßigt klingt, wohl, um das potentielle Publikum nicht zu verschrecken. Dennoch bringen die Kracher kraftvollen Rock rüber, im 9. Track "Holy Roller" darf sogar Fusion-Crack David Sancious, der ansonsten sein Beamtendasein bei Bruce Springsteen fristet, in die Tasten hauen (gewiss, ohne allzu ungewöhnliche Strukturen zu beleben).
Neben den Hardrockern gibt es einige Balladen und Popsongs zu hören, die niemals blöd klingen, sondern eigen und überlegt. Erstaunlicher Weise könnte dies gar die besondere Stärke der Band sein (dennoch hoffe ich, dass sie die Gitarren nicht verstauben lassen!).
Jetzt ganz frisch ist "Collideoscope" als DualDisc auf den Markt gekommen. Die beidseitig abspielbare Disc hat auf der einen Seite die 15 Tracks für den CD Player, auf der anderen Seite gibt es das Album in 5.1 Surround Sound samt exklusivem Video Scrapbook, Fotogalerie und weiterem Material für den DVD Player. Das volle Programm, alles in feinster Qualität. Mehr geht nicht.

VM



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