Little Atlas "Hollow" (10t Records 2007)

Wenn von der "goldenen" Zeit des Progressive Rock die Rede ist, dann ist gewiss nicht die kitschigste Phase gemeint, sondern der aktivste Zeitraum der erwachenden ersten Szene: 1968 bis 1974. Danach war nichts wie vorher. Und wenig aus der heutigen Zeit kann die Vorbilder toppen. Die Musiker damals waren von der klassischen Musik und Jazz inspiriert. Heute sind die Bands von Marillion oder King Crimson inspiriert, Marillion wiederum waren es von Genesis. Genesis und King Crimson wiederum gehören zu diesen "Klassikern", die von Jazz und Klassik inspiriert waren. Jede Vererbung hat der Szene Qualität und Farbe genommen. Was ist der leichte poppige Sound von Marillion im Vergleich zu Yes oder Gentle Giant? Eine Farce! Kein Vergleich, ich weiß.
Little Atlas wiederum klingen, als hätten sie sich Spocks Beard genau angehört, die wiederum... Usw. Dennoch ist "Hollow" nicht nur eine blasse Kopie der vierten Kopie. Der Modern Prog hat gewiss viel poppige Leichtigkeit und softe Lieblichkeit, ist aber witzig komponiert und nett arrangiert.
Die 10 Songs haben einen Hauch Jazz, ein paar Scheiben Pink Floyd, eingängig-flotten Pop, einige Komplexität sowie "progressive" Vielschichtigkeit und damit einigen Charakter. Partiell, wie etwa im Refrain des 10-Minüters "Silence" bleibt zu fragen, was der Schmalz soll. Vor allem, weil die Band es im gleichen Stück deutlich besser kann.
Schon der Start von "Paranoiac" wie das Gros der meisten anderen Songs beweist, dass Steve Katsikas (voc, key, sax), Rik Bigai (synth, Cuatro), Roy Strattman (g, voc) und Diego Pocovi (dr) süchtige Progressive Rock Fans sind und ihren Vorbildern auf die Finger, beziehungsweise Noten geschaut haben. Dass der Song dennoch vital rockt und eigenen vielschichtigen Inhalt hat, beweist die Qualität der Jungs. Little Atlas gehen ihre Ideen nicht kraftvoll und vital, sondern symphonisch dezent an. Sie legen mehr Wert auf schöngeistige Keyboardpassagen und sanfte akustische Gitarrenparts, als auf lebhaften Rock. Stilistisch liegen sie genau in der Mitte dessen, was heute als "progressive" bezeichnet wird: Symphonic Rock.
Sie sind dabei sehr gut, haben interessante Ideen und ein besonderes Gespür für melancholische, nachdenkliche Stimmungen und Gefühle. Die handwerklich routinierte Band gehört nicht zu den technischen Spielern. Zwar sind alle Noten richtig und virtuos gespielt worden. Aber diese gewisse Leichtigkeit und energische Vitalität in einem, was die technische Musik auszeichnet, ist nicht zu finden.

littleatlas.com
10trecords.com
justforkicks.de
VM



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