Krokofant "Krokofant" (rune grammofon 14.02.2014)


Der Krokofant ist ein mit schrecklichen Zähnen bewaffnetes Monster, das laut trompetet, aus dem Hybrid der Gene des Krokodils und des Elefanten besteht und in einem populären norwegischen Kinderlied lebt. Wurde auch Zeit, dass sich eine Band danach benennt, die instrumental mindestens ebenso auftritt wie das Vorbild aus Kindertagen.
Ursprünglich arbeiteten Tom Hasslan (g) und Axel Skalstad (dr), die sich in einem Gitarrengeschäft in Kongsberg trafen, als Duo zusammen, bis sie 2012 auf Jørgen Mathisen (sax, Shagma, The Core, Zanussi Five) trafen. Als Trio nannten sie sich Krokofant, gingen in das analog ausgestattete Engfelt & Forsgren Studio in Oslo und was in den Wochen zuvor geschrieben und gejammt worden war, wurde nun diszipliniert radikal umgesetzt.
Angeschnallt? Nervenpaket gebündelt? Los geht's:
Die Gitarre stellt einen hohen Akkord in den Raum, als Tapete quasi. Und das Trio tobt darauf herum. Schweres Riff. Schlagzeugdonner. Erst noch arbeitet das Saxophon im Grundthema mit, bis es freigespielt seine Spitzen findet und schon harsch an den feinen Härchen im Innenchor kratzt. Stoisch Gitarre & Schlagzeug im ruhig stürmischen Riffgebolze. Das Saxophon im Anarchierausch.
Zuletzt gibt es bereits einige dieser Bandkonstellationen: schwere Rockbandbasis. Saxophonekstase. Weitere bringen gerade ihre Platten raus, mehr davon in Kürze.
Doch Krokofant, die CD ist schon ein Jahr alt, sind nicht die Ersten. Dennoch, diese Spielart ist gerade extrem im Kommen. Freakshow-Besucher, die 1997 noch die Flower Kings bestaunen durften, werden nun mit anarchisch radikalem Stoff bombardiert. Krokofant passen in dieses Bild.
Die Basisthemen: postmetallische Riffepen, eher kompliziert strukturiert als einfach. Mit einem Schlagzeuger, der sein ganzes Fitnesstraining dahingehend absolviert, dass ihm die Hände nicht abfallen, während er sein umfangreiches Instrumentarium überfällt und wie verrückt beackert. Schwere Bässe im Riff (da Riff aus dem englischen kommt, passt jeder deutsche grammatikalische Fall dazu, oder? Das Riff. Der Riff. Die Riff?), voluminös und kraftvoll ackernde Band mit dem Hintergedanken: more prog to the world.
Feldforschung in Sachen feinster Extremradikalität, die nicht Punk oder anderes billigstes musikalisches Material im Kopf hat, sondern kompliziertes Zeug, das sich nach ‚mehr' anhört und fortgeschrittene Rockmusikbesessene Stufe für Stufe weiter in den Genusswahnsinn treibt, mit anarchischem Sinn in der Intention.
Die 6 Tunes auf dem Krokofant-Debüt machen 42:07 Minuten voll. Und es scheint, beim ersten Anhören, als sei das Gewitter ein ganz besonders anstrengender Sturm, der extrem an den Nerven sägt. Erst mit anschließenden Hördurchgängen ergibt sich die volle Erfüllung. Schon seltsam, wie lange manche Musik braucht, bis ihre Moleküle und Vitamine ihre Wirkung entfalten.
Nicht nur das Saxophon, auch die Gitarre weiß heftige Soloattacken zu fahren, während das Saxophon mit dem Schlagzeug die ‚Basis', dieses Erdbebenkonglomerat, zaubert. Gitarrensoli wie im Symphonic Prog oder dem Old School Stoff der 1970er sind nicht zu erwarten, eher harsch harte Beben, die mit punkiger Attitüde und metallischer Härte scharfkantig fräsen.
Eine Band, die mit solchem Vorsatz ins Studio geht, noch dazu einem, das stolz darauf ist und ungemein Wert darauf legt, analog aufzunehmen, um optimalen, natürlichen Klang einzufangen, macht Musik nicht für das Taschengeld, auch eher weniger für die Freundin oder Frau Mama, sondern die Erfüllung. Oder die seltsamen Freaks, die sich bei Charly im Publikum verstecken.
Nach den 5 Gewittern folgt einmalig schön düsteres Wetter über 12 Minuten. Das Magnum Epos der Platte gräbt noch tiefer als die vorhergehenden Erdbeben, gibt den Zuhörern mit Milde etwas Gesundheit zurück und verführt mit umso schrägeren, psychedelisch lyrischen Tiraden den kaskadenbedröhnten Anästhetisierten.
Unter dem Stoff kann man vielleicht keine Operationen durchführen. Aber auch nur vielleicht.

runegrammofon.com
VM



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