Kosmos "Polku" (Eigenproduktion 2007)

Droben in Finnland stecken Trolle und andere fabelhafte Wesen im Unterholz der weiten Wälder, die sich in der einen oder anderen Form den Bewohnern des Landes, den Finnen, zu erkennen geben. In den Jahrhunderten sind den Menschen die tollsten Geschichten passiert, das haben sie in Büchern und Liedern festgehalten und unter starkem Einfluss von selbst gebranntem Schnaps immer wieder herausgefordert. So passiert es, dass auch heute, in der rundum abgeschirmten Welt, in der die echten Fabelwesen sich längst von den blöden Menschen abgewandt haben, einige dieser neugierigen Menschenkinder, die neben freier Liebe und gesundem Grün für die Augen eben auch das Knacken im Unterholz suchen, von Trollen und Kobolden, Feen und Hexen, Elfen und Einhörnern, Zyklopen und dreiköpfigen Hunden als "echte" Typen erkannt werden und die bei weitem große Phantasie dieser zauberhaften Wesen mit Schwung übergekippt bekommen.
Und dann trollen sie sich fabeltrunken zurück in ihre Menschenwelt, schreiben Geschichten und Novellen in ihre Tagebücher, notieren die mitgelieferten Melodien und Harmonien und rufen, ganz moderner Mensch, mit dem Nokia, das vom Handyweitwurf verschont blieb, verwandte Seelen an, fordern diese auf, Instrumente und Schnaps mitzubringen, um gemeinsam das frisch eroberte Liedgut zu eigenen Kreationen zusammenzufügen.
Dann strömen sie alle herbei, Aapo Helenius, Päivi Kylmänen, Kimmo Lähteenmäki, Kari Vainionpää, Olli Valtonen, Ismo Virta und auf den Gastplätzen Jukka Aaltonen, Pauliina Isomäki, Kirsti Lento und Joona Lukala, bringen ihre Instrumente mit, packen Gitarren, Flöten, Congas, Schlagzeug, Mellotron, Synthesizer, Bass, Theremin, Urut, Rummut und Laulu aus, Viola, Fagott, Kansitaide, Bombardi und Masterionti zudem, holen tief Luft und setzen zum Musizieren an.
Wie es sich für nordeuropäisches Liedgut gehört, spielen die von der trolligen Muse Geküssten zart gewebtes, tief melancholisches, verschrobenes, flüssiges, knorpeliges, harziges, hartes und dunkles Folklorelatein. Psychedelische Sounds schweben durch den waldigen Raum, schwer symphonische Tieftöne hauchen dunkel, düster und dramatisch dekadent vorbei, die Fabelwesen kuscheln sich in diese wuschelig-süffigen Töne ein, lassen sich von der wunderschön-zarten Stimme Päivis durchkitzeln und gewähren den abwechslungsreichen, intensiven und einzigartigen Folk-Prog-Psych-Rock (um das einmal gesagt zu haben, für alle, die es nicht so knautschig beschrieben mögen; wem das Finnisch im Booklet nicht so liegt, eine passable, geradezu cool schräge englische Übersetzung liegt der CD bei, mehr kommt hier nicht in die Klammer) - Stücken ihre Gnade.
Ich brauche hier nicht extra zu erwähnen, dass die Musik im lauen Garten, wenn die Sonne verglüht, wirkungsvoll über die Schulter kriecht und die Apfelbäume zum Astknacken animiert, und dahinten, hinter der Blautanne, beim schiefen Schuppen, ist das nicht ein Schuh dort, ein Trollschuh?

nic.fi/~ovaltone/kosmos
VM




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