Alexis Korner's Blues Incorporated "Sky High " "Both Sides - Live & Studio Recordings" (Castle/Sanctuary Records 2006)

Die nächsten Alben in der Alexis Corner Diskographie, die Castle Music remastert und um erheblich viel Bonusmaterial veröffentlicht, sind das 1965 eingespielte und 1966 veröffentlichte "Sky High" mit Gastsänger Duffy Power und das 1970er "Both Sides", das den Wechsel der Generationen in Korners Band schon durchlaufen zeigt.
"Sky High", ursprünglich aus 15 Songs bestehend, hat 10 (!) Bonustracks dazu bekommen, eine lange BBC-Session, die CD ist damit weit über 70 Minuten lang. Der Blues des charismatischen Menschen, leidenschaftlichen Musikers und endlosen Rauchers Alexis Korner ist hier noch jazzangetrieben, Bläser und Mundharmonika, akustische Gitarre, Swingrhythmen und Rock streiten sich um die Vorherrschaft. Die süffigen Songs sind exzellente Unterhaltung, sehr guter Bluesstoff, herzhaft und virtuos gespielt. Unbedingt zu empfehlen.
Auf knapp 80 Minuten bringt es "Both Sides" aus dem Jahr 1970, im Jahr davor eingespielt. Hier hat Alexis Korner bereits seine wohl bekannte Lockenmähne, auf den früheren Platten hatte er noch bürgerliches Kurzhaar, da hatte sich lange Mäcke noch nicht durchgesetzt. Zu den 8 Songs der originalen LP sind 9 Bonustracks gekommen, Live-Cuts und BBC Session Tracks, alles in der Zeit um 1969 und 1970 eingespielt. Der Generationenwechsel war vollzogen, statt in Anzügen arbeitender gescheitelter Jazzmusiker war eine junge Horde spindeldünner Rock- und Jazzmusiker in die Szene Korners gesprungen. Korner, der auch als Erfinder des verrauchten Rockclubs gelten kann, den er ganz allein verqualmen konnte, findet in Rock, Soul, Funk und Gospel neue Möglichkeiten, seinen Blues auszudrücken. Mit dem dänischen Gitarristen Peter Thorup formierte er die Band New Church, dabei waren Lol Coxhill, John Surman, Malcolm Griffith, Henry Lowther, Harry Beckett, Andy Fraser, Colin Hodgkinson, John Marshall und viele weitere, die später im Free Jazz, Progressive Rock und Hardrock von sich reden machen sollten. Hier alles noch unbekannte Knaben, die aber ihre Begabung schon leidenschaftlich zu geben wussten. Das ging so weit, dass Korner und Thorup die Bläserphantasien der diversen Jungmänner zu viel wurde, und sie just diverse Tracks für die geplante LP wegließen und dafür auf der zweiten LP-Seite zwei lange Livetracks präsentieren, bei deren Einspielung nicht soviel Blech auf der Bühne gestanden hatte, darum "Both Sides".
Das Bonusmaterial lässt im Sound nach, ist aber klangmäßig gut zu genießen, wenn die Musik auch etwas anstrengend ist, weil sich Sappho Korner, Alexis' Tochter zum Gesange in die Band einbrachte, was aus heutiger Sicht eindeutig kontraproduktiv zu nennen ist. Aber egal, instrumental geht es gut und süffig ab, wie gehabt. Nicht umsonst wurde Alexis Korner "The Godfather of British Blues" genannt, wenn er selbst das auch nicht gelten ließ und schon gar nicht hören wollte. Kleine Anekdote am Rande: von den Bonustracks, die bisher als Bootlegs im Umlauf waren, wurden einige live in Deutschland eingespielt und Korner spricht zwischen den Songs deutsch!

VM



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