Anders Koppel "Works for Saxophone and Orchestra" (Dacapo Records, 15.06.2006)

Anders Koppel ist der Sohn des bekannten dänischen Komponisten German D. Koppel, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts aus Polen nach Dänemark emigrierte. Selbst Komponist wie sein Vater und auch sein Sohn, ist der Multiinstrumentalist seit seiner Kindheit (wie sein Bruder Thomas) aktiver Musiker in Rock, Jazz und zeitgenössischer Klassik. 1967 gründeten die Koppel-Brüder mit Annisette Hansen und weiteren Jungrockern die Band Savage Rose (in der auch Jazztrommler Alex Riel mitspielte).
Der Klarinettist und Organist Anders Koppel arbeitet heute als zeitgenössischer Komponist und hat einige klassische Werke geschrieben, so Konzerte für Vibraphone, Marimba und Orchester.
Works for Saxophone and Orchestra ist konkret für seinen Sohn Benjamin geschrieben worden, der heute europaweit einer der führenden Altsaxophonisten in Jazz und Klassik ist und selbst viel Musik komponiert und diverse Alben veröffentlicht hat.
Auf der CD enthalten sind das "Concerto no. 1 for Saxophone and Orchestra" (1992/2004), das "Concerto no. 2 for Alto Saxophone and Orchestra" (2003) und die Notiz "Swan Song for Alto Saxophone, Harp and Strings". Benjamin Koppel spielt Alt- und Sopransaxophon, Nicolae Moldoveanu dirigiert das Odense Symphony Orchestra.
Das Werk ist klassisch symphonisch angelegt, hat keine Avantgarde-Tendenzen, auch nicht in den forschen, modernen Parts mit Schlagzeug und Marimba, in denen das Saxophon jazztypisch die Töne zieht, dehnt und zwischen den Noten improvisiert. Das Orchester spielt sehr dynamisch und lebendig, ist keineswegs nur als "Backingband" für den Saxophonisten zu verstehen, sondern mit seinem großen Klangkörper (75 Musiker) der melodische Träger der Parts. Benjamin Koppel erweist sich mit seinem Saxophon als brillanter Solist und Melodiker, der mit rhythmischer Finesse und Feinfühligkeit die strukturellen Besonderheiten prägt. Neben den komponierten Noten sind gerade die vielen Improvisationen, die immer wieder zu Gehör kommen, sehr eindrücklich.
Obschon der Jazzanteil doch auffällig ist, bleibt das Werk stets klassisch modern. Die Melodiesprache ist harmonisch und forsch, durchdrungen von großen Emotionen, die sehnsuchtsvoll, nachdenklich, melancholisch, fröhlich oder forsch sein können. Die Stimmungen sind tief und ausgewogen; die Konzerte, vor allem das "Concerto no. 2 for Alto Sax and Orchestra" haben eine leichte, beschwingte Note, die mal idyllische Ländlichkeit, mal kindliche Fröhlichkeit ausdrücken. Beide Konzerte sind etwa eine halbe Stunde lang und in den einzelnen Parts sehr nuanciert und sensibel ausgearbeitet.
Konservative Klassik-Hörer könnten durchaus ein Problem mit dem forschen, jazzgespielten Saxophon haben. Jazzbegeisterte könnten vom großen symphonischen Klangkörper enttäuscht sein, der jeglichen Swing vermissen lässt. Aber wenn man sich dem Werk ganz unvoreingenommen nähert, kann man gut spüren, wie ausgezeichnet diese eigentlich so unterschiedlich entwickelten Welten ineinander aufgehen, wenn ein begabter Musiker, dem die Musik in die Wiege gelegt ist und der beide Stile lebt, die Musik erdacht und komponiert hat - und zudem ein Saxophonist, der ebenso beide Welten bespielt, sich ganz dem Klang hingeben und selbstbewusst und kraftvoll dynamisch spielen kann. Tipp!

dacapo-records.dk
VM



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