King of Agogik "The Rhythmic Drawing Room" (sAUsTARK Records 2009)

Willkommen im Zirkus! Ihr wollt Spaß? Unterhalten werden? Kurzweilige Clownerien? Halsbrecherische artistische Akrobatik? Überraschende Frechheiten und Herzklopfen verursachende Artistik samt Gauklerschrecken?
Nun, nicht alles, was der echte Zirkus so bietet, findet sich auf "The Rhythmic Drawing Room". Aber mit welcher Verve und Eleganz, energischer Vitalität und lustbetonter Musiksucht der schlagzeugende Musikerfinder und Witzbold Hans-Jörg Schmitz ("meine Wenigkeit") diese zwei CDs randvoll mit Komik, Witz, hartem Rock, Jazzrock und zappaesken Holterdipolter-Themenwechseln gefüllt hat, ist außerordentlich und in seiner längst nicht alltäglichen Sprache und Humorbetontheit von geradezu zirkushafter Witzigkeit.
Beide mit rein instrumentaler Musik bepackte CDs sind 67 Minuten lang, es gibt Songs, die keine Minute lang sind, andere, die weit über 10 Minuten laufen. Allein 5 Longtracks sind auf der 2CD, der längste davon 23:55 lang.
Hans-Jörg Schmitz, The King of Agogik (dr, sounds, key, g, b) fand Unterstützung in Dago Wilms (g, b, mand), Volker Cornet (b), Mathias Borbonus (b), Michael Elzer (Chapman Stick), Michael Schmoigl (b), Erik Vaxjö (mel, Moog), Enno Nilson (key) und Philipp Schmitz (key), die nicht überall gleichzeitig die riesige Bühne zum Überschwappen brachten, sondern nur hier und dort aktiv wurden. Ganz genau ist das auf den Innenseiten des Digipacks nachzulesen.
Das Musiktheater bezirzt seine Jünger mit Unmengen an Ideen. Das dickste Ding ist "The disgusting life of Lupus W.", in dessen 13:38 die Themen gewechselt werden, wie, ähm, ganz schnelle Sachen sich einander. Eine verrückte Idee trifft auf die noch abgefahrenere, die wiederum, Musik gewordene Chaplinade, hier und dort und überall Dinge kaputt macht und die Zuhörer zum, zumindest, Schmunzeln bringt. Mit "Prog'n'Roll" gibt es einen stampfenden Rocker, der nicht ohne Komplexe auskommt. Als Gegenstück zur clownesken Note, die überwiegend beide CDs bestimmt, gibt es einige exzellente Dunkeltöne, wie die im achtminütigen "The old Backyard", das die Inspiration des Schlagzeugers für auch düstere, melancholische Sounds bestens beweist.
Die ganze umfassende Fülle der insgesamt 22 Songs ist nicht in Worte zu fassen. Die Produktion, jetzt Ende 2009 veröffentlicht, macht ungemein gute Laune, hat viel hochqualitativen und technisch komplexen Progressive Rock an Bord und überrascht mit bis zu Comic-artigem Humor.
Kaum zu glauben, dass so viel abgefahrenes und gut gespieltes Musikmaterial zusammengekommen ist, die Freaks und Süchtigen mit Kauderwelsch, Komödie und Dramatik intensiv und beschwingt zu unterhalten.
Die Vorgängeralben schon waren gut. Mit "The Rhythmic Drawing Room" legt der Schlagzeuglehrer aber noch einige taffe PS zu, so abgefahren und flott, rasant und grandios, überraschend und kurzweilig war bislang keines seiner Alben.
Und weil das Leben weiter geht, macht sich der King of Agogik im Januar 2010 mit seinen Kumpanen auf ins Studio, das Nachfolgewerk für die Nachwelt festzuhalten.
Zweite CD am Ende. Beide gleich noch mal von vorn.





King Of Agogik "The Rhythmic Drawing Room" (sAUsTARK Records 2009) "Alles einsteigen - die Sitz-Glocken fast(halt)en!" Hans Jörg Schmitz (Schlagzeug, Keyboards, Gitarre, Bass) lädt abermals zur akustisch-surrealen Achterbahnfahrt, an der John Cleese, den Geist von Frank Zappa in einem Flachmann an seinem Busen tragend, seine dunkle Freude hätte. Diesmal kann man sich quasi sogar gleich zwei Scheiben von der musikalischen Non-Nonchalance des Herrn Schmitz abschneiden, schließlich handelt es sich bei dieser hochprozentigen Produktion um eine Doppel-CD wahrhaft epischen Ausmaßes. Der von Christian Fuhrmann künstlerisch sehr wertvoll gestaltete Digipack macht Lust, das detailreich eingerichtete Zeichenzimmer des Herrn (Ver)Schmitz(t) mit den Augen abzuweiden und sich die an dessen Wänden hängenden Bilder auf der Hornhaut zergehen zu lassen. Und was darf der (leicht nach vorne) geneigte (und der verbesserten Sehfähigkeit wegen) bebrillte Betrachter unter anderem dabei entdecken? The Mad Hatter aus Lewis Carrolls Welthit "Alice". Mit dem hinter- und manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes abgründigen Humor dieses philotropen Autors könnte man die sonoren Eskapaden des Königs von Agogien durchaus vergleichen, zitiert letzterer doch im Laufe der beiden vorliegenden CDs immer wieder jeweils für ein bis zwei Sekunden musikalische Motive aus dem reichen Schatz der (progressiven) Rockmusik; fröhliches Bandraten garantiert. Außerdem an der Entstehung dieses audiovielen Kleinods beteiligt waren folgende Musiker: Dago Wilms (Gitarre, Bass, Mandoline), Volker Cornet (Bass), Michael Elzer (Chapman Stick), Mathias Borbonus (Bass), Michael Schmoigl (Bass), Erik Vaxjö (Mellotron, Moog), Enno Nilson (Keyboards) und Sohnemann Philipp Schmitz (Keyboards). Als exemplarisch für den immensen Qiriginalitätsfaktor der Musik seien folgende Stücke erwähnt: "The Last Guru" ist keine Reminiszenz an James Last, sondern eine Klang-Reise mit lyrischen Anfang und Ende durch ein Wunderland voller abstruser Kreaturen, die dem Touristen im WieWatsche-Mittelteil immer wieder ins Gehege hoppelgaloppeln. Mister "Ed Gate" funktioniert wie ein Uhrwerk, bis ihm breakgeschwängert der Kopf platzt und er aus diesem Grunde nichts und niemandem mehr nachgehen kann. Auch die wundervollen Vox Humana-Passagen dieses Stückes kann er leider nicht mehr hören. (R.I.P.) "Stick, Trick & Track" ist eine Komposition, bei der Sticks unterschiedlicher Machart so allerlei (mit-)schwingen lassen und die Neffen von Donald zum Tanzen ohne Ente bringen. Der König von Crimsonien trifft Italo Progressivo beim Chilli Peppers Essen. "The Disgusting Life Of Lupus W." ist eine Hardcore-Horrorstory und daher nichts für schwache Nerven; da rollen die GesteinsbROCKen nur so durchs cineastische Alp(en)traumtheater. "Sunset On Chinese Wall" lässt selbst einen erklärten Stubenhocker zum Selbstläufer werden, der des Abends beim Betrachten des Sonnenuntergangs zum verklärten Romantiker wird und sich flugs ins Land der aufgehenden Sonne träumt. "ProgīnīRoll" ist ein tonales Eulen-Spiegelei, das dia-metrisch geschickt zwischen 3/4 und 4/4-Takt changiert; letīs zappelin!!! Endings are always beginnings, so in order to come back you have to "Leave". Dieser Track ist mit einer knappen Viertelstunde der längste der kurzen Songs und geschickt mit vielen schönen 7/8-Passagen gespickt; beide CDs besitzen übrigens jeweils eine Spielzeit von über 67 Miunten und es gibt nach meiner Ansicht keinerlei Füllmaterial zu beklagen. "Welcome To The Butchery" lässt das Schwein (darauf) pfeifen, dass der Bär steppt, bis es selbst dran glauben muss. Der vierundzwanzigminütige Longtrack "The Crimson Drawing Room" variiert ein Thema in den verschiedensten Metren (9/8, 11/8, 13/8, 15/8, 2/4, 3/4, 4/4, 5/4 sowie 17/16) und erzeugt dabei ein Dauergrinsen im Gesicht eines jeden Oddtimers. "Bob Food" kann als instru-mentale Verbeugung vor Robert Fripp betrachtet werden und ist dabei alles andere als Katzenmusik. "Under The Ark" - Mr. V-angel-is alive: Tribialer Breitwandsound könnte die klangliche Untermalung zum Animationsfilm "Pans Wunderkind" liefern, sofern ein solcher jemals gedreht werden sollte. Resummierend lässt sich festhalten: Hans Jörg Schmitz ist ein musikalisches Ausnahmetalent, das vermutlich erst (viel zu) spät eine entsprechende Würdigung auf oberflächlicher Ebene erfahren dürfte, was ihn aber keinesfalls veranlasst, sich in den Carrollschen Karnickelbau zu verkriechen und sich dort mithilfe seiner Sticks ein wollenes Taschentuch zum Trocknen seiner Tränen der Verzweiflung zu stricken, arbeitet er mittlerweile doch bereits an der nächsten King Of Agogik-CD... Jo, wos solli do noch sogn??? Schee is holt und kein Schnee nicht von gestern, drum Brüder und Schwestern, verlasstz eire Bleibn und holz eich die Scheibn!!!

schlag-das-zeug.de
king-of-agogik.de
obere Review: VM
untere Review: Frank Bender



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