Kärtsy „aWay“ (G-Records / Rough Trade 2014)


Gleich im Titel der des Albums ist ein wunderbares Wortspiel enthalten. („Throw your negative thoughts away and there will be a way!“ Tatsächlich fanden Wissenschaftler mittels einer Studie unlängst heraus, dass Menschen, die ihre negativen Gedanken auf ein Blatt Papier schreiben und dieses dann wegwerfen, gleichzeitig ihre diesbezüglichen Gedankenmuster verwerfen. Wenn sich hoffentlich baldigst in der breiten Öffentlichkeit die Erkenntnis von der Macht der Gedanken durchgesetzt haben wird, wird den globalen Marionettenspielern ihr eiskaltes Lächeln ein für allemal in der Visage gefrieren, woraufhin sie es - nunmehr überflüssig geworden - eigenhändig ausradieren werden; selbst ihre Tarnung als Philanthropen, die immer im Sinne der Menschl-ich-keit handeln, wird dann nichts mehr nützen. Sie werden somit ihr ganz eigenes Höllenszenario ernten, das sie selbst kult-tief-wir(r)d haben. Das menschliche Bewusstsein ist eine Größe, die in ihrem wahren Ausmaß vielen Sklaven-Schafen noch nahezu unbekannt ist.) Kärtsy, der als Sänger der wahrhaft avantgardistischen, aber gleichermaßen massenkompatiblen Band Waltari Musikgeschichte, zum Beispiel in Form einer Death Metal Symphony in Deep C schrieb, distanziert sich ganz bewusst vom Sound seiner Stammband und macht in Post Rock, wobei meist auf höchstem kompositorischen Niveau die Post abgeht, gleichwohl sein Liedgut aber eine immense Varianzbreite besitzt und stellenweise sogar radiotauglich ist. Die Attitüde, Kärtsy sein ein „Spaßmacher“ wird schnell zur Plattitüde, wenn man sich vergegenwärtigt, wie viele Gedanken sich dieser Mann über alle möglichen (und unmöglichen) Dinge macht. Stellenweise erkenne ich hinsichtlich der Tiefe der gedanklichen Durchdringung sogar Parallelen zu Sting, nicht nur hinsichtlich seines Gesangs oder weil er neben vielen anderen auch Reggae-Einflüsse verarbeitet, sondern weil er versucht, in seiner Funktion als Künstler gesellschaftskritischen Tönen Ausdruck zu verleihen, wobei die Stimmung niemals moralinsauer wird. Seine Text sind höchst lesens- und bedenkenswert und lohnen unbedingt der Auseinandersetzung. Er versteht es bestens, seine Stimme als vollwertiges Instrument einzusetzen; daneben spielt er Keyboards sowie Percussion und zeichnet sich überdies für das Programming verantwortlich. Seine Mitmusiker sind Nino Silvennoinen (Gitarre, Chorgesang), Vellu Yli-Mäyry (Schlagzeug), Samuli Vurorela (Gitarre) und Ismo Myhrberg ( Bass), die allesamt - meist gänzlich unauffällig - so einige technische Kabinettstückchen an ihren Instrumenten vom Leder ziehen. Diese Hintergründigkeit kann als Analogon zu den textlichen Aussagen des Albums betrachtet werden, das man mehrfach hören muss, bis einem das eine oder andere Licht aufgeht. Wenn schließlich die Birne brennt, sei es in wörtlicher oder in metaphorischer Hinsicht, möchte man diesen menschlichen Gedankenschrittmacher, der stets am Puls der Zeit operiert, nicht mehr missen. Das Leben, wie es sich in den Mainstream-Medien darstellt, ist eine Satire, nur wer ist der Satyr und was führt er, rot vor Erregung, im Schilde?

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Frank Bender



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