Karcius "Kaleidoscope" (Unicorn Digital 2006)

Just nachdem gerade der Erstling "Sphere", den Karcius bereits vor 3 Jahren eingespielt hatten, von Unicorn Digital erneut aufgelegt wurde, legt die Band ihr frisches, neues Material auf CD vor. "Kaleidoscope" unterscheidet sich in mehreren Punkten von "Sphere". Die Band spielt lockerer und energischer, die Kompositionen sind runder und ausgefeilter, das Ganze hat an emotionalem Inhalt und kompositorischer Tiefe gewonnen, die Songs sind kompakter - kurzum, im Vergleich zu dem bereits gut gelungenen Erstling hat "Kaleidoscope" an Qualität deutlich zugelegt.
Dominique Blouin (b), Thomas Brodeur (dr, perc), Simon L'Esperance (g, perc) und Mingan Sauriol (p, key) haben sich viele feine Ideen einfallen lassen und mit gutem Gespür für komplexe Rocker und knackige Jazz-Symphonien zwischen Dezember 2005 und März 2006 acht längere Instrumentaltracks eingespielt, die den anspruchsvollen Progressive Rock Fan beeindrucken und gefallen dürften.
Karcius mischen aus diversen Zutaten ihr interessantes Gebräu. Dabei nehmen sie aus der alten Phase des Progressive Rock nur einen Hauch Inspiration. Der Modern Prog der kanadischen Rocker speist sich aus Jazz-Fusion, Symphonic Rock, etwas Klassik und einigem folkloristischen Gefühl. So ein paar Sounds und Töne hat es vorher bereits gegeben, so der Klang der Gitarre in einigen Gitarrensoli, die vom ersten Live-Album von Dream Theater bekannt sind. Das ist hier sehr gut eingebracht.
Überhaupt ist das Spiel der Gitarre nicht nur ungemein phantasiereich und plastisch, sondern auch schön heavy und knackig. Während Bass und Schlagzeug ein impulsives und differenziertes Rhythmusgeflecht hingebungsvoll entwerfen, das oft, vor allem im Fall des Basses, weit in das melodische Geschehen eingreift und sich selbstbewusst Raum für Soli und Struktur nimmt, geben Piano und Keyboard den Songs die melodische Breite und emotionale Tiefe. Die Keyboardsounds können hin und wieder schon mal etwas seicht klingen, wie allgemein in intensiven, relaxten Passagen die Band aus dem symphonischen Rock in ein elektrisches Folkgefüge wechselt, das entspannt und locker klingt. Doch Karcius geben kein sinnloses Gedudel, keine Einschlafmusicke zum Besten. Zwar sind partiell, wenn das Keyboard solistisch ausholt, einige Spuren sehr plätschernd und etwas zu lieblich angelegt, doch das sind nur einige Momente - im Vergleich dazu ist das Gros des Neoprog viel schlichter und niedlicher.
Immer dann, wenn die Band schwer zum Rocken ausholt, wird auch das Pianospiel intensiver, dennoch sind gerade viele balladeske Motive anschaulich gelungen. In den harten Rockern stecken romantische Passagen, die vom heavy Gerüst beeindruckend gut getragen werden. Und wenn die Gitarre zum Solo ansetzt, zeigt die Band ihr heimliches Gefühl für komplexen Metal.
Viele gute Ideen haben Karcius sehr gut ausgebaut - es fehlt nur eine Spur Genialität in den Kompositionen. Wenn dieses Quartett weiter zusammen an illustren Ideen feilt, wird sie in Zukunft zu den ganz Großen des Genres gehören, das ist wohl sicher. Sie sind knapp davor.

karcius.com
unicorndigital.com
justforkicks.de
VM



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