Jud's Gallery "SWF-Sessions Volume 1" (SWF 1972/Malesch Records/Long Hair 2000)

An dieser Stelle muss ich aus dem Booklet zur CD abschreiben: "Unter dem Serientitel ‚SWF-Talentsuche Nachwuchsgruppen' hatte der damalige Radiosender Südwestfunk (nach der Verschmelzung von Südwestfunk und Süddeutscher Rundfunk - heute Südwestrundfunk) unter der Federführung von Walther Krause Nachwuchsgruppen eingeladen, unter Studiobedingungen ihre Musik einzuspielen und diese im Rahmen der Sendungen ‚Stars und Hits' und ‚Popshop' einer zahlreichen, interessierten Hörerschar vorzustellen. Diese Sendungen waren Pflichtprogramm für alle Fans von Prog- und Krautrock. Bands wie Kraan, My Solid Ground, Curly Curve u.a. haben seinerzeit dort erste Schritte gemacht und den Grundstein für ihre weitere Entwicklung gelegt. Aber auch andere Bands nutzten die Chance und legten hervorragende Aufnahmen vor, die den interessierten Fans nicht vorenthalten bleiben sollten." Zitat Ende.
Kürzer und inhaltsreicher kann das kaum ausgedrückt werden.
Jud's Gallery, 1971 von Jürgen Winter (voc, b, acc-g) gegründet, der der Band den Namen gab und ihre meisten Songs schrieb, weitere (wechselnde) Bandmitglieder waren Peter Oehler (g, p, voc), Hannes Gremminger (vi, p), Herbert Brandmeyer (dr), Elly Lapp (back voc), Clem Winterhalter (org) und Sibi Siebert (dr), spielten in den Jahren 1970 bis 1975 mehrere Sessions ein, die digital remastert in sehr gutem Sound auf dieser CD zu hören sind.
Jud's Gallery spielten einen Mix aus Krautrock, Classic Rock und hartem Progressive Rock mit langen instrumentalen Passagen, in denen Gitarre, Violine und Keyboards viel Raum für solistische Extravaganzen hatten.
Mit Ausnahme der akustischen Ballade "Friends", einem liedhaften Gesangsstück, in dem neben dem eingängigen Gesang und dem leichten Refrain kaum instrumentale Finessen zu finden sind, rocken die Songs der Band heftig. Manche Idee ist freakiger und wilder, andere härter und druckvoller. Manche Komposition ist verinnerlichter, alles ist auf Soli konzentriert und die Rhythmusbegleitung bastelt komplexe, virtuose Geflechte, in denen der Schlagzeuger enorm "arbeitet" und keine schlichte Basis zulässt. Geiger Hannes Gremminger nutzt seine Möglichkeiten gut, am besten aller Beteiligten, spielt phantasiereiche, dynamische Soli, die einen Hauch Blues und wenig Jazz tragen und handwerklich klassische Ausbildung verraten. Die Gitarrensoli brauchen eine Weile, sich zu entfalten, zeigen dann aber ebenfalls Phantasie und Intuition, Organist Clem Winterhalter, nicht in allen Sessions dabei gewesen, hat entsprechend weniger Raum, nutzt diesen aber sehr gut mit jazzigen Auslegungen der Themen und rasanten Tastenfahrten.
"Nordrach", eine der virtuosesten und vielseitigsten Kompositionen Jürgen Winters, gab Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, Gary Moore hat ein Thema daraus "benutzt", Details dazu sind im Internet verfügbar.
Nicht alle Songs haben die sehr hohe Qualität der besten Stücke der CD, der Klang ist nicht in jedem Fall ausgezeichnet, obschon digital remastert sind die beiden letzten Aufnahmen weniger gut, obschon viel besser als manche Live- und jede Bootleg-Qualität und in jedem Fall sehr gut zu genießen.
Für Progressive Rock Fans alter Schule ist das überwiegend instrumentale Testament Jud's Gallery sehr zu empfehlen.
Wie bei den anderen Veröffentlichungen des Labels Malesch Records/Long Hair ist im Booklet die Geschichte zur Band und ihrer Aufnahmen in englischer und deutscher Sprache nacherzählt, sind Informationen und Bilder zu Band und CD zu finden.

longhairmusic.de
VM



Zurück