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Joy Unlimited "Minne" (BASF 1975, Garden of Delights 2009)
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Wenn "Reflections" von Joy Unlimited das wohl beste progressive Album auf Garden of Delights ist, aus technischer, kompositorisch komplexer Sicht, so liegt das 1975er "Minne" nicht weit dahinter. Aus der Krautrock-Perspektive sieht das gewiss ganz anders aus, da liegen beide Alben weit hinten. Wie "Reflections" (1973) und "Schmetterlinge" (1971) liegt nun auch "Minne" auf CD vor, digital remastert, um etliche Bonustracks ergänzt, so dass die Spielzeit sich nahezu verdoppelt hat. 9 Songs sind es hier, in den Jahren 1971 bis 1976 aufgenommen, überwiegend aus den Jahren 1971/72. Der Unterschied ist deutlich, die Singletracks zwischen Jazz, Rock und Jazzrock sind auf kurz getrimmt und lassen weitgehend die komplexen Strukturen vermissen, die den LP-Songs so exzellent innewohnen. Und dennoch sind sie kein lästiges Füllmaterial.
"Minne" ist ein weiteres Bühnenwerk, die Musik zu einem Ballett. Der Albumtitel sagt es bereits, Minnegesänge werden angestimmt. Die instrumentale Begleitung ist ein Mix aus folkigem Progressive Rock und Jazzrock, dezenter als auf "Reflections" und nicht ganz so genial progressiv, dennoch aber sehr interessant und von einer raffinierten instrumentalen Ausgeklügeltheit und verflixten Komplexität, dass der Suchtfaktor erneut sehr hoch liegt. Zwischen den Gesangssongs liegen instrumentale Tracks, deren absolut beste "Cinctura Virginae" - ein zweieinhalb Minuten langes Paradebeispiel für energetischen Jazz und die überraschende und verblüffende Kunst des überzeugenden Wechsels von lyrischer Struktur zu hartem Rock - und das die LP abschließende "Flos Lividus II" sind, dessen 6 Minuten auf geniale Weise Harmonie und Disharmonie verquicken. Dazwischen liegen nicht minder interessante Songs, etwa das disharmonische "Venus", in dem Wassertropfen, allerlei witzige Perkussion und kraftvolles Saxophon sehr emotional zusammenspielen. Oder "Thermae", dessen melancholisch-forsches Thema den Gegensatz zwischen Entspannung und Anspannung in der Komposition trägt. Die letzten drei Tracks, das vierminütige "Bacchanal" und das zweiteilige, zusammen fast 11 Minuten lange "Flos Lividus" sind das besondere Extra der Platte, die Strukturen gehen ineinander auf, es scheint, als wäre dies ein großer, grandioser, durchgehender Track - den die Ungarn After Crying sich als Vorbild genommen hätten.
Das dezente Grundrauschen unter der Musik ist akzeptabel, der Klang leidet nicht, im Gegenteil, die CD klingt nach Platte, positiv gemeint, der Klang ist fett und groß, hat Volumen, wirkt in lauten und leisen Partien stets vorzüglich satt.
Wer "Reflections" mag, wird "Minne" lieben. Die Geschichte der Band und der Platte ist im Booklet ausführlich in deutscher und englischer Sprache nachzulesen, Bilder, Cover, Diskographie, technische Details - wie gehabt bei Garden of Delights ist das Reissue wie die vielen anderen des Labels exzellent zusammengestellt.
Unbedingte Empfehlung!
ragazzi-music.de/joyunlimited.html
ragazzi-music.de/joyunlimited08.html
diregarden.com
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VM
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