Jonesy "Dark Matter (inner space)" (Jonesy Records 2011)

Die crimsonesken Progressive Rocker Jonesy veröffentlichten zwischen 1972 und 1973 drei Alben, bevor die Band (für viele Jahre) aufgelöst wurde. Eine kurze Zeit nur, in der mit "No Alternative" (1972), "Keeping Up" und "Growing" (beide 1973) eindrucksvolle Platten entstanden. Alle drei Alben wurden vom südkoreanischen Label Si-Wan Records auf CD wieder aufgelegt. Ein viertes Album wurde eingespielt, aber nicht veröffentlicht. Die Tapes sowie Teile des Band-Equipments wurden gestohlen. Und das war es. 2002 (oder 2003) legte das italienische Nightwings Label die gestohlenen Tracks unter dem Titel "Sudden Prayers Make God Jump" auf CD und LP auf. Im Jahr 2007 veröffentlichte das britische Reissue-Label Esoteric Recordings die drei originalen Alben der Band auf Doppel-CD (Jonesy), die zudem die beiden Songs der einzigen Single der Band sowie einen einminütigen Song namens "Reprise" enthält, der während der Sessions für "No Alternative" aufgenommen worden war.
Und dann ist die Band plötzlich wieder da. 2011 mit einem neuen Album. Vom alten Sound ist kaum etwas geblieben. "Dark Matter (inner space)", 38 Minuten lang, enthält 8 Tracks, die wie Pink Floyd zu "The Wall"-Zeiten klingen. Das Konzept des Albums ist hörspielartig, enthält unzählige Samples, Sounds und Stimmen, Applaus und Geschrei. Manche Passage ist so stark von "The Wall" inspiriert, dem Stil der Platte so nah, dass fast von Kopie gesprochen werden kann. Und doch: die Songs sind Eigenkompositionen, haben eigenen Charakter, das instrumentale Konzept unterscheidet sich. Vor allem sind dies die Gesangsstimmen, der Einsatz des Mellotrons, der Trompete. Und gewiss, die Songs können beeindrucken. Stilistisch ist die Band im ambitionierten Rock aktiv, progressiv ist vielleicht der textliche Inhalt des Albums, der Ansatz ist der Szene verwandt, die Kompositionen indes sind motivisch nicht auf komplexe Instrumentalthemen orientiert. Die überwiegend balladesken Motive sind eingängig, nervöse bis hektische Parts sind von den Samples so umfangen, dass der Hörspielcharakter den "Rock"-Inhalt oftmals weitaus überwiegt. Manch bombastische Strecke, wie in den 7 Minuten des zweites Teiles von "Coldblood" - "The nightmare - welcome to the land of the lizard", ist stark überzeichnet, wechselt ins Floydige ("Wish You Were Here") und erzählt Hörspielsequenzen, die auf symphonischer Basis esoterisch seicht dahin ziehen. Ganz nett anzuhören, kann dies trotz etlicher passabler Partien und interessanter Themen- und Tonartwechseln doch nicht ganz überzeugen. Die Musik wird stets vom Sprecher unterbrochen, der die Story weitererzählt, nur von leiser Elektronik untermalt, bis plötzlich wieder die überzogene Strecke ins Spiel kommt, wo es laut wird und die Band dennoch nicht wirklich rockt, sondern auf dem balladesken Teppich lauten Rockkrach erzeugt, der soundtechnisch zumindest verschroben genannt werden kann.
Insgesamt jedoch wirkt "Dark Matter" sympathisch und hat, trotz das Album neu ist, nostalgischen Charme. Im Spiel der Band selbst, und in ihrem Wissen, dass sie fast 40 Jahre nach der großen, guten Zeit noch einmal da sind, steckt so manche Nostalgie unter dem symphonischen Teppich.
Was indes die vier lateinischen Wörter bedeuten sollen, die als Sand die Sanduhr hinabrieseln, kann ich partout nicht entziffern.

jonesytheband.com
VM



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