George Benson "Good King Bad/Benson & Farrell" (1976/76 CTI 2010/BGO)
John McLaughlin "Electric Guitarist/Electric Dreams" (1978/79 Sony Music, 2010/BGO)
The Clarke Duke Project "Volumes I, II & III" (1981/83/90 Sony Music, 2010/BGO)

Miles Davis' "In a silent way" (1969) war eines der ersten Fusion-Alben. In seinem Echo entstand eine neue Musik, die parallel zur gleichen Zeit von vielen Musikern/Bands entwickelt und stark von den Bands geprägt wurde, die von den Musikern gegründet wurden, die mit Miles Davis in den Endsechzigern und Frühsiebzigern gejammt und Alben aufgenommen hatten. Jazz- und Rockmusiker, die sich bislang nicht grün waren und eher unterschiedlichen Generationen angehörten, entdeckten sich gegenseitig und begannen, beide Stile miteinander zu befruchten.
Das Mahavishnu Orchestra ist wohl der größte Stern am Jazzrock-Himmel. Frank Zappa, Return To Forever, Weather Report, Czeslaw Niemen, Chicago, King Crimson und mit diesen bekannten viele weitere erfolgreiche und unzählige weniger erfolgreiche Bands und Musiker stürzten sich auf die unterschiedlichste Art in die Fusion aus Jazz und Rock.
Jazzrock wurde zum Hype, entwickelte grandiose Strukturen und raffinierte Komplexität, von Blues über Funk bis Hardrock radikale und ausgeflippte Formen - und glühte doch aus. Ende der Siebziger Jahre wandten sich im stilistischen Wandel der Zeit viele Künstler von dem eingefleischten Genre ab und heute gilt es überwiegend als verpönt - und doch verkaufen sich die remasterten CDs der alten Highlights exzellent. Die öffentliche Meinung, die Fachpresse und viele namhafte Künstler verteufeln oder ignorieren alles, was mit Jazzrock zu tun hat, und doch lebt das Genre und gebiert immer wieder neue und variable Songs und treibt kreative Musiker an, zu komponieren und Alben einzuspielen.
Und immer noch gibt es zahllose Alben aus der ‚großen alten' Zeit, die es nur schlecht in Second Hand Shops oder im Internet auf LP gibt, die nie auf CD aufgelegt wurden. Andere LPs wurden hingegen mehrfach bereits aufgelegt, allein Miles Davis' Platten sind - samt den kompletten Jamsessions - in erlesenen CD-Boxen erhältlich und so ziemlich jede Band, die einen Namen hat und im Schober alte Bänder liegen ließ, wacht auf und macht sich an die Arbeit, ausgeklügeltes digitales Remastern anzugehen, was oftmals große technische Hürden und großen Aufwand bedeutet, ihre alten Werke noch einmal anbieten zu können. Und wenn keine Bänder mehr da sind, muss eine LP herhalten, ein Endprodukt, daraus ein Mutterband zu machen. Gut, dass dies funktioniert und sehr gute Resultat bringt, wie wenig nachvollziehbar aber aus der entfernten Perspektive, dass solche Bänder - aus den unterschiedlichsten Gründen - verschwinden oder gar gelöscht wurden - - -

Beat Goes On legt nun eine Serie von Jazz und Rock gleichermaßen geprägter Alben auf. George Benson gründete 1960 seine erste Rockband, und schon vor dem Fusion-Boom, Mitte der Sechziger Jahre, ging er zum Jazz über. Beeinflusst von Wes Montgomery spielte er mit Szenegrößen (u.a. Miles Davis) und wurde ein Meister der Funk-Jazz-Gitarre. Bevor er 1979 mit dem Song "On Broadway", der noch heute durchs Radio tingelt und über Bensons bisher üblichen Radius hinaus Erfolge feierte - der Song ist im Film "All That Jazz" (Empfehlung - gibt's auf DVD) zu hören - wurde er für seinen zumeist soften und poppigen Funk bekannt, der raffiniert und einschmiegsam zwischen Jazz und Rock mal tanzbare, mal hinreißend komplexe Muster ausarbeitet.
"Good King Bad" ist eines seiner letzten Alben für das CTI Label, es gilt als eines der besten des Labels überhaupt und ist samt dem Soul-Hit "Hold On, I'm Coming" von Sam and Dave aus den Sechzigern als flottem Soul-Funk-Poprock im Bonuspack und gefolgt von "Benson & Farrell", ebenfalls 1976 eingespielt, auf der CD zu hören.
Knochentrockener, jazzdurchfluteter Funk verwirrt mit komplexen Strukturen und doch eingängiger Poppigkeit. Die überwiegend langen, rein instrumentalen Songs leben, sobald die kompositorische Struktur entworfen und ins Laufen gebracht wurde, von den diversen grandiosen Soli von Joe Farrell (Flöten, Saxophon) und Benson (Gitarre). Auf beiden Alben von großer Band begleitet, zu denen etwa Randy und Mike Brecker gehörten, Steve Gadd, David Friedman, David Sanborn, Charles McCracken und viele weitere namhafte Größen, die zwischen Jazz und Rock aktiv waren und neben diversen Bands und Projekten als begehrte Session-Musiker arbeiteten. "Benson & Farrell" gefiel der Kritik längst nicht wie "Good King Bad" und doch sind beide Alben, und nicht nur aus der heutigen, entfernten Perspektive, Stil prägende, großartige Alben, die großen Einfluss auf Jazz, Rock und Pop und vor allem Funk hatten und nach wie vor haben.

John McLaughlin, DER Gitarrist im frühen Jazzrock, bis heute für seine Mahavishnu Orchestra Alben verehrt, kehrte nach Shakti, dem akustischen Projekt klassischer indischer Prägung, das sich der letzten Mahavishnu Orchestra Inkarnation anschloss, zum elektrischen Jazzrock zurück. 1978 erschien "Electric Guitarist". In den sieben Songs sind überwiegend noch die Strukturen zu finden, die das Mahavishnu Orchestra weltberühmt und ungemein begehrt, zum Klassiker gemacht hatte. Mit Jerry Goodman und Billy Cobham waren gar zwei Musiker aus der ersten Mahavishnu Besetzung dabei und viele weitere erstklassige Jazz(rock)er, etwa Chick Corea und Carlos Santana, Jack Bruce und Alphonso Johnson, Stanley Clarke und Patrice Rushen, Tom Coster und Armando Peraza, Stu Goldberg und David Sanborn. "New York On My Mind" zu Beginn weckt nostalgische Gefühle an seine große alte Band, kompositorisch und in Rockhärte ist der Altmeister gleich wieder zu erkennen, die folgenden Songs sind indes jazztrunkener, weit weniger komplex und ebenso weniger hart rockend, doch noch einige Male kommt der ursprüngliche Geist auf. Zumindest aus der heutigen Perspektive ist "Electric Guitarist" ein wichtiges Jazzrock-Album eines der größten Meister des Faches.
"Electric Dreams" wurde ein Jahr darauf mit der Electric Truth Band eingespielt. L. Shankar von Shakti war dabei, Stu Goldberg, Fernando Sanders, Tony Smith (dr), Alyrio Lima und David Sanborn. Die Platte beginnt mit dem akustischen Highlight "Guardian Angels", das allein auf akustischer Gitarre eingespielt wurde. "Miles Davis" darauf ist wie Mahavishnu in den letzten Zügen, Funk-geprägt, jazztrunken, eine bebende Jam, virtuos und bodenlos, grandios. Intensive längere Stücke folgen, instrumentale Songs, stark jazzgeprägt, kaum rockbezogen, die Richtung, in die John McLaughlin in den kommenden Jahren gehen wird, wird hier gezeichnet. Sehr schön gespielt und traumhaft versponnen mit mehr als einem Link zum poppigen Funk sind die Stücke weitaus leichter und eingängiger als alles von McLaughlin zuvor und doch noch immer besonders. Mit "Love and Understanding" ist ein Vokalstück dabei, das mit L. Shankars Violine ausgedehnte indische Akzente setzt, bevor es zum Jazzpop mutiert. "The Dark Prince" ist zuletzt noch ein kräftiger Rock, nur noch gefolgt von der balladesken Elegie "The Unknown Dissident", die schon fast als Fernsehpausenhintergrundmusik funktioniert, leicht, einschmeichelnd, kuschelig, kantenlos. Das Ende.

Zwei großartige Musiker, die es bei Frank Zappa (George Duke) und Return To Forever (Stanley Clarke) sowie unter eigenem Namen zu Weltruhm brachten, leidenschaftlichen Jazzrock spielten und instrumentale Raffinesse entwickelten, taten sich zusammen, als Jazzrock längst ein Schimpfwort war und beide über Funk aus dem Genre ausgestiegen waren. The Clarke/Duke Project spielte 1981 und 1983 je ein Album ein, tanzbare Songs, überwiegend mit Text und Gesang, ein paar Restspuren Jazz und Rock sind zu spüren, aber längst ist alles auf Mainstream orientiert, auch "Louie Louie", das mit dem ursprünglichen Rock'n'Roll der Richard Berry Komposition ebenso wenig gemein hat wie mit Zappas freakig-ironischer Interpretation. Darauf folgt "Sweet Baby" - und spätestens hier weiß der geneigte und bald leidende Hörer, wo er sich befindet: in der Hölle der Popmusik der Achtziger. Irgendwas zwischen Melodic Rock, Funk und Soul geht in der Diskoballade auf, für Musiksüchtige geht nichts auf. Mehr in der gleichen Art folgt im Anschluss.
1983 ging es - trotz erstklassiger Musiker in der Begleitband wie etwa Billy Cobham und Narada Michael Walden - noch tiefer in den Popsumpf. "Put It On The Line" soll als härterer Melodic Rock wohl die Rockgemeinde ansprechen, das ganze Jahrzehnt über wurde Letztere in diesem Geist verarscht und für blöd verkauft. Neben einigen raffinierten Ideen/Passagen und auch mal ganz ansprechend gelungenen Songs ist überwiegend Dance zu hören, eingängig, ohne größere instrumentale Bedeutung oder komplexen Sinn.
Aber die Sache hatte dem Duo Spaß gemacht und gewiss für nicht wenig finanziellen Erfolg gesorgt. 1990, sieben Jahre später, tat das Duo sich im gleichen musikalischen Geiste wieder zusammen. Dennis Chambers trommelte, ein paar alte Weggefährten waren an Bord, weniger Jazzer, mehr Popmusiker. Die Songs sind nun etwas raffinierter, nicht nur tanzbezogen, haben witzige Elemente und ‚freche' Partien, das ganze eingängige Zeug ist als Ballade oder forscher Track Pop satt, na fast, hin und wieder gibt es mal Dancehardrock, dann gar mal jazzige Ideen, in einem Fall darf Dennis Chambers im Intro ‚freakig' trommeln, wie sie es genannt haben mögen. Nichts für Jazzrocker. Aber tatsächlich geschehen.

Alle Alben sind digital remastert, mit umfangreichen Booklets ausgestattet, die technische Informationen, Bilder und englischsprachige Texte enthalten.

bgo-records.com
georgebenson.com
johnmclaughlin.com
stanleyclarke.com
georgeduke.com
VM





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