Jacobs Moor „All That Starts“ (Eigenproduktion 2014)


Ein echtes Knallbonbon aus Österreich erreichte mich vor einigen Tagen: Progressiver Power Metal der Spitzenklasse. Richard Krenmaier (Gesang), der ehemalige Frontmann der Band Stygma IV gibt sich die Ehre und teamt mit Johnny Sommerer (Gitarre, Bass und Cello) sowie Rainer Lidauer (Schlagzeug). Resultierend aus dieser Kollaboration entstanden Stücke, die es in sich haben – dazu gleich mehr – aber auch beim Schmieden neuer Pläne nebenbei gehört werden können. Der Sound ist sehr klar und modern ausgefallen, wobei die Musik, die häufig das Tempo variiert und teils regelrechte Hassbatzen absondert - Richard kann shouten wie ein junger Bulle und lässt öfter mal die wilde Sau raus - keinesfalls an New Metal erinnert. Vielmehr fabrizieren Jacobs Moor alte Metal-Schule im crispen Gewand. Johnny Sommerer ist eine Koryphäe an den Saiteninstrumenten; ich vermute, er hat seinen Job von der Pike auf gelernt. Bei Rainer weiß ich, dass er ein Studierter ist; aber keine Angst, er hat gewaltig viel Eisen im Blut – sein Häm(mer)-Komplex weist vorbildliche Werte auf und er ist ein echter Allrounder, egal ob Blast Beats oder Samba-Patterns gewünscht werden. Sehr geschmackvoll trommelt er sich durch die zehn Songs dieses Albums. Besonders angetan haben es mir die Texte der meisten Kompositionen. (Wieder mal ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen, die Heavy Metal als Musik für Hohlköpfe bezeichnen, durch eine solche Aussage ein beredtes Zeugnis über ihr eigenes Vakuum in der Ömme ablegen.) Auf der Band-Homepage kann man sich sämtliche Texte durch den Kopf gehen lassen. Sie sind mehrheitlich sozialkritischer Natur und handeln teilweise von den Mach(t)enschaften hinter dem Vorhang (z.B. „The Truth“ oder „New Tomorrow“). Dazu fällt mir eine märchenhafte Geschichte ein: Es war einmal ein Einäugiger, der versuchte die hinters Licht geführten Menschen um ihn herum, die allesamt blind waren, ans Licht zu führen, aber je deutlicher er zu ihnen sprach, desto ärgerlicher wurden sie auf ihn, weil er das Nixraffenland, in dem sie sich häuslich eingerichtet hatten, in Frage stellte. So begannen die Blinden ihn auszugrenzen, teilweise ohne sich dessen bewusst zu sein. Da aber der Einäugige auf diese Weise nicht zum Schweigen gebracht werden konnte, suchten sie fieberhaft nach einer Lösung, wie sie ihre gestörte Ruhe wiedererlangen konnten und entwickelten schließlich einen Plan. Als der Einäugige eines Abends, nichts Böses ahnend, auf einer Bank, die wie alles andere auch privaten Kreditinstituten gehörte, lag und schlief, näherten sich drei der Blinden, die seinen Lieblingsplatz kannten, auf leisen Sohlen. Zwei packten den Einäugigen an den Schultern und der Dritte stach ihm sein sehendes Auge aus. „Wir Blinde sind alle Kämpfer für die Gleichheit unter den Menschen“, triumphierte der Stecher „und jetzt ist diese Gleichheit endlich wieder hergestellt.“ Und die Moral von der Geschicht: Viele ertragen die Wahrheit nicht und gehn hart mit ihr ins Gericht; sie kost mitunter das Augenlicht. Es lebe die Gleichheit der Blindfische!!! Wer unter Euch kein Blindfisch ist, der kaufe die Scheibe von Jacobs Moor, denn sie ist alles andere als Mist - sie geht sofort ganz gut ins Ohr.

jacobsmoor.com
Frank Bender



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