Umbra Et Imago

Inspiration für kreativen Sex!

"Geliebt und gehasst" - so könnte man diese Band ganz einfach beschreiben. Ein Umstand, der Sänger Mozart durchaus bewusst ist. Denn gleich zu Beginn des Interviews gab er verwundert bekannt, dass bislang alle Presseleute das neue Album gut finden und sah sich selbst schon augenzwinkernd als neuer Presseliebling. "Das wurde aber auch mal Zeit, nachdem man zehn Jahre nur auf uns rumgehackt hat", stellt Mozart zufrieden fest, der zusammen mit Bassist Lutz Demmler einen Interview-Marathon an jenem Tag absolvierte. Meinen Einwand, seine Euphorie etwas dämpfen zu wollen, entgegnete er dann auch typisch ironisch: "Ja, hau richtig drauf. Aber zieh dazu dein Lederhemd an und nimm deine Peitsche zur Hand." Hey, Telefonsex mit Mozart - auch für mich eine neue Erfahrung. Und nach weiterem Herumgealber kamen wir dann zum eigentlichen Punkt, dem neuen Album "Dunkle Energie". Das Thema Sex war aber noch lange nicht erschöpft, wie sich später zeigte. Warum auch, schließlich ist es ein Umbra et Imago Interview!

Lichttaufe: "Im Vergleich zu euren vorherigen Platten ist diesmal, wenn man "Dunkle Energie" mit "Mea Culpa" vergleicht, keine Entwicklung zu sehen. Ihr seid also auf der Stelle getreten. Warum?"
Mozart: "Weil wir eine altmodische Auffassung haben. Wir wollen unbedingt den roten Faden behalten. Es wird soviel rumexperimentiert. Ich sag nur Theatre Of Tragedy. Mir persönlich gefällt deren letzte Platte gut, aber die Leute sind völlig enttäuscht. Wenn ich als DJ tätig bin, wollen die Fans nur die alten Sachen von denen hören und hoffen, dass die Band auf der nächsten Platte wie früher klingt. Und diesen Fehler wollen wir nicht machen. Wir haben unseren Erfolg den Fans zu verdanken. Niemand anderem! Es wäre ein Fauxpas die Leute vor den Kopf zu stoßen und plötzlich ganz anders zu klingen. Wir geben uns da vielmehr bei den Texten große Mühe, um vielschichtiger zu arbeiten. Auf der neuen CD sind kaum noch sexuelle Themen sondern Dinge, die mich im letzten Jahr persönlich interessiert haben. Aber - wir wollen ganz bewusst nicht den ganzen Stil ändern. Es sind nur Kleinigkeiten. Wir haben viel auf Elektronik gesetzt, die Gitarren besser auf den Punkt gebracht und viel mit Chören gearbeitet."
Lichttaufe: "Es ist also die Bestätigung dessen, was ihr schon auf "Mea Culpa" gemacht habt."
Mozart: "Ja. Bei "Mea Culpa" hieß es: Da geht's hin. Und jetzt wurde das Ganze abgerundet. Aber ich gebe den Hörer einfach mal Lutz, der dir zum Produktionstechnischen mehr sagen kann."
Lutz: "Nach der "Mea Culpa" haben wir uns schon gefragt, welchen Weg wir jetzt einschlagen wollen. Wir haben etwas rumprobiert, aber das funktionierte nicht. Nach ein paar verstrichenen Wochen haben uns dann spontan ins Studio gesetzt und Songs geschrieben. Und die knüpften an das letzte Album an. Lediglich bei der Produktion sind wir kompromissloser ans Werk gegangen. Wenn Gitarren - dann richtig knallig, wenn Keyboards - dann richtig ausufernd."
Lichttaufe: "Diesmal kommt ihr ja auch fast ohne Gastmusiker aus, wenn man mal von Tanzwut und der Backgroundsängerin absieht. Spielte das auch eine Rolle?"
Lutz: "Nee. Gastmusiker sind nicht so stilprägend, weil sie nicht in die Komposition eingebunden sind, mal abgesehen von Tanzwut. Die Dudelsäcke sind schon sehr präsent."
Lichttaufe: "Auffällig ist auch der relativ kurze Entstehungszeitraum der Platte."
Lutz: "Wir hatten diesmal sehr schnell einen Pool an Songs. Das hat die Sache vereinfacht. Und ich hab ja viel Zeit mich darum zu kümmern, da ich ja unser Tonstudio in Karlsruhe betreibe."
Lichttaufe: "War nicht eine "Best Of" zum zehnjährigen Jubiläum geplant?"
Lutz: "Das wäre doch nur 'ne Mogelpackung. Wir haben uns für ein richtiges Album entschieden, weil wir nicht einfach 'ne "Best Of" auf den Markt schmeißen wollten, die den Fans das Geld aus der Tasche zieht. Wir wollen eine Leistung abliefern. Für uns ist das glaubwürdiger."
Lichttaufe: "Als Bonustracks sind "Gothic Erotic" und "Mea Culpa" in neuen Remixen auf der CD. Ist das eine Art Zugabe für die Fans?"
Lutz: ""Gothic Erotic" ist ja unser Hit. Den spielen wir seid ewig. Und manchmal haben wir den Song deshalb verflucht. Also haben wir überlegt, eine andere Version daraus zu machen. Aber das kann Mozart erzählen."
Mozart: "Ich habe "Tears Of Time" von Crematory in einem Remix eines gewissen Ray Bayer gehört und fand es geil. Von da an stand fest: Der Mann muss "Gothic Erotic" mixen! Dann stellte sich raus, dass das so'n Crack ist, der normalerweise Xavier Naidoo und Sven Väth mixt. Wir sind aber trotzdem hingefahren und der Typ war echt sympathisch. Der hat das Stück gehört und fand es total abgefahren. "Wie kann man so einen Text machen "bitte seid nicht böse, ich lecke deine Möse" hat er gesagt und das gleich seiner Frau vorgespielt.""
Lichttaufe: "Bei unserem letzten Interview hast du gesagt, "White Wedding" ist ein Live-Gimmick, der nie auf CD kommt. Aber was muss ich jetzt hören?"
Mozart: "Da muss ich dir Recht geben. Aber wir wurden so massiv bestürmt, dass wir sagten "fuck of", dann machen wir es eben. Nachdem wir den Song dann so aufgenommen hatten wie wir ihn live spielen, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, ihn doch lieber sterben zu lassen. Doch Lutz hatte die glorreiche Idee, den Titel mal in halber Geschwindigkeit aufzunehmen. Und das war's! Das machte das Ding eigenständig. So kam "White Wedding" doch noch auf die Platte. Und unsere Fans haben das auch verdient!"
Lichttaufe: "Eure Fans sind sehr zahlreich und verehren euch. Es gibt aber mindestens genauso viele Umbra-Gegner in der Gothic-Szene. Welche Erfahrungen habt ihr mit diesen gegensätzlichen Einstellungen euch gegenüber gemacht?"
Mozart: "Ich habe gelernt, dass ich nicht alles persönlich nehmen darf. So wie ich das früher tat. Du malochst für deine Platte, verdienst nichts dabei, und dann kommt jemand und sagt: " Was ist denn das für eine Gülle!". Mittlerweile haben wir gelernt, selbstbewusster zu sein. Ich habe aber auch Fehler gemacht. Zum Beispiel war es Tradition, dass ich bei Konzerten die Mädchen küsse. Nicht weil mir dabei einer abgeht, sondern weil es die intimste Bindung ist, die man mit dem Publikum aufbauen kann. Früher habe ich wahllos alle Frauen geküsst. Heute küsse ich nur noch die, die keinen Freund dabei haben. Es gab nämlich echte Beziehungsdramen nach unseren Shows. Ein weiterer Punkt sind die Erotic-Shows. Es gibt immer noch Leute, die das pervers finden. Aber die finden wahrscheinlich Sexualität an sich schon abartig! Ein positiver Fakt dagegen ist, dass es Leute gibt, die nach einem Umbra-Konzert mal wieder völlig geil und kreativ gevögelt haben. Und so soll es auch sein! Das ist ein Kompliment für uns! Wir wollten nie provozieren. Wir wollten lediglich die Phantasie anregen."
Lichttaufe: "Umbra et Imago und die Person Mozart sind für die Fans unzertrennlich. Und viele projizieren das Bild, das du auf der Bühne abgibst, auf das des Privatmannes Mozart, was sicher nur teilweise stimmt. Kannst du etwas über dein Privatleben verraten?"
Mozart: "Selbstverständlich! Das kommt mir sehr entgegen. Denn die Klischeevorstellung von Mozart ist, dass er alles fickt, was sich bewegt. Das kränkt mich sehr. Ich setze beim Sex nicht auf Quantität, sondern auf Qualität. Es ist wirklich so, dass ich, gerade nach Konzerten, viele Angebote ablehne. Viele Frauen biedern sich geradzu an. Das ist ziemlich erschreckend. Es geht mir nicht darum, so viele Frauen wie möglich zu ficken. Das wäre nämlich das Gegenteil von dem, was ich von der Bühne runterpredige. Natürlich habe ich eine Extremform der Sexualität. Ich bin ein polygamer Mensch und seit ich mich erinnern kann, habe ich Beziehungen mit zwei Frauen geführt. Mich inspiriert die weibliche Sexualität in Form einer Bisexualität. Der Umgang zweier Frauen miteinander als beobachtender Part, auch nach dem Sex, das macht mich an. Aus diesem Grunde habe ich schon seit Jahren eine bisexuelle Freundin. Mit ihr kann ich ehrlich umgehen, was den Sex betrifft. Denn eine langjährige Beziehung kann immer noch prickelnd sein, wenn man kreativ miteinander verkehrt. Und ich habe großen Spaß, mich auf Partys auszutauschen. Doch auch für mich war das alles mit einem Lernprozess verbunden. Auch ich habe Verlustängste. Doch ich habe gemerkt, dass das eine Sache der Erfahrung und der Toleranz ist. Und das Liebe nicht Besitzanspruch ist, sondern genau das Gegenteil. Und die Figur Mozart. Auf der Bühne, ist wirklich nur eine Figur!"
Lichttaufe: "Welche Rolle spielt dabei die S/M-Thematik?"
Mozart: "80 Prozent meiner Sexualität sind normal. Eine S/M-Session ist für mich ein Ritual. Fast schon eine religiöse Zeremonie. Und das möchte ich nicht überbeanspruchen. Ich möchte immer noch das Prickeln haben, immer noch nervös sein, wenn ich sowas mache. Es ist eine ganz extreme Form des kultivierten, intellektuellen Sex. Eine Kunstform der Sexualität, die auch Zeit braucht, sie zu planen und durchzuführen. Deshalb sollte das eine seltene Sache sein. Ich bin ein Gegner dieser 24-Stunden-S/M-Beziehungen. Das kann nicht gut sein. Denn ich möchte nach so einer Session den Respekt vor meinem Partner nicht verlieren.."
Lichttaufe: "Vielen Dank, Mozart, für diese freizügigen Antworten. Ich wünsche viel Erfolg mit dem neuen Album."

LARS

  



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