TANZWUT

Wieviel wiegt ein Dudelsack?

Als das Telefon klingelte, war der Teufel persönlich dran. Doch ich war vorbereitet. Denn sein Antlitz schaute mich schon ein paar Tage vom Cover der neuen und dritten Tanzwut-CD "Ihr wolltet Spaß" an. Und als Musikus der Mittelalterkapelle Corvus Corax war er mir kürzlich sogar leibhaftig begegnet. Also begann ich, ihn zu den beiden Bands, zur neuen CD und zu sich selbst auszufragen.






ragazzi: "Die Bands Tanzwut und Corvus Corax bestehen ja aus denselben Mitgliedern. Wie trennt ihr beides voneinander?"
Teufel: "Wir beschäftigen uns eine Weile mit dem Einen und dann wieder mit dem Anderen. Man hat dadurch vielmehr Abwechslung, kann sich besser ausleben und hat mehr Spaß an der Freude, als wenn man immer dasselbe machen würde."
ragazzi: "Kollidieren beide Projekte nicht auch manchmal?"
Teufel: "Musikalisch überhaupt nicht. Nur organisatorisch. Da muss man gut und langfristig planen."
ragazzi: "Jetzt ward ihr kürzlich noch als Corvus Corax auf Tour. Da tretet ihr ohne Mikrofone auf. Seid ihr danach nicht k.o. und braucht erst mal eine Auszeit, bevor ihr als Tanzwut weitermachen könnt?"
Teufel: "Unsere Stimmbänder sind ganz gut trainiert. Von daher kommen wir zurecht. Und in großen Clubs benutzen wir für die Stimmen schon Mikros, damit auch alle was verstehen. Da sind dann nur noch die Dudelsäcke unverstärkt. Außerdem hält uns die Bewegung auf der Bühne fit. Andere gehen in den Park zum Rennen. Wir gehen auf die Bühne und spielen Dudelsack."
ragazzi: "Dudelsackspielen als Fitnessprogramm. So'n Instrument wiegt doch auch einiges oder...?"
Teufel: "Die sind aus Hartholz..."
ragazzi: "Wieviel Kilo?"
Teufel: "Mein Gott, da hab ich mir ja noch nie Gedanken drüber gemacht. Du traust dich ja Fragen zu stellen! Was weiß ich, was so'n Ding wiegt. Aber jetzt muss ich wohl mal einen wiegen, weil mich das jetzt selbst interessiert."
ragazzi: "Ist der erste Song des neuen Tanzwut-Albums "Wieder da" eine Danksagung an eure Fans?"
Teufel: "Genau. Wir hatten ja drei Jahre kein Album mehr auf dem Markt. Denn wir wollten nichts übers Knie brechen. Wir wollten eine CD machen, die uns auch gefällt. Da dachten wir uns, machen wir als Opener eine kleine Hommage."
ragazzi: "Welches Verhältnis habt ihr zu euren Fans?"
Teufel: "Ein sehr gutes. Seit zwei Jahren machen wir ein Fanclubtreffen auf dem Wäscherschloss. Und letztes Jahr war's tierisch lustig. Da haben wir zu den Fans gesagt: "So, jetzt seid ihr mal dran, uns zu unterhalten." Dann gab's Tanzwut-Karaoke und Luft-Dudelsackspielen zu Corvus-Corax-Musik."
ragazzi: "Album und Titelsong heißen "Ihr wolltet Spaß". Und der Song ist ja wohl ein musikalisches Novum bei Tanzwut. Ska mit Dudelsäcken. Erzähl mal was dazu!"
Teufel: "Das war ein Spaß. Unser Gitarrist hat das mal aus Witz gemacht, aber alle fanden es gut. Und warum sollen wir uns irgendwelche Grenzen setzen und sagen, Ska passt nicht zu Tanzwut."
ragazzi: "Bei sieben Musikern, die ihr seid, ist es doch bestimmt nicht immer einfach, einer Meinung zu sein."
Teufel: "Doch. Die Songs entwickeln alle zusammen. Jeder kommt zwar mit Ideen, aber meistens spielen und jammen wir einfach im Proberaum und oft kommen wir dann auch auf einen gemeinsamen Nenner. Es ist eben alles möglich. Und wenn wir dabei noch zwei Bier zuviel getrunken haben, ist sowie totales Theater. Dann packt Wim noch seine Trompete aus..."
ragazzi: "...kann ich mir gut vorstellen, dass daraus eure Kreativität entsteht."
Teufel: "Das muss man den meisten Leuten aber erst mal sagen. Die sollten nämlich auch mehr über sich selber lachen können, als alles heftig ernst zu nehmen. Ich finde sowieso, dass gerade in der Kunst alles viel zu ernst genommen wird."
ragazzi: "Ihr seid auf diesem Album etwas sparsamer mit den Dudelsäcken umgegangen. Warum?"
Teufel: "Wir haben die Dudelsäcke diesmal mehr als gleichwertiges Instrument gegenüber Gitarren und Keyboards eingesetzt. Sie sind mehr in die Refrains eingebettet. Diese offensiven Dudelsackvarianten gibt es nicht mehr."
ragazzi: "Setzt euch der Dudelsack manchmal auch Grenzen?"
Teufel: "Glücklicherweise haben wir einen Instrumentenbauer in der Band. Und es ist schon passiert, dass er zwischendurch in die Werkstatt gerannt ist, weil Dudelsäcke tonartmäßig begrenzt sind. Nach einer Stunde kam er dann mit einer Schalmei in der passenden Tonart zurück. Also, wenn es Grenzen gibt, müssen diese auch durchbrochen werden."
ragazzi: "Es wird zum Song "Nein Nein" ein Video geben. Ist das euer erstes?"
Teufel: "Nee, wir haben schon einen Clip zum Song "Augen zu" von unserem ersten Album. Und aus dem Livematerial des zweiten Albums "Labyrinth der Sinne" wurde ein Video zu "Bitte Bitte" geschnitten. Die Clips werden im Internet zu sehen sein (tanzwut.com)."
ragazzi: "Nach "Götterfunken" vom Vorgängeralbum habt ihr jetzt zum zweiten Mal Musik von Beethoven bearbeitet (Beethovens 5. Sinfonie im Song "Fatue", Anm. d. Red.). Seid ihr Fans des Komponisten?"
Teufel: "Wenn er heute leben würde, wäre er bestimmt auch so ein schräger Musiker geworden. Er hat Sachen gemacht, wo ich sagen muss, die sind punkig verschärft."
ragazzi: "Gibt es noch irgendein Stück aus der Klassik oder dem Mittelalter, dass ihr unbedingt mal spielen wollt?"
Teufel: "Wir wollten ja mal "Oh Fortuna" aus der "Carmina Burana" machen. Aber das haben die Erben nicht freigegeben. Die Orffschen Erben sind da sehr knickrig und verlangen einen Haufen Kohle. Für das Geld können wir eine ganze CD produzieren. Also sollen die alten Tanten mit ihren Perlenketten "Oh Fortuna" singen und glücklich werden. Wir haben deshalb selber so ein Stück geschrieben. "Caupona" hat einen Text aus der "Carmina Burana" und ist uns ziemlich gut gelungen. Was Orff kann, das können wir auch. Und live wird das Ding der Knaller!"
ragazzi: "Wenn ihr tourt, kann ja jeder Konzertbesucher erleben, was für spielfreudige Musiker ihr seid. Aber wie sieht es bei Tanzwut on Tour hinter den Kulissen aus?"
Teufel: "Da haben wir natürlich auch mal unsere ruhigen Phasen. Aber im Großen und Ganzen sind wir Leute, die ihren Spaß daran haben unterwegs zu sein. Wir sind Spielleute. Und ohne diesen Spaß würde man das Leben, das wir führen, gar nicht verkraften. Wir sind dazu geboren."
ragazzi: "Wer euch kennt, weiß auch, dass du der Teufel bist. Ist der Teufel für dich selbst eine Bühnenrolle? Oder bist du es auch privat?"
Teufel: "Mir ist da mal was ganz Verschärftes passiert. Das erzähl ich dir kurz: Ich bin von einer ziemlich langen Tour nach Hause gekommen. Und auf Tour gibst du ja fast jeden Abend Autogramme. Die unterschreibe ich natürlich mit Teufel. Als ich dann, wieder daheim, mal zur Bank musste, habe ich auf dem Formular mit Teufel unterschrieben. Ich hab's aber gleich gemerkt, den Zettel zerknüllt und einen neuen ausgefüllt. Auf der Bühne habe ich das große Glück, mich selbst ein wenig zu spielen. Aber zum größten Teil ist das doch eine Rolle, in die ich schlüpfe. Es ist Show."
ragazzi: "Aber du unterstreichst das ja auch durch dein Äußeres. Als Corvus Corax tretet ihr manchmal in Kirchen auf. Gibt es da schon mal Irretationen, wenn der Pfarrer dich sieht?"
Teufel: "Bis jetzt fanden es alle witzig. Das komische ist nur, dass wir noch nie ein zweites Mal in diesen Kirchen gespielt haben. Aber wer weiß schon, was wirklich in den Köpfen der Kirchenleute vorgeht..."
ragazzi: "Ich bedanke mich für das Interview."

LARS




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