Im Gespräch mit SubUrban Tribe

Musik machen ohne Genre-Grenzen

Crossover ist tot – es lebe Crossover. So oder so ähnlich könnte das Motto von SubUrban Tribe lauten. Ihr neues Album steht bereits seit November in den finnischen Läden. Bei uns ist es jetzt endlich erschienen.
Ragazzi sprach mit den bestens gelaunten Janne (Bass) und Ville (Sänger) über einen demokratischen Diktator, HIM und finnisch Melancholie.
ragazzi: "Warum nennt sich eine Band "SubUrban Tribe"?"
Janne: "Der Name definiert unseren Background. Wir kommen alle aus Vororten (suburbs). Tribe steht für die Gemeinschaft. Wir fühlen uns als Brüder, sind sehr gut miteinander befreundet. Wir kennen uns schon seit unserer Kindheit."
ragazzi: "Welchen Einfluss hat es auf die Atmosphäre in der Band, wenn man sich bereits aus Kindertagen kennt?"
Janne: "Das ist einfach großartig. Wir mögen es, zusammenzusein und haben jede Menge Spaß auf Tour und im Studio. SubUrban Tribe ist mehr als nur ein Job. Es gibt natürlich auch Meinungsverschiedenheiten, aber das sind nie böse Streitereien. Wir respektieren uns gegenseitig."
ragazzi: "In Finnland seid ihr eine ziemlich berühmte Band. Das neue Album kam bis auf platz fünf in den Charts, "Frozen Ashes", die erste Singleauskopplung, schaffte es sogar auf Platz eins."
Janne: "Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet. Die letzten zwei, drei Jahre war es recht ruhig um unsere Band. Wir haben niemandem von der Arbeit an unserer neuen Platte erzählt, es war ein Geheimnis. Und jetzt dieser überwältigende Erfolg, einfach herrlich."
ragazzi: "Abgesehen von HIM weiß man hierzulande nicht viel über Musik aus eurem Land. Wie ist es bestellt um die finnische Musikszene?"
Ville: "Wir sehen einer strahlenden Zukunft entgegen. Es gibt jede Menge guter Rockmusik, besonders in Helsinki."
Janne: "Es finden viele Konzerte statt, z.B. mit Amorphis, Nightwish, 69 Eyes. Das Beste ist, dass sich die Bands untereinander super verstehen. Wir freuen uns über den Erfolg anderer Bands genau so wie über unseren eigenen. HIM, mit denen wir befreundet sind, haben Großes geleistet für die finnische Musikszene. Sie haben viele Türen geöffnet. Seit ihrem Erfolg kennt man überall Finnland und finnische Musik."
ragazzi: "In Deutschland seid ihr bisher weniger bekannt. Die Anfang Februar erscheinende Platte ist eure erste Veröffentlichung hier. Janne, kannst du unseren deutschen Leser kurz etwas erzählen über die Entwicklung eurer Band?"
Janne: "Also, wir haben vor acht Jahren auf einem kleinen Independent-Label in Finnland begonnen. Unsere ersten vier Platten sind dort erschienen. Es war eine ganz andere Art von Musik. Wir experimentierten mit sehr viel verschiedenem Material von poppig über progressiv bis hin zu Metal. Wir haben dann gemerkt, dass es irgendwie nicht funktionierte, auch wenn wir und einige Wenige die Musik mochten. Es ging nicht vorwärts, uns fehlte ein konkretes Ziel. Dann kam Ville und wir schmissen alles Überflüssige aus unserer Musik raus. Übrig blieben Songs mit klaren und einfachen Strukturen."
ragazzi: "Hat diese Entscheidung vielleicht damit zu tun, dass mehr Leute eure Platten kaufen sollten?"
Janne: "Ja, das stimmt. Aus diesem Grund haben wir auch die Plattenfirma gewechselt. Wir sind jetzt bei EMI. Aber wir haben dies nicht nur wegen der Publicity gemacht, sondern, weil wir es wollten. Die Charts und all das waren nicht unser Hauptziel, aber hey (lacht), so werden die Leute aufmerksam und hören unsere Musik."
ragazzi: "Euer Line-up war über die Jahre aber nicht konstant..."
Janne: "Ville war am Anfang in der Band, sang aber gleichzeitig auch bei Kyyria. Wir entschieden uns dann dafür, einen eigenen Sänger zu haben. Mit dem "Neuen" haben wir vier Alben eingespielt, die sehr experimentell klingen (lacht). Als wir merkten, dass Band und Sänger sich mehr und mehr voneinander entfernten, haben wir gesagt: Wir wollen Ville zurück. Das war im August 2000. Und wir hatten Glück, denn Ville hatte sich gerade von Kyyria getrennt."
ragazzi: "Hat sich eure Musik verändert seit Ville wieder am Mikro steht?"
Janne: "Was soll ich sagen? Sie ist viel besser geworden, kraftvoller, weniger experimentell. Wir haben uns darauf besonnen, was wir am besten können: Musik spielen, die schnörkellos ist und abgeht. Außerdem verbreitet Ville gute Laune in der Band. Es ist herrlich, Ville wiederzuhaben. Wir von SubUrban Tribe fühlen uns, als wären wir miteinander verheiratet. Mit Villes Rückkehr ist die Ehe wieder komplett."
ragazzi: "Janne, du bist der kreative Kopf von SubUrban Tribe. Inwieweit sind die anderen drei beteiligt am Entstehungsprozess der Songs?"
Janne: "Ich mache die meisten der Songs und habe auch die neue Platte produziert. Ich bin ein demokratischer Diktator (lacht). Ich überlege mir die Stücke und bringe sie zur Probe mit. Wir spielen und diskutieren sie. Wenn dann alle lächeln, wird nichts mehr geändert. Das funktioniert oft ganz ohne Worte. Wir brauchen uns einfach nur anzuschauen und verstehen uns."
ragazzi: "Warum der wenig innovative Album-Titel, wo es doch schon eure fünfte Veröffentlichung ist?"
Janne: "Unsere aktuelle Scheibe heißt wie wir - "SubUrban Tribe" -, weil wir sie als unsere erste "richtige" Platte betrachten"
ragazzi: "Welchem Genre kommt eure Musik am nächsten?"
Janne: "Mir ist es egal, ob man unsere Musik als Mainstream oder Alternative bezeichnet. Wir machen jedenfalls nicht, was alle anderen machen. Wir werden immer wie SubUrban Tribe klingen, selbst wenn wir Britney Spears oder Right Said Fraid covern würden. Es gibt einige wenige Bands auf der Welt wie die Smashing Pumpkins oder die Red Hot Chillie Peppers, die alles machen könnten und dennoch klingen würden wie die Smashing Pumpkins und die Red Hot Chillie Peppers. Das ist genau der Punkt, an dem wir auch einmal ankommen möchten."
ragazzi: "Seht ihr eure Musik durch diese beiden Bands beeinflusst oder gibt es andere Einflüsse?"
Janne: "Es gibt viele und keine Einflüsse. Wir haben keine spezielle Band als Vorbild. Es wäre ein Schritt zurück, so wie diese oder jene Band klingen zu wollen. Andererseits wirst du natürlich vielfach beeinflusst, allerdings passiert das eher unterbewusst und lässt sich nicht konkret festmachen. Wir wollen moderne Rockmusik machen und insofern macht es wenig Sinn zurückzuschauen. Wir kümmern uns nicht um Genre-Grenzen, sondern machen, was uns Spaß bereitet. Musik, die vom Herz kommt."
Ville: "Es gibt nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte. Und sogar schlechte Musik kann gut sein. Du kannst eben nicht jeden Geschmack bedienen. Es ist das Gleiche wie beim Essen."
ragazzi: "Was läuft denn momentan bei euch zu Hause in den CD-Playern?"
Ville: "Alte Jazzmusik und Folkmusik."
Janne: "Unter anderem Nine Inch Nails, Marilyn Manson, Korn, Filter, Ramstein."
ragazzi: "In den Texten eurer Songs geht es nahezu ausschließlich um Beziehungen. Warum die Entscheidung für dieses Thema?"
Janne: "Vielleicht wird es deutlich, wenn ich erzähle, wovon wir nicht singen wollen. Drogen und Parties. Darüber sollen alle singen, die sonst nichts zu sagen haben. Ich habe auch keine sozialen oder politischen Messages zu verbreiten. Ich versuche nicht, die Welt zu verbessern. Was ich aber kann, ist über mein eigenes Leben und meine Gefühle zu erzählen. Darüber, was ich lese oder im Fernsehen sehe. Und über meine eigenen Beziehungen."
ragazzi: "Die Texte widerspiegeln also deine persönlichen Erfahrungen..."
Janne: "Ja, du kannst sie als eine Art Biografie mit fiktionalen Elementen lesen. In unseren Liedern erzählen wir keine Storys in dem Sinne, dass es einen Anfang und ein Ende gibt. Die Texte reflektieren eher momentane Stimmungen und Gefühle. Sie sind zwar sehr persönlich, gleichzeitig kann sich aber auch jeder selbst darin wiederfinden. Ich sage nie: Die Worte haben diese oder jene Bedeutung."
ragazzi: "Janne, fast alle deine Texte drücken Traurigkeit und Enttäuschung aus. Wo sind die glücklichen Momente?"
Janne: "Ich verstehe, was du meinst. Also, ich brauche keinen Therapeuten. Ich schreibe meine Texte. Ich selbst sehe mich als einen glücklichen Menschen. In den Texten lasse ich meine dunklen Seiten heraus. Ich denke, unsere Musik braucht genau diese Texte. Außerdem hat die Melancholie ihre Wurzeln im finnischen Blut."
ragazzi: "Janne schreibt alle Texte. Ville, ist es ein Problem für dich als Sänger, Texte zu singen, die nicht von dir stammen?"
Ville: "Ich bin inzwischen daran gewöhnt. Außerdem stehe ich hinter dem, was Janne schreibt und ich dann singe. Das hängt wiederum damit zusammen, dass wir uns schon so lange kennen, aus der gleichen Gegend stammen und Vieles ähnlich erlebt haben. Ich schreibe aber auch selbst Texte für meine Nebenprojekte und habe es auch bei Kyyria getan. In Zukunft soll dies auch für SubUrban Tribe passieren."
ragazzi: "Ihr wart gerade in Deutschland auf Tournee als Support-Act für Oomph! Nun erscheint im Februar eure Platte. Werdet ihr dann erneut live zu sehen sein?"
Janne: "Im April werden wir mit Sicherheit als Headliner in Deutschland unterwegs sein. Vorher wird es eventuell noch den einen oder anderen Gig als Support-Act geben. Das ist allerdings noch nicht bestätigt."
ragazzi: "Warum sollten die Leute auf eure Konzerte kommen?"
Janne: "Auf den Konzerten ist unsere Musik rauher, kraftvoller und mehr geradeaus als auf Platte. Außerdem sehen wir unser Publikum als Teil unseres "tribe", womit sich der Kreis dann schließt. Es geht einfach darum, gute Musik zu spielen und Spaß zu haben. Vielleicht werden wir eine kleine Feuershow auf der Bühne zeigen. Aber wir konzentrieren uns hauptsächlich auf unsere Musik."
ragazzi: "Welche Leute kommen auf eure Konzerte?"
Janne: "Alle möglichen: Vom langhaarigen Metal-Fan über Leute mit kurzen Haaren bis hin zum Gothic-Girl und Collegemädchen. Seit wir hier berühmt sind und vor ausverkauften Häusern spielen, kommen immer mehr hübsche Mädchen zu unseren Gigs, was uns natürlich nicht stört. Und die bringen dann wieder Jungs mit. So läuft das."

Stefan




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