Antoine Fafard / Spaced Out

Spaced Out haben innerhalb von drei Jahren drei aufregende, künstlerisch bedeutsame und beeindruckende Werke veröffentlicht. Ihre vitale und äußerst komplexe Musik ist eine Tour De Force des ambitionierten und tiefgehenden Jazzrock. Für die Kompositionen ist Bassist Antoine Fafard verantwortlich, der gleichzeitig Kopf und Hirn der Band ist. Zugleich mit Spaced Out etabliert sich wie aus dem Nichts Unicorn Records, das Label für progressive Rockmusik. Wie kam es dazu? Woher die Inspiration? Warum Jazzrock? Dies und mehr beantwortete mir Antoine per eMail.



ragazzi: "Als erstes sag bitte etwas zu deinem musikalischen Werdegang. Ich denke, bevor ein Musiker ein aktiver Schöpfer von Musik sein kann, ist er erst einmal ein Hörer. Welche Musik hast du in deiner Kindheit gehört, welche als Teenager und welche heute? Wie hat sich das verändert? Was denkst du über Musik überhaupt?"
Antoine: "In meiner Kindheit war mein großer musikalischer Einfluss mein Bruder, der mir die Musik von Bands wie AC/DC, Iron Maiden, Metallica, Led Zeppelin, Ozzy, The Who, Cream und Jimi Hendrix vorspielte. Wie diese Liste zeigt, hörte ich zumeist Heavy Metal und Rock. Als ein junger Teenager hörte ich Progressive Rock von Rush, ELP, YES, King Crimson und UK. Je mehr ich Progressive Rock hörte, um so weniger interessierte ich mich für normale Rockmusik, die ich davor gehört hatte. Später entdeckte ich mit UZEB und Bruford Jazz Fusion. Aber heute höre ich alle Musik, die ich früher gern gehört habe. Im Moment höre ich mir Sachen des Komponisten Penderecki an. Je älter ich werde, um so offener bin ich für neues.
Vor ein paar Jahren bemerkte ich den wichtigen Aspekt der Produktion von Musik, was einen großen Unterschied in der Qualität einer Aufnahme machen kann. Es gibt so viele Aspekte in der Musik, dass ich immer mehr bemerke, wie viele gute Musik es in den verschiedenen Genres gibt."
ragazzi: "Hast du Musik studiert? Wie fing das mit der Musik an, welches Instrument spielst du - neben dem Bass?"
Antoine: "Ich lernte mit 11 Jahren im Privatunterricht akustische Gitarre zu spielen. Mit 15 wechselte ich zum Bass, da wurde mir schon klar, dass dies mein Hauptinstrument wird. Ich studierte Musik auf dem College und der Universität insgesamt 6 Jahre lang, meine Fächer waren Bass-Spiel (Jazz), Hörtraining, Theorie (Klassik und Jazz), Musikgeschichte, Arrangement und Orchestration. Heute spiele ich zumeist mit 6- und 12-saitiger akustischer Gitarre. Ich komponiere und analysiere meine Musik am Keyboard, ohne aber dieses Instrument richtig beherrschen zu können."
ragazzi: "Wann wolltest du das erste Mal eine Band gründen? Welche Musik wolltest du spielen und wie ging das in Spaced Out über?"
Antoine: "Ich fing in einer Cover-Band an, als ich 15 Jahre alt war. Zur selben Zeit begann ich zu komponieren. Nach ein paar Jahren, in denen ich nur Covers gespielt hatte, wurde mir klar, dass dies nicht meine Sache war. Ich nahm mein erstes Demo mit eigener Musik mit 17 auf. In den folgenden 5 Jahren komponierte ich, übte ständig an meinem Instrument, studierte an der Uni und entwickelte einen eigenen Stil. Man kann sagen, dass dies die ersten Schritte zum ersten eigenen Album waren, das ich 1998 aufnahm. Mein Ziel war und ist, sehr originelle, eigene Musik aufzunehmen, die zu spielen und hören ich Freude habe."
ragazzi: "Ab wann wolltest du Jazzrock/Jazzprog spielen? Das ist nicht die Musik, mit der man viel Geld machen kann. Nur wenige Leute mögen es, die meisten Medien hassen es?!"
Antoine: "Der Grund, warum ich Spaced Out gründete, ist, meine musikalische Kreativität zum Ausdruck zu bringen. Ich plante nie, damit Geld zu verdienen. Aber ich habe natürlich nicht dagegen, wenn es nebenher lukrativ sein sollte!"
ragazzi: "Sind die heutigen Spaced Out - Musiker das erste Line-Up?"
Antoine: "Es gab eine Menge Besetzungswechsel seit 1993. Zuerst hieß die die Band nicht Spaced Out, als es zu meiner Band wurde. Wir waren erst ein Trio, dann ein Quintett, das veränderte sich zum Quartett, wurde wieder ein Trio und schließlich waren wir wieder beim Quartett angelangt, ein steter Wechsel. Es gab vor Martin Maheux zwei andere Schlagzeuger und einen Keyboarder vor Eric St-Jean, aber von denen hat niemand auf meinen offiziellen Aufnahmen mitgespielt. Mark Tremblay ist schon der 3. Gitarrist, der mit uns spielt und aufnimmt."
ragazzi: "Ist Spaced Out eine richtige Band, in der alle involvierten Musiker die Musik mögen und dafür arbeiten? Oder ist Spaced Out dein Baby, nur eine backing band für deine Bass-Soli? Was denken die anderen Spaced Out Musiker über die Musik?"
Antoine: "Spaced Out ist eine Band und mein persönliches Projekt zugleich. Fakt ist, das ich keine Musiker engagierte, denen ich sagen muss, wie sie ihre Instrumente zu spielen haben, wie und wann in meinen Kompositionen improvisiert werden soll und darf. Ich führe die Musiker zu dem Sound, den ich haben will, aber ich verlange einen persönlichen Input von jedem in der Band. Ich denke, dass die anderen sehr mit der Musik einverstanden sind, allein schon, weil sie mit großem Enthusiasmus dabei sind."
ragazzi: "Kannst du dir vorstellen, andere Musik zu spielen? Oder anders gefragt: wenn Musik keine Grenzen hätte, wie würde die Musik von Spaced Out klingen?"
Antoine: "Momentan schreibe ich einige eher kommerzielle Musik für eine Musikbücherei und Fernsehsender. Aber bei allem was ich tue, versuche ich, meinen Stil einzubringen."
ragazzi: "Auf den beiden ersten Spaced Out - Alben gibt es sehr komplexen Jazzrock. Eine wunderbare Musik auf sehr hohem dynamischen Level. Wie hast du diese komplizierten Songs komponiert? Ist alles darin komponiert oder gibt es improvisative Parts? Wie spielt ihr die Songs live, genauso wie die Studioversionen oder mit längeren Improvisationen? Sind die Kompositionen sämtlichst deine eigene Arbeit oder haben deine Mitmusiker Eigenes eingebracht?"
Antoine: "Komponieren braucht Phantasie, um musikalische Ideen und Strukturen zu schaffen. Manchmal kommen die Songs von einem Muster, dass für Bass oder Schlagzeug komponiert wurde. Es kann sich genauso von einer Skale oder einem Akkord entwickeln. Die Soli sind vollständig improvisiert. Live spielen wir die Songs härter und die Soli und wilden Teile sind länger. Der einzige Song, den ich nicht allein geschrieben habe, ist "Infinite Ammo", den habe ich mit Martin Maheux komponiert."
ragazzi: "Euer neues Album "Slow Gin" zeigt einen veränderten musikalischen Stil. Die Songs sind intimer. Das ganze Album klingt persönlicher als die früheren Arbeiten. Wie hat sich das ergeben? Wie wird Spaced Out in Zukunft klingen?"
Antoine: "Ich vesuche stets, neue, andere Dinge von Album zu Album in die Musik einzubringen. Als ich Slow Gin einspielte, versuchte ich Sachen einzubringen, die auf den früheren Alben nicht zu hören waren. Die nächsten Aufnahmen, für die nächste CD, werden Bläser einbeziehen (Trompete, Posaune und Tenorsaxophon). Ich versuche einen anderen Ausdruck im gleichen musikalischen Stil zu erfinden."
ragazzi: "Welche Songs spielt ihr von den ersten beiden Alben heute noch live?"
Antoine: "4 Songs."
ragazzi: "Was denkst du über Martin Maheux´ Album "Physics Of Light" - ein weiteres sehr persönliches Werk?"
Antoine: "Es ist ein sehr interessantes Album. Ich mag die Kompositionen sehr. Ich denke, Martins Schlagzeug-Sound hätte besser definiert werden können, aber das ist eine Sache, die niemals einfach zu kontrollieren ist, wenn man solche Projekte zu Hause ausarbeitet, das habe ich aus meiner eigenen Arbeit gelernt."
ragazzi: "Auf dem dritten Album gibt es wieder sehr komplexe Musik, auf einem anderen Level. Es ist klar, dass du diese Musik magst. Woher kommt das? Von deinem Bass Lehrer?"
Antoine: "Die Komplexität in meiner Musik kommt aus verschiedenen Einflüssen. Ein Fakt ist, dass ich selbst viel komplexe Musik höre. Aber Komplexität in sich ist kein wichtiger Faktor.
Größtenteils lerne ich die Techniken, die ich am Bass gebrauche, beim Hören und Zuschauen von großen Bassisten wie Stu Hamm, Victor Wooten und Billy Sheehan. Ich hatte nie einen Bass Lehrer. Ich mag es, selbständig zu lernen. Aber ich hatte natürlich einige Lehrer, die ihre Einflüsse in mich vererbt haben."
ragazzi: "Gibt es einen Fankreis um Spaced Out? Wohnst du in einer Stadt, in der es eine progressive Szene gibt? Was sagen deine Freunde und Eltern über die Musik?"
Antoine: "Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Sie verstehen die Musik nicht wirklich, aber sie scheinen sie zu mögen. Meine nicht-musikalischen Freunde sehen die Sache auch positiv, obwohl sie nicht die gleiche Perspektive wie ein Musiker haben und daher nicht das volle Verständnis aufbringen können.
Normalerweise lebe ich in Montréal, Kanada, wo die Jazzrock/Prog Musik Szene nicht sehr aktiv ist. Jetzt lebe ich in London (UK) und merke, dass es hier nicht viel anders ist. Je mehr ich reise, merke ich, dass es eine Menge Leute gibt, die meine Musik mögen oder die ähnliche Musik spielen, aber es ist hart, einen kontinuierlichen Kontakt zu Radiosendern, TV und Shows herzustellen."
ragazzi: "Was denken die Leute um dich über die musikalische Veränderung auf dem neuen Album? Wie sind die Reaktionen weltweit?"
Antoine: "Die Reaktionen sind bisher sehr positiv. Ich bin sehr glücklich über die Reaktionen der Fans, die wir haben!"
ragazzi: "Was ist die wichtigste Sache in deiner Musik? Was willst du erreichen? Nach welchem Sound suchst du?"
Antoine: "Die wichtigsten Sachen, die Musikqualität ausmachen, sind Komposition, Performance (einzeln und in der Band) und Produktion. Das sind die Hauptfaktoren, die man nicht aus den Augen verlieren darf. Vor allem suche ich danach, Musik zu kreieren, die voll Originalität und Qualität ist."
ragazzi: "Geht ihr mit "Slow Gin" auf Tour? Gibt es Pläne, in Europa, vielleicht sogar Deutschland Konzerte zu geben?"
Antoine: "Wir hatten eine kleine Tour im April 2003 in Kanada und den USA. Ich würde sehr gern in Europa und speziell Deutschland spielen. Aber es gibt zur Zeit keine Pläne für solch ein Projekt."
ragazzi: "Wie sehen eure Zukunftspläne aus? Arbeitet ihr an neuer Musik? Welche musikalischen Hürden willst du nehmen?"
Antoine: "Ich habe bereits damit begonnen, für ein neues Album zu komponieren. Wie ich schon sagte, werde ich eine Horn Section einbringen. Die Musik wird die gleiche Energie haben, wie auf den früheren 3 Alben, aber ich versuche, mit den Bläsern Dinge einzubringen, die neue Horizonte öffnen."
ragazzi: "Kannst du von der Musik leben oder hast du einen Job ausserhalb des Musikbiz? Und wenn, welchen?"
Antoine: "Seit ich in London lebe, sind die Kosten so hoch, dass ich ab und an einen Job annehmen muss, um zu überleben. Ich arbeite an einigen Database Programmen und in einigen anderen zeitlich begrenzten Jobs, die nichts mit Musik zu tun haben. Ich versuche gerade, mich mehr in Musikproduktionen zu engagieren, etwa in Musikbüchereien."
ragazzi: "Wie viele CDs hat Spaced Out verkauft?"
Antoine: "Ich denke, etwa 2000 Stück pro Album."
ragazzi: "Du bist Teil von Unicorn Records. Wie erfolgreich arbeitet das Label? Es gibt einige gute Musiker/Bands, die das Label betreut. Woher kommen die Bands, woher das Label? Wie bist du auf Unicorn gestoßen?"
Antoine: "Ich bin kein Teil von Unicorn Records. Es ist ein kleines Label, dass stetig wächst. Ihre Priorität ist die hohe Qualität von Musik. Ich entdeckte das Label 1999 beim Surfen durch das Internet, und merkte, dass sie ganz in der Nähe von dort arbeiten, wo ich lebe!"
ragazzi: "Antoine ist ein französischer Name. Du lebst im französischen Teil Kanadas? Ist Englisch deine Muttersprache? Spaced Out ist ein englischer Titel. Was bedeutet er und wer hat ihn erfunden? Und warum ein englischer Name?""
Antoine: "Ich lebe in Montreal in der Provinz Quebec, welches der französische Teil Kanadas ist. Französisch ist meine Muttersprache. Der Grund, warum ich einen englischen Namen für die Band nahm, ist, weil dies international eher akzeptiert wird. Die Musik spricht für sich selbst und kann von jedem erfahren werden. Heute denke ich, dass es besser gewesen wäre, einen Namen zu finden, der mit Sprache nichts zu tun hat, aber dafür ist es zu spät!"
ragazzi: "Ein letzte Wort an die RAGAZZI-Leser?"
Antoine: "Ich möchte allen danken, die Spaced Out unterstützen. Ich hoffe, dass wir in Deutschland in naher Zukunft spielen und Leute kennenlernen können!"

VM




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