Interview mit Chris Opperman

Nach seinem Erstling Oppy Music Vol. 1, das einschlug wie eine Bombe und Oppy ein frühes Denkmal setzt, hat Oppy nun ein weiteres Album veröffentlicht. Nach dem progressiven, zappaesken Erstling ein Piano-Solo-Follow-Up - unsere Neugierde war geweckt.  
ragazzi: "Deine neue CD ist ein reines Klavieralbum. Warum Solopiano? Ist das ein langgehegter Wunsch? Bist Du beeinflusst von der klassischen Klaviermusik des 20. Jahrhunderts? Warum der deutsche Titel "Klavierstücke"?"
CO: "Die Entscheidung dieses Album zu machen, war eine Reaktion auf "Sharel's Lullabye II" vom "Oppy Music, Vol. 1" Album. Als "Oppy Music, Vol. 1" ursprünglich veröffentlicht wurde, schrieben mir viele Leute und bezeichneten es ("Sharels Lullabye" - Übers.) als ihren Favoriten. Folglich gab es Bedarf nach einem Solo Piano Album. Die Stücke eines anderen Komponisten die ich am liebsten spiele sind "Sechs kleine Klavierstücke" von Arnold Schönberg und ich dachte "Klavierstücke" ist ein großartiges Wort. Außerdem passt es perfekt zu einem reinen Pianoalbum. Mir gefiel außerdem die Vorstellung, dass Leute die den Titel nicht verstehen, es mit "stuck piano" (in etwa "steckengebliebenes Klavier" - Übers.) verwechseln könnten."
ragazzi: "Manche Songs klingen sehr intim. Kannst Du deine Gefühle am besten am Piano ausdrücken?"
CO: "Da stimme ich zu. Schließlich war das Klavier mein erstes Instrument und daher ist es der direkte Output dessen, was im Moment gerade in mir vorgeht. Du merkst, ob ich wütend bin oder melancholisch, du spürst auch wenn ich in Ekstase gerate. In größeren Instrumentierungen kann ich mich besser hinter meinen Arrangements verstecken, habe dann aber nicht die Freiheiten wie am Klavier."
ragazzi: "Andere Songs sind sehr abstrakt, mit unhandlichen Tonfolgen. Wie auch auf "Oppy Music, Vol. 1" offenbarst Du eine Schwäche für komplexe Kompositionen. Liegt Dein musikalisches Interesse irgendwo zwischen den beiden Extremen sehnsüchtige Romantik und wildem Expressionismus?"
CO: "Ich mag komplexe Stücke weil einfach mehr dran ist und auch weil man bei jedem Hören etwas neues entdeckt. Wie auch immer, mein eigentliches Interesse besteht darin, Musik zu machen, die ausdrückt wie ich mich in dem Moment fühle. Ich beschränke mich daher nicht auf sehnsüchtige Romantik und wilden Expressionismus, aber ich stimme darin mit Dir überein, dass beide Elemente in meiner Musik vorhanden sind."
ragazzi: "Du hast Musik studiert. Welche Instrumente spielst Du und was hast Du wo genau studiert?"
CO: "Ja. Ich spiele vor allem Klavier und etwas Trompete. Ich habe mich auch mit anderen Instrumenten beschäftigt, unter anderem mit der Gitarre. Ich studierte am Berklee College of Music und machte meinen Abschluss in Musikbusiness und Management."
ragazzi: "Nur von deiner Musik kannst Du noch nicht leben. Ich habe gehört, dass Du bei einem Label arbeitest. Was tust Du dort?"
CO: "Natürlich wäre es großartig, Musik hauptberuflich zu betreiben, was zu diesem Zeitpunkt leider unrealistisch ist. Daher arbeite ich in der Tantiemen Abteilung der Universal Music Publishing Group in Los Angeles."
ragazzi: "Wie hat sich dein musikalisches Interesse über die Jahre entwickelt? Wo liegen konkret deine Einflüsse? "Oppy Music, Vol. 1" zeigt deutliche Einflüsse von Frank Zappa. Über Mike Keneally besteht da auch eine Verbindung. Hat seine Musik Dich beeinflusst?"
CO: "Ich fing im Alter von acht Jahren mit dem Klavier an und mit der Trompete im Alter von neun Jahren und während der Grundschule und der Junior High School blieb es auch dabei. Eigentlich wollte ich Schauspieler werden und dann begann ich mich für das Schreiben von Literatur zu interessieren, als ich in die High School kam. Dann, eines Tages während einer Trompetenstunde bei Charlie Guzzo, fiel mir ein Poster für "Zappa's Universe" auf und ich fragte ihn danach. Frank Zappa sah wie eine Art musikalischer verrückter Wissenschaftler aus und ich konnte mir nicht mal annährend vorstellen, was ein Kerl wie er für Musik komponierte. Also spielte er mir was von "Thing-Fish" und "Apostrophe" vor und ich war angefixt. Schließlich während eines Trips mit einer Marching Band nach Quebec im Februar 1995 kaufte ich mir "Yellow Shark" und "Civilization Phase III". Als meine Freunde und ich auf unser Zimmer gingen, legten wir "Civilization Phase III" auf und in dem Moment als ich die ersten Akkorde von "Put a Motor in Yourself" hörte, wußte ich, dass ich Komponist werden musste. Die Musik auf diesem Album ist bis heute die unglaublichste Musik, die ich je gehört habe. Als ich sie gehört hatte war es klar, ich musste einfach Komponist werden, musste herausfinden, wie man Musik wie diese komponiert. Ich bin immer noch nicht sehr nahe dran, aber immerhin auf dem Weg dorthin. Andere frühere, konkrete Einflüsse während meiner Zeit auf der High School waren unter anderem die Beatles (spätere Periode), Bob Marley, McCoy Tyner, Nirvana, The Smashing Pumpkins, mein Vater, Robert Morgan (unser Bandleader), Barbara Novak (die Chorleiterin), Gene Favatella (mein Klavierlehrer), und Karen Rembis (meine erste ernsthafte Freundin). Als ich nach Berklee kam, kamen meine ganzen Lehrer hinzu, außerdem Mike Keneally, Tanya Smith (meine bisher ernsthafteste Freundin, wir sind aber nicht mehr zusammen), Thelonious Monk, Charles Ives, Stravinsky, Webern, Schoenberg, Jewel, Fiona Apple, etc. Jetzt wo ich bei Universal Music Publishing Group arbeite, höre ich durch meinen Boss Anthony Saragueta einiges neues. Durch ihn kam ich auf Musik wie die frühen Elton John Sachen (der mich ehrlich gesagt viel tiefer anspricht, als ich es gedacht hätte), The Beach Boys, George Harrison, John Lennon und Phil Spector. Im wesentlichen diskutieren wir Musik eher vom Standpunkt eines Songwriters oder eines Produzenten aus, im Gegensatz zu dem eines Komponisten. Dies eröffnet mir neue Wege musikalischen Denkens. Mir ist klar, dass das eine ziemlich lange Antwort ist, aber ich glaube, dass jeder der sich aufrichtig für Musik interessiert bei den unterschiedlichsten Stilen landet. Wenn ich darüber nachdenke, ich habe noch ein paar wesentliche Einflüsse unterschlagen, zum Beispiel Steve Vai, dessen Musik für mich in den letzten paar Jahren immer wichtiger wurde, Weezer, Blink-182, The Skatalites, Dr. Aber die Liste ist noch wesentlich länger."
ragazzi: "Wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Werden wir noch mehr von Dir zu hören bekommen. Planst Du eine Fortsetzung von "Oppy Music, Vol. 1"? Vielleicht weitere Klavierkompositionen?"
CO: "In einer perfekten Welt gäbe es bereits einige andere Alben. Was fertiggestellte Alben angeht (soweit es die Aufnahmen angeht), da gibt es ein Duett-Album namens "Concepts Of Non-Linear Time" (mit mehreren Musikern die ich respektiere und verehre, darunter Robert Thompson, Geige und Mike Keneally an verschiedenen Instrumenten) und eine EP genannt "The Pufferfish Variations" ein Set mit fünf Stücken für Kinder, komponiert für Jesse Keneally. Ich werde diese veröffentlichen, sobald es mir finanziell möglich ist oder bis ich ein anderes Label finde, das sie veröffentlicht. Was neue Aufnahmen angeht, das Oppy Music Project ist als Trilogie konzipiert und der Großteil der Kompositionen für die Teile zwei und drei ist bereits vorhanden. Ich weiß allerdings noch nicht, ob es mir jemals möglich sein wird, diese Musik aufzunehmen."
ragazzi: "Wie waren die Reaktionen auf "Klavierstücke" bisher? Hast Du viele CDs verkauft? Hat sich "Oppy Music, Vol. 1" gut verkauft? Gibt es Reaktionen größerer Labels?"
CO: "Von Leuten, die die Klavier-CD gekauft haben, weiß ich dass sie ihnen sehr gefällt. Viele bevorzugen "Klavierstücke" im Vergleich zum "Oppy Music, Vol. 1" Album. Ich mag beide aus unterschiedlichen Gründen, aber wahrscheinlich ist das Klavieralbum etwas zugänglicher. Die Verkaufszahlen sind nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe, aber ich bin halt noch ein relativ obskurer Künstler und denke dass ich das noch schaffe. Manches benötigt einfach Zeit und Engagement. Ich glaube nicht, dass ich bisher auf dem Radar irgendwelcher Major Labels aufgetaucht bin, aber da könnte ich mich irren."
ragazzi: "Arbeitest Du auch als klassischer Musiker? In einem Orchester?"
CO: "Nein, ich habe aber schon für Orchester komponiert."
ragazzi: "Leider konnten wir Dich in Groningen (Niederlande) nicht mit Mike Keneally hören. Spielst Du noch in seiner Tourband? Wurde "Oppy Music, Vol. 1" je live aufgeführt. Planst Du für die Zukunft Liveauftritte?"
CO: "Ich bin nicht mehr in Mike Keneally's Band (Beer For Dolphins - Übers.), war aber Kopist des Arrangements für das Konzert in Groningen (Die Nonkertompf Weltpremiere am 19. Oktober 2001 - Übers.). Manchmal trete ich für ihn im Vorprogramm am Klavier auf. Viele Stücke von "Oppy Music, Vol. 1" wurden live von meinen Ensembles in Berklee aufgeführt, darunter auch solche, die auf den noch ausstehenden Teilen von "Oppy Music" veröffentlicht werden. Ich habe vor, in der Zukunft viele Konzerte zu spielen, aber in Los Angeles geht es einfach sehr langsam voran."
ragazzi: "Arbeitest Du an neuer Musik?"
CO: "Jedes Mal, wenn ich am Klavier sitze!"
Herzlichen Dank an Claude Kuhnen für die schnelle und perfekte Übersetzung und sein Engagement für Chris Opperman und Mike Keneally.

VM

    



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