NIOWT

Die Liebe zur Musik

Laibach haben einst Slowenien als Land mit eigener musikalischer Identität bekannt gemacht. Nun liegt es auch an jungen Bands wie Niowt, diesen Bekanntheitsgrad auszubauen. In Anbetracht des vorliegenden Albums "Loverboy" sollte das aber kein Problem sein. Grund genug also für ragazzi, ein paar Fragen gen Slowenien zu mailen. Und Niowt-Sängerin Mojca wusste unseren Wissensdurst über ihr Land und ihre Band zu stillen.
RAGAZZI: "Wahrscheinlich könnt Ihr diese Frage nicht mehr hören, aber ich muss sie trotzdem stellen: Was bedeutet NIOWT eigentlich, und wie spricht man es richtig aus?"
MOJCA: "Naja, je öfter man eine Frage hört, desto weniger muss man über die Antwort nachdenken, was auch ganz angenehm ist J. Niowt ist die vermutete Aussprache einer ägyptischen Hieroglyphe die "Stadt" bedeutet. Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe -Ni'owt. Wir haben dieses Wort extra aus einer altertümlichen Sprache gewählt weil wir finden, dass der Begriff der Stadt heutzutage ebenso überholt ist. Uns interessiert vor allem urbanes Leben und dessen Auswirkung auf das Individuum. Deshalb steckt in dem Ideogramm ein netter Symbolismus."
RAGAZZI: "Würdest du uns etwas über die Musikszene in Slowenien erzählen?"
MOJCA: "Das ist schwierig, weil in Slowenien keine klar umrissene Szene existiert. Es gibt ein paar Bands die weitgehend unabhängig von einander ihr eigenes Ding machen. Da sind eine Menge Leute aus der Techno- oder Rave-Ecke, dann gibt es einige Pop- und Metalgruppen, die zwar mehr oder weniger ähnliches Zeug machen, aber eigentlich keine Szene bilden, und dann gibt's Leute wie uns, also Bands unterschiedlicher Musikrichtungen, die bei Labels im Ausland unter Vertrag stehen. Das ist zwar keine richtige Szene, aber man kennt sich untereinander, und wir sind mit einigen dieser Bands, zum Beispiel Coptic Rain und Silence, gut befreundet."
RAGAZZI: "Spielt es für euch eine Rolle, dass auch Laibach aus Slowenien stammt?"
MOJCA: "Eine Band wie Laibach kam für Slowenien genau zur richtigen Zeit. Sie spielte eine Vorreiterrolle beim Protest gegen das ehemalige jugoslawische Regime auf künstlerischer Ebene und trug womöglich sogar zu den späteren politischen Ereignissen bei. Abgesehen davon, dass Laibach durch ihren Vertrag bei Mute international bekannt wurden, haben sie Slowenien auf der musikalischen Landkarte markiert und anderen slowenischen Bands den Vorstoß auf den internationalen Markt erleichtert."
RAGAZZI: "Gehört ihr dem NSK-Staat [Neue Kunst aus Slowenien] an, beziehungsweise wie schätzt ihr die Bedeutung von NSK ein?"
MOJCA: "Obwohl wir großen Respekt dafür empfinden, was Laibach und NSK erreicht haben, lehnen wir es ab, uns von irgendeiner Ideologie vereinnahmen zu lassen. Die NSK -Ästhetik hatte eine stark ideologisch-politische Note, die natürlich aus der Situation der frühen 80er Jahre sowohl in Jugoslawien als auch im Ausland resultierte. Aber ihre Bedeutung ist heutzutage wahrscheinlich nicht mehr so groß wie damals. Unser einziges offizielles Bindeglied zu NSK ist unser Techniker Matej Puklavec, der die NSK- Botschaft im Internet aufgebaut hat, aber wir haben auch private Kontakte zu einigen Mitgliedern von Laibach und Leuten von NSK."
RAGAZZI: "Wie kam der Kontakt zum deutschen Label Chrom Records zustande?"
MOJCA: "Wir haben Demos unserer ersten Platte an verschiedene Labels im Ausland geschickt, und Chrom war eine von mehreren interessierten Plattenfirmen. Da uns das Angebot von Chrom am besten zusagte, haben wir dort unterschrieben."
RAGAZZI: "Hattet ihr einen speziellen Bezug zu Deutschland?"
MOJCA: "Nein, zunächst nicht. Chrom war eben zufällig in Deutschland. Später erkannten wir, dass die Entscheidung für ein deutsches Label angesichts unserer Musikrichtung clever war, da wir beim Publikum in Deutschland sehr gut angekommen sind. Deshalb haben wir jetzt einen besonderen Bezug zu Deutschland."
RAGAZZI: "Welche anderen Musikrichtungen oder Bands haben eure Musik beeinflusst?"
MOJCA: "Oh je, eine knifflige Frage! Da Peter und ich die Songs schreiben, ist die Musik erst mal davon geprägt, was uns beide musikalisch beeinflusst hat. Aber angesichts der Arbeitsweise bei Niowt - die Mitglieder bekommen meistens nicht viel mehr als die Grundstruktur an die Hand, die sie dann individuell an ihren jeweiligen Instrumenten weiterentwickeln - spielt es auch eine Rolle, auf welche Musik sie stehen. Peter und ich sind in den 80ern aufgewachsen und haben deshalb einen gewissen Hang zu Harmonie und logisch aufgebauten, schönen Melodien. Überdies hat Peter eine klassische Musikausbildung. Es fällt aber schwer, direkte Einflüsse zu bestimmen, denn das Endprodukt ist eine Mischung unterschiedlicher Zutaten. Auf jeden Fall teilen wir alle die Liebe zur Musik an sich. Wir versuchen eben, uns in dem Medium auszudrücken, das wir am liebsten mögen. Natürlich gibt es unterschiedliche Einflüsse, aber sie bleiben auf der unterbewussten Ebene, es sei denn wir entscheiden uns bewusst dazu, auf unsere Weise damit zu spielen."
RAGAZZI: "Ich finde, dass Mojca manchmal klingt wie die Sängerin von Garbage. Ist das eine Band, die ihr mögt?"
MOJCA: "Wir mögen Garbage tatsächlich sehr, ebenso wie Placebo, oder Moby, oder Marylin Manson und unzählige andere Bands der 90er, aber wir betrachten diese nicht als Vorbilder. Meine Gesangsstimme hat sich ausgeprägt, ehe ich je von Garbage gehört habe. Was Gemeinsamkeiten unserer Stimmen betrifft, vermute ich, dass das an einer ähnlichen Struktur unserer Stimmorgane liegt - und an exzessivem Zigarettenkonsum und ähnlichen Vorbildern in unserer Jugend."
RAGAZZI: "Wie groß ist der Anteil eures Produzenten an eurem Sound?"
MOJCA: "Peter Penko ist ein enger Freund von uns; wir kennen uns also richtig gut, was die Zusammenarbeit und Kommunikation sowohl einfacher als auch produktiver gestaltet. Wenn wir eine Platte aufnehmen, ist Peter das sechste Bandmitglied. Sein Instrument ist die Technik, deshalb leistet er einen ähnlich großen Beitrag zu unserem Sound wie alle anderen. Seine Ideen sind einerseits genauso wichtig wie unsere, auf der anderen Seite auch immer wieder Thema von Diskussionen innerhalb der Band. Es ist schwierig, seinen Anteil zu bestimmen, weil er genau so in den gesamten Prozess eingebunden ist wie die anderen Bandmitglieder. Deshalb kann man weniger von einem Anteil sprechen, sondern eher von einem Synergieeffekt wenn wir sechs zusammen arbeiten."
RAGAZZI: "Worüber singt ihr?"
MOJCA: "Wie schon gesagt bedeutet Niowt so viel wie "Stadt". Ich glaube, die beste Zusammenfassung unserer Inhalte ist, dass wir uns für alle Aspekte städtischen Lebens interessieren. Die neue Platte ist eine subjektivere Auseinandersetzung mit Urbanität: Wie verändert Urbanität die Vorstellung von Individualismus, und wie kann man sich in das Konzept eines vom urbanen Leben bestimmten Individualismus fügen? Lässt man die allgemeinen Definitionen einmal beiseite, ist es eine sehr persönliche Platte geworden, viel wärmer und gefühlsbetonter als die erste, zumal es unmöglich ist, eine abgehobene, zynische Position einzunehmen, wenn man sich selbst beobachtet und kommentiert."
RAGAZZI: "Gebt ihr in diesem Jahr Konzerte in Deutschland?"
MOJCA: "Auf jeden Fall haben wir einige Konzerte geplant, aber die Termine stehen noch nicht fest."

LARS

  



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