NICKELBACK

Interview mit dem "Versorger"

Dezember 2004, Stuttgart, Kongresszentrum, kurz vor einem Konzert der kanadischen Rocker Nickelback auf ihrer Tour zum aktuellen Album "The Long Road". Ich treffe einen sehr gut gelaunten und redefreudigen Ryan Vikedal, seines Zeichens Drummer der Band. Von Superstarallüren keine Spur: Ryan sieht nicht nur aus, wie der Boy von nebenan. Er benimmt sich auch so - und der Mann liebt nicht nur seinen Job, er bezeichnet sich auch als "Versorger" seiner Band. Wie er das meint, könnt ihr hier lesen.

ragazzi: "Wenn ihr eure Tour beendet habt, wie geht es 2004 weiter mit Nickelback?"
Ryan: "Oh, wir werden 2004 gleich wieder auf Tour gehen. Wie begannen unsere Tournee durch Europa im September, jetzt kommt eine eiskalte kanadische Tour dran und dann geht's zum Abschluss ins warme Australien."
ragazzi: "Macht es eigentlich einen Unterschied, Shows in Europa, besonders in Deutschland, zu spielen oder anderswo auf der Welt?"
Ryan: "Da gibt es viele Ähnlichkeiten, aber auch ganz viele Unterschiede. Wir finden, dass die deutschen Fans ganz besonders loyal sind. Als Band hast du auch bessere und schlechtere Tage, aber wenn die Deutschen dich als Gruppe mögen, dann mögen sie dich einfach. Da gibt es Bands, die machen seit den 80ern Musik, nimm zu Beispiel Iron Maiden oder Metallica. Deren Fans sind treu und kommen immer wieder zu den Shows. Und das ist ganz besonders in Deutschland so."
ragazzi: "Habt ihr Fans, die euch von Anfang an treu sind?"
Ryan: "Ja, da gibt es Leute, die kommen dann auch immer zu unseren Shows. Zum Beispiel, als wir in Düsseldorf gespielt haben. Die waren auch schon da, als wir auf kleineren Festivals aufgetreten sind, das war noch vor dem Album "Silver Side Up". Das ist klasse. Es ist auch wichtig, Leute zu kennen und zu wissen, wer eigentlich deine Fans sind."
ragazzi: "Da stellt sich die Frage, ob ihr auch persönlichen Kontakt zu euren Fans habt?"
Ryan: "Kennen ist zuviel gesagt, aber man weiß einige Namen, wenn man in einer bestimmten Stadt spielt. Wir kümmern uns mehr um den Internetkram, soweit das geht. Wir bekommen E-Mails, da kommen dann so Fragen, welche Gitarrenmarke wir bevorzugen und so weiter. Allerdings sind die Dinge seit "Silver Side Up" etwas aus dem Ruder gelaufen. Die beiden Kroegers haben über 15000 E-Mails bekommen. Wenn sie die alle beantworten wollten, bräuchten sich 50 Jahre. Der Kontakt zu den Fans kommt dann eher durch "Meet and Greats", aber auch bei den Shows."
ragazzi: "Spielt ihr eigentlich lieber in großen Hallen oder in kleinen Clubs - soweit eine Band von eurem Format das noch tut?"
Ryan: "Ich mag beides, sowohl Hallen mit ein paar Tausenden, als auch kleinere Shows. In Clubs zu spielen, hat etwas intimeres. Du merkst eher, wie die Leute auf einen Song reagieren und kannst dementsprechend agieren. Wenn du in größeren Hallen spielst, musst du mehr Leute unterhalten. Wir haben dann verschiedene Special Effects, mit Feuerwerk und so. Du musst viel mehr Visuelles in den Song reinbringen, sonst sehen die Leute einfach nur vier kleine Männer auf der Bühne rumhüpfen, da musst du das schon ein wenig spannender machen. Wir spielen übrigens auch noch Clubshows, für Radiostationen zum Beispiel oder kleine Umsonst-Konzerte oder Promotion-Gigs. Damit überraschen wir immer alle. Ich finde das klasse."
ragazzi: "Was ist eigentlich deine Rolle in der Band? Der Drummer steht gemeinhin nicht so im Vordergrund?"
Ryan: "Meine Rolle ist die des "Versorgers" der Band. Ich sage immer ich lege den roten Teppich für die anderen Drei aus, damit immer alles gut klappt. Aber ich denke, es ist wichtig zu wissen was los ist, das alles fein ist und gut klappt. Ich gebe die "Storyline" vor, gebe dem Song die richtige Emotion. Ich helfe, den Song zu kreieren. Nur die Entstehung der Texte ist nicht mein Job."
ragazzi: "Was ist denn dein persönlicher Lieblingssong?"
Ryan: "Der Beste? Oder mein Lieblingssong? Das ist schwer zu sagen. Ich mag gemeinhin die härteren Songs von uns, gerade die auf dem aktuellen Album "The Long Road". Da fühlt man richtig die Energie."
ragazzi: "Ihr seid für den Grammy nominiert. Was bedeutet das für dich?"
Ryan: "Für mich persönlich ist es ein Ticket, um Musiker zu treffen. Ich bleibe aber lieber im Hintergrund sitzen, ich mag da nicht hochgehen. Aber es ist faszinierend. Letztes Jahr hatten wir die Ehre, Simon & Garfunkel zu treffen. Ich find's überhaupt klasse, sämtliche Musiker dort zu sehen, deren Musik man mag."
ragazzi: "Hast du ein persönliches musikalisches Idol?"
Ryan: "Klar hab ich das. Es gibt einige Musiker, die ich verehre. Bei den American Music Awards hatten wir die Ehre, Willie Nelson zu treffen und uns mit ihm zu unterhalten. Das war klasse, er ist ein Supertyp. Weißt du, es ist enttäuschend, wenn du einen Musiker triffst, den du klasse findest und er ist unfreundlich. Um so toller ist es, du triffst jemanden und der ist auch noch nett. Und du lernst die Persönlichkeit kennen, die hinter dessen fantastischen Songs steckt."
ragazzi: "Lebt ihr eigentlich das typische Rock'n'Roll-Leben: Sex, Drugs & Rock'n'Roll?"
Ryan: "Nicht wirklich (lacht). Nur die legalen Drogen, wir trinken mal einen (lacht noch mehr). Weißt du, heutzutage ist es einfach wichtig, gesund zu bleiben. Wir sind viel beschäftigter, als zum Beispiel Bands vor 20 Jahren. Da muss man einfach gesund sein und nicht nur überleben. Wir reisen viel und das ist auch anstrengend."
ragazzi: "Gerade wenn ihr viel reist, gibt es doch Momente, die einfach langweilig sind. Was macht ihr da so?"
Ryan: "Wir relaxen dann oder schauen Filme, viele Filme. Ich finde das klasse: Wenn du acht Stunden im Bus sitzt, kannst du Videospiele spielen oder auf der Gitarre rumklimpern. Man findet Wege, sich zu beschäftigen. Ich bin gerne auf Tour, aber natürlich ist es auch schön, wenn man dann mal wieder zu Hause ist."
ragazzi: "Wünschst du dir manchmal die alten Zeiten zurück, als ihr noch nicht bekannt ward?"
Ryan: "Nein, es ist jetzt besser, ganz klar. Es ist eigentlich egal, ob du einen normalen Job hast oder in einer Band spielst, aber wir machen gerade jetzt wunderbare Erfahrungen. Ich meine, als eine Band, wir Vier zusammen. Gerade in den letzten drei, vier Jahren haben viel gesehen und erlebt."
ragazzi: "Und was würdest du machen, wenn's morgen vorbei wäre mit dem Erfolg?"
Ryan: "Ich würde auf jeden Fall weiter Musik machen. Aber ich denke, es wird weitergehen, wir haben ja einen echten Wachstumsprozess hinter uns gebracht. Das zweite Album ist meist das entscheidende für eine Band, grad, wenn das erste so erfolgreich war. Wir haben damals den Award für die beste Newcomerband in Kanada gewonnen. Normalerweise hörst du von solchen Bands nie wieder etwas. Bei und war's gerade umgekehrt. Wir wurden dann erst bekannt. Und wir sind schon sehr lang als Band zusammen und haben viel gemeinsam erlebt. Das wird wohl hoffentlich so weitergehen."
ragazzi: "Du hast viel Erfolg, damit sicherlich auch viel Geld. Hast du noch irgendwelche unerfüllten Wünsche?"
Ryan: "Mein Wunsch ist es, das, was ich gerade mache, noch so lange zu tun, wie es möglich ist. Es ist grad eine wunderbare Zeit, du triffst fantastische Menschen, spielst mit anderen Bands auf Festivals. Das ist mehr als ein Job, das ist dein Leben. Ich hoffe, das geht so lange weiter, so lange die Leute uns eben sehen wollen. Gerade mit dem jetzigen Album wurde uns bewusst, wer unsere wahren Fans sind. Das ist der Unterschied zwischen Rock und Popmusik. Popmusik ist für die breite Masse, da wird es nie wirkliche "Die Hard"- Fans geben, so wie bei Bands wie Metallica. Manche Rockfans würden für ihre Band nahezu alles tun. Das sind Fans, denen egal ist, wie toll das neue Video ist, sie lieben dann Nickelback einfach als Band. Das ist Wahnsinn."
ragazzi: "Aber seit ihr in den Charts seid, gibt's garantiert Leute, die Nickelback nur hören, weil's grad in ist?"
Ryan: "Ja, klar. Aber die sind auch wichtig. Viele Leute sagen, Nickelback ist eine kommerzielle Band. Aber momentan sind auch Bands wie "The Strokes" und "The White Stripes" in den Charts, die eigentlich Underground Bands sind, obwohl sie im Radio und auf MTV gespielt werden."
ragazzi: "Magst du andere Musikstile?"
Ryan: "Ja, klar, gerade als Drummer ist es wichtig, sich alles anzuhören. Ich mag zum Beispiel Jungle und Drum'n'Bass und heftigere Metal-Sachen. Aber auch Jazz aus den 60ern oder Johnny Cash. Es ist immer besser für alles offen zu sein und verschiedene Elemente in die eigenen Songs einfließen zu lassen."
ragazzi: "Ja, aber als was würdet ihr euren Musikstil denn nun beschreiben - meinetwegen einem Alien?"
Ryan: "Es ist einfach Rock'n'Roll!"
ragazzi: "Danke für das nette Gespräch!"

Silke




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