Mike Johnson

Endlich ein Interview mit Mike Johnson, Komponist, Gitarrist und Vordenker der amerikanischen AvantProgisten Thinking Plague. Im letzten Jahr ist ihr neuestes Werk erschienen und jetzt sind ihre beiden ersten LP auf einer CD vereint unters Volk gekommen. Zeit, Mike ein paar Fragen zu stellen, die er ausführlich beantwortete.
RAGAZZI: Wie bist du zur Musik gekommen?
MJ: Seit meiner frühesten Kindheit - so weit ich mich erinnern kann, muß ich so um die drei Jahre alt gewesen sein - liebte ich die Klassikplatten meiner Mutter. Sie spielte sie gelegentlich auf einem alten Mono Hifi Gerät, vor allem Tchaikovsky´s Piano Concerto #1, Beethoven´s Symphony #5 und Mozart´s Overtüre von "Hochzeit des Figaro". Ich erinnere mich an jede Note davon. Mein Onkel gab uns eine LP der Ballett-Suite "Billy the Kid" von Aaron Copland. Das war zu modern für meine Familie, aber mein Bruder und ich mochten es. Unglücklicherweise und trotz ihres großen Interesses an Musik ließ meine Mutter mir keine Musikstunden zukommen, weil, wie sie sagte, ihre eigenen zu schlecht gewesen waren. So bin ich kein großer Pianist oder Geiger geworden! Als ich elf Jahre alt war (1961 oder 62) kauften meine Eltern mir eine billige Akustikgitarre zu Weihnachten. Sie haben das getan, weil sie eine alte eletrische Kay (Gitarre) von meinem Cousin hatten, welche mein Bruder bekam. Sie dachten, ich würde eifersüchtig werden, so haben sie mir das lausige akustische Ding geschenkt. So etwa ein Jahr lang spielte ich darauf herum, verwundert, was ich damit machen sollte. Es passierte, als ich 12 Jahre alt war. Ich sah Noten (E Moll) im Schaufenster eines Ladens für Notenbücher. Ich kriegte raus, wie die Finger auf die Saiten gelegt werden. Das war eine Offenbahrung! Ich merkte mir die Noten, rannte nach Hause, übte und "Boom!", ich konnte Gitarre spielen. Der Nebel lüftete sich und ich lernte viel von Rolling Stones und Beatles Platten.
RAGAZZI: Was gibt dir Inspiration, was beeinflust dich und wie hat sich das über die Jahre geändert?
MJ: Als ich ein Teenager war, liebte ich Jimi Hendrix und die Sergeant Peppers Ära der Beatles. Als ich 17 wurde, machte mein älterer Bruder mich mit den Komponisten des 20. Jahrhunderts bekannt: Stravinsky, Shostakovich, Copland und Benjamin Britten. Ich habe sie alle lieben gelernt und viele andere entdeckt, wie William Schuman, Samuel Barber, Michael Tippet, Prokofiev, Bartok und andere. Etwa zu dieser Zeit (1970) entdeckte ich King Crimson, ELP, YES und etwas später Genesis und Gentle Giant. Ich wurde ein Progressive Rock Fanatiker. Genauso mochte ich das Mahavishnu Orchestra, Weather Report und ein wenig Soft Machine. Meine erste progressive Rockmusik schrieb ich für eine Highschool Band, die sich "Zaahh" nannte. Sie spielten Progressive Rock (sie hatten ein Saxophon und spielten ein echt gutes Cover von "Pictures of the City" von King Crimson). Ich war nicht wirklich in der Band und bevor ich einsteigen konnte, war ich gezwungen, in die Navy zu gehen, um zu vermeiden, rekrutiert und nach Vietnam geschickt zu werden. Die nächsten vier Jahre spielte ich Gitarre in etlichen Barracken und Wohnungen. Ich begann, Stücke im Stil von Genesis und Mahavishnu Orchestra zu schreiben - pingelige 12 Saiten Sachen mit singend-zerstörerischen Gitarrenlinien. Ein Freund brachte mich 1975 auf Henry Cow. Es dauerte eine Weile, aber dann war ich davon nicht mehr loszukriegen. Als ich aus der Navy ausgestiegen war (1978) und auf´s College ging, traf ich Bob Drake, der erstaunlicherweise all die gleichen progressiven Künstler mochte, wie ich. Kurz drauf wurden wir große Fans von den Art Bears. Wir fingen an, Aufnahmen mit einem alten Stereo Tonband und Kassettendecks zu machen. Dabei waren drei meiner Progrock-Stücke, die sehr nach den Siebzigern klangen, jedoch mit einigen merkwürdigen Harmonien ausgestattet waren. 1980 machten wir erste Aufnahme, die man Thinking Plaque in Sicht auf Rhythmus, Harmonie und Stil nennen konnte. Sie hieß "Doppelgänger" und zeigte großen Einfluß von King Crimson gemixt mit Art Bears. Um die Zeit schrieb ich den Song "Warheads", was der Startpunkt meines eigenen Stils war. Seitdem habe ich mich immer mehr zu meinem eigenen Stil entwickelt. Mein größter Einfluß sind weiterhin die Komponisten des 20. Jahrhunderts, aber meine Freunde wie Dave Kerman (5uu´s, mit dem ich 1995 tourte) und Dave Willey (Hamster Thater - mit dem ich immer wieder spiele) haben auch eine große Wirkung auf mich. Kerman brachte mich auf Albert Marceour, der, wie ich denke, ein unglaubliches Genie ist. Dave Willey brachte mir europäische, ethnisch beeinflußte Musik (wie Nimal) und Gipsy Musik nahe, die fantastisch sind.
RAGAZZI: Du kommst aus den 80ern, einer Zeit ohne gute Rockmusik, der Pop- und Diskozeit. Deine Musik ist jedoch total anders. Wie kommt das?
MJ: Nun, wie du siehst, komme ich aus den 60ern und 70ern. In den 80ern wußte ich genau, was ich wollte. Thinking Plaque wuchs aus Bob Drake´s und meiner Liebe zum 70er Progressive Rock, zu den Art Bears/Henry Cow und das Experimentieren und Spielen mit unseren Aufnahmen. Wir waren nur leicht von der sogenannten "New Wave" beeinflusst - was unserem Song "How to clean squid" von der ersten LP anzuhören ist. Wir mochten Peter Gabriel´s 3. (Melting Face) und 4. (Security) Platte, was man in "Moonsongs" hören kann. Wir mochten auch The Police, aber das hat Thinking Plaque nicht inspiriert. Wir hatten jedoch nebenbei eine Progressive Pop Band namens Emergency, die einen starken Police und King Crimson Einfluss aufwies. Die Band ging auseinander, bevor wir gute Aufnahmen machen konnten.
RAGAZZI: Auf dem Album "In this life" gibt es einen Song namens "Organism version II". Gibt es davon eine erste Version? Auf "In Extremis" gibt es mit "Les Etudes d´Organism" eine weitere Version der Komposition, viel besser als von "In this life". Ist das ein Stück, das ihr immer wieder neu umarbeitet?
MJ: Wirklich, es gibt ein kleines Motiv von "Etude for Combo" (Moonsongs) in Organism. Als wir "In this life" 1989 aufnahmen, dachten wir, ein Live-Medley basierend auf Etude und Organism zu machen. Als wir daran arbeiteten, wurde daraus "Etude d´Organism". Es gibt darin etliches Unerstes, Witziges, Humor. Wir haben es etliche Male live gespielt, bevor wir es aufgenommen haben. Dieser Prozess hat sich über Jahre hingezogen, während die Band wie in Zeitlupe zu zerfallen schien. Bob (Drake) arbeitete viel an dem Stück und es wurde nicht vor 1994 gemixt. So hat es sich beträchtlich entwickelt und wurde eine "große" Arbeit. Ich mag die Version von "In this life" lieber. Das lange Ende des Songs ist manchen Leuten zu langweilig, ich finde es jedoch fantastisch. Das ist etwas, was Thinking Plaque selten machen. Um deine Frage zu beantworten: ja, für eine Weile gab es den Song in verschiedenen Aufnahmen. Es gibt eine kürzere Version von 1989, der auf einem Sampler von ReR (brit. Plattenfirma, Anm. RAGAZZI) erschienen ist. Darum haben wir es "Organism 2" genannt. Ich plane nicht, daran weiter zu arbeiten, aber es wird einige andere Thinking Plaque - Stücke geben, die auf dem folgenden Album wiederkommen.
RAGAZZI: Du hast zusammen mit 5uu´s in Würzburg gespielt. Einige Musiker arbeiten in Thinking Plaque und 5uu´s. Sind das eine Menge Musiker, die in beiden - oder gar mehreren - Bands spielen?
MJ: Nun, als ich in 5uu´s spielte, lag Thinking Plaque im Winterschlaf. Bob, Dave und ich waren der Kern der letzten Thinking Plaque 1990 - 1994. Bob ging zu 5uu´s und sie fragten mich, ob ich 1995 mit ihnen auf Tour gehen würde. Ich war nie ein offizielles Mitglied und habe auf keiner Platte von ihnen mitgespielt. Als Dave von Frankreich in die USA zurückkehrte, wohnte er bei Bob. Ich versuchte, Plaque wiederzubeleben und fragte ihn, ob er die Drums spielen würde. Nachdem er mit Deborah Perry in Plaque spielte, fragte er sie, ob sie auf seiner neuen 5uu´s CD "Regarding Purgatories" singen würde. Der Hauptgrund, warum einige Musiker zwischen beiden Bands hin- und herspringen, ist, dass es so wenige Typen gibt, die genug Können besitzen und gerade diese Art Musik machen wollen. Solche Leute sind selten.
RAGAZZI: Die Stimme von Deborah Perry ist brilliant, die Melodielinien für ihre Stimme genial. Soetwas macht sonst keine Band. Wer und wie komponiert das? Woher kommen diese Ideen?
MJ: Alle Vokal - Melodien, die Deborah auf "In Extremis" singt, habe ich geschrieben. Im allgemeinen schreibe ich die meiste Musik und die Texte, mit der Ausnahme des Gesangs und der Texte in "This Weird Wind" und "Behold the man" (Dave Kerman und ich). Woher die Ideen kommen? Ich weiß es nicht. Normalerweise habe ich zuerst Akkorde und rhythmische Ideen, bevor ich die Vokalmelodien schreibe. Mein Bedarf an Vokal Parts ist ein anderer als der an instrumentalen Teilen. Ich versuche, die Melodie erst im Kopf zu hören, die sich zur Musik entwickelt oder auch dagegen ankämpft, auf eine "gute" Art. Natürlich versuche ich, den Tonumfang in verschiedenen Registern anzulegen.
RAGAZZI: Ich habe mir gestern eine Musikzeitung namens "Visions" gekauft. Darin - wie in allen großen Zeitungen - gibt es nur Pop/Punk/Metal Bands, die einfache Musik spielen. Kannst du sagen, warum?
MJ: Sicher kann ich das. Warum sollte ein junger Musiker, der einfache Musik mag, die einfach zu lernen, spielen und verkaufen ist, etwas lernen wollen, was schwierig zu schreiben, lernen und zu spielen ist, wenn nur wenige Menschen das hören wollen? Sie wollen berühmt werden und Geld machen UND sie müssen interessant auf das andere Geschlecht wirken, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sie sind darauf besessen und täuschen mit ausgefransten Haaren vor, IN zu sein, auf Messer´s Schneide zu leben. Normale Künstler wollen von einem großen Publikum verstanden werden und sich damit ein anständiges Leben verdienen. Nur wenige Leute, die ihre Musik "progressiv" oder "avantgardistisch" machen, sind dazu fähig. (Und noch weniger können das, denke ich!)
RAGAZZI: Kennst du die Band Mr. Bungle? Sänger Mike Patton singt auch in Faith No More und Fantomas. Die machen einen sehr avantgardistischen Rock. Kannst du dir vorstellen, mit ihnen zu spielen?
MJ: Ja, ich habe sie gehört. Nur weiß ich nicht, ob sie mit mir spielen würden... Nun, ich meine nicht, dass sie wirklich avantgardistisch sind. Ich finde sie technisch clever und kunstfertig, aber nicht sehr befriedigend. Was ich gehört habe, waren zumeist Ausschnitte konventioneller Stile, die sie zusammen gefügt und mit eigenen Verfremdungen gemixt haben. Sie ahmen teilweise den Mainstream nach, was mich abtörnt. Im Blick auf meine Musik kann ich nicht sagen, ob sie davon etwas wissen. Sie haben einen weitaus höheren Grad an trauriger Berühmtheit als ich und ich wüßte nicht, warum sie mit mir arbeiten sollten - oder ich mit ihnen. Wenn sie mein Zeug mögen, wär´s gut. Aber ihre Art ist von einem anderen Planeten als meine, weit weg.
RAGAZZI: Welche Musik hörst du?
MJ: Wie ich schon gesagt habe, höre ich zumeist Orchester Musik, zumeist des 20. Jahrhunderts. Aber ich mag auch ethnische Musik, traditionellen irischen Folk, Gipsy oder Balkan Musik, alte Beatles Songs und was so an Popsongs aus dem Autoradio dudelt... Unähnlich zu vielen anderen Leuten meines Musikgenres höre ich nicht viele Bands, ich habe auch keine riesige CD-Sammlung. Ich habe alle Symphonien von Shostakovich und auch eine Menge anderen Zeugs. Musik, die mich beruhigt und begeistert und meinen guten Ruf nicht befleckt - zumeist viel einfachere Musik als die, die ich mache.
RAGAZZI: Warum machst du diese komplexe, wunderbare, aber nicht in Ansätzen einfache Musik in dieser Zeit, in der sich die meisten Menschen nicht dafür zu interessieren scheinen?
MJ: Ich kann mir nicht helfen. Das ist, was ich will. Es ist die Art Musik, die ich hören möchte. Wenn ich Popmusik machen würde, wäre ich dann noch ich selbst? Ich glaub´ nicht, dass das gut wäre. Ich bin mir viel zu unsicher, wie man einen effektiven einfachen Popsong schreibt.
RAGAZZI: Welcher Musik gibst du keine Chance?
MJ: Du meinst, welche Musik ich nicht mag? Nun, alle Clichés, die man schon hundertmal gehört hat. Die meisten Radiohits, vor allem die HipHop beeinflussten Sachen. Ich bewundere die Sänger, verstehe aber die Musik nicht. Da klingt so vieles gesampled und eintönig, wie so viele "Bands" dieser Art. Dem meisten Country Pop wie Garth Brooks oder Billy Ray Cyrus (Virus!). Dummem Jazz, der nur eine Plattform für selbstgefällige Soli sein soll und das Zeug, das so klingt:
"Mary had a little lamb, little lamb, little lamb. Mary had a little lamb. It´s fleece was white as snow" Saxophon Solo........ .......Gitarren Solo........ ............Keyboard Solo........... ............Schlagzeug Solo........... "Mary had a little lamb, little lamb... usw............The End. Blahhhhhhhhh"
RAGAZZI: Wie komponierst du? Sitzt du zu Hause und denkst dir schräge Noten aus? Oder spielst du ein Instrument und arbeitest an jedem Ton? Wie kommst du auf die Ideen?
MJ: Zumeist stolpere ich beim Gitarrespielen über ein kleines Motiv oder einen Akkord, vielleicht eine Basslinie, die mir gefällt. Ich muß mir vorstellen können, woher es kommt oder wozu es führen wird. Ich stelle mir die Noten im Kopf vor, spiele sie auf der Gitarre, gelegentlich einem Keyboard. Dann versuche ich, aus dieser Idee etwas zu machen. Ich schreibe die Gitarrennoten auf, oder auch die Basslinien, Gesangsmelodien, vielleicht einen Saxophon- oder Keyboardpart. Seit einigen Jahren benutze ich Finale Music Software, um die Ideen direkt aus dem Kopf oder den unfertigen Noten zusammenzufügen. Der Computer spielt die Musik ab und ich kann es einstellen, wie ich es haben möchte. Ich versuche, die verschiedenen Ideen zu verknüpfen, um ein Stück daraus zu machen. Öfter jedoch füge ich die Teile da zusammen, wo sie gerade enden. Ich versuche, die Ideen in einem Stück aufrecht zu halten, sie zu verändern und wieder zu verändern, etc, in neue Ideen zu führen, bis daraus ein Ganzes wird. Oder mir fällt etwas ein, was dazu passt, aber unterschiedlich ist und integriere es, so dass die alte Idee in die neue übergeht. Es ist wie ein Sichannähern an die klassische Musik. Manchmal spukt es in meinem Kopf herum, wenn ich höre, wie der Computer die Noten abspielt und am Ende gelingt es. Bei einigen Ideen weiß ich sicher, was als nächstes kommen muß, oder dass es zu einem Ende geht und dann muß ich einen befriedigenden Abschluß finden.
RAGAZZI: Wer gehört heute zu Thinking Plaque?
MJ: Thinking Plaque ist: Deborah Perry - voice, Dave Willey- bs, acc, Mark Harris - reeds/flute, Matt Mitchell - keyb, related, Dave Kerman - drums. Kerman ist jedoch gerade nach Israel gezogen und ist nicht mehr dabei. Er hat viele andere Projekte, wie Present, Blast und natürlich 5uu´s, mit denen er, wie ich glaube, in Europa auf Tour geht.
RAGAZZI: Habt ihr viel Anerkennung gefunden?
MJ: Das "Guitar World" listet uns unter den 10 besten Progressive Act der 90er Jahre. Wir haben einige gute reviews bekommen, spielten in verschiedenen Colleges und non-profit Radiostationen haben unsere Musik gespielt. Im ersten Jahr haben wir 2000 - 2500 Exemplare von "In Extremis" verkauft, alle 6 Monate kommen 300 Stück dazu. Ich habe gehört, dass "Early Plague" sich gut verkauft. In Italien und Frankreich soll das Interesse an uns besonders groß sein und es gibt Fans in Japan, Südamerika, Polen und Israel.
RAGAZZI: Bob Drake hat mir geschrieben, dass er plant, in der Zukunft wieder mit dir zusammenzuarbeiten. Was denkst du darüber?
MJ: Ja, das will ich auch. Ich weiß, dass er und ich irgendwann wieder eine Platte machen werden, vielleicht nur wir beide, irgendwas in der Art, wie wir es bei den ersten beiden Thinking Plaque Platten gemacht haben, vielleicht ohne Sänger, Keyboarder und Drummer. Ich weiß noch nicht. Wenn du mit Bob arbeitest, dann hast du einen Sänger, Bassisten, Drummer, Gitarristen und Geiger. Und einen großartigen Produzenten.
RAGAZZI: Was machen die ehemaligen Thinking Plaque Mitglieder? Spielen sie in anderen Bands oder machen sie keine Musik mehr?
MJ: Du meinst, warum sie die Band verlassen haben? Vor allem wollten sie ihre eigene Musik und dies an verschiedenen Orten machen. 1989 ging Susanne Lewis nach New York, Bob Drake ging nach Los Angeles. Bob fand heraus, dass es was bringt, wenn er als Recording Engineer in L.A. arbeitet. Wir versuchten, so lang es ging, die Band über große Distanzen zusammenzuhalten, aber andere Dinge haben sie auseinanderfallen lassen. Shane Hotle ging, um als Sound Engineer zu arbeiten. Über die Jahre hat er einiges aufgenommen, ich denke/hoffe, dass er es eines Tages veröffentlichen wird.
RAGAZZI: Bist du weiterhin in Kontakt mit Dave Kerman? Was meinst du über seine neue 5uu´s?
MJ: "Regarding Purgatories" von Dave Kerman/5uu´s ist eine großartige Platte. Wir spielten in Thinking Plaque in Europa auf dem MIMI Festival im Juli, danach auf einigen Shows in Italien. Nach den Shows landeten wir in Frankreich bei Bob Drake zu Hause. Anschließend bin ich in die Staaten und er nach Israel gegangen. Ich habe keinen direkten Kontakt zu ihm, über andere schon und ich denke, wir werden uns bald sprechen.
RAGAZZI: In deiner letzten email hast du geschrieben, dass die neue Musik, an der du arbeitest, nach Gentle Giant klingen wird. Wie meintest du das? Die Vokallinien, die komplexen Arrangements, die Instrumente?
MJ: Um die Wahrheit zu sagen, ich bin mir nicht sicher, wie ich es gemeint habe. Einiges von dem neuen Material jedoch hat die kompositorische Integrität, die mich an Gentle Giant erinnert, aber es wird nicht in derselben Art klingen! Es ist wahrscheinlich nicht gut, darüber zu diskutieren - es ist zu subjektiv und abstrakt.
RAGAZZI: Wie ist dein Leben ausserhalb der Band? Was ist dein Job? Du hast geschrieben, dass du im College bist. Als Lehrer?
MJ: Ich arbeite am College, aber nicht als Lehrer. Ich bin Berater (counselor/advisor). Das Programm, für das ich arbeite, hat nichts mit Musik zu tun, sondern mit Computertechnologie. Es ist ein guter Job, der mir einige Freiheiten lässt und mir erlaubt, Leuten zu helfen, statt sie auszubeuten.
RAGAZZI: Ich habe einige homepages besucht, die in den news schrieben, das TP live spielen. Es gibt einie Menge Bands, die eure Fans sind. Ihr gebt jedoch nicht viele Konzerte. Plant ihr, in Europa in der nächsten Zukunft live zu spielen?
MJ: Wie ich schon sagte, wir haben in Frankreich und Italien im vergangenen Juli/August gespielt. Im letzen Herbst tourten wir durch den Osten und Mittelwesten der USA und im Juni spielten wir auf dem North East Art Rock Festival (NEARFest 2000) in Pennsylvania. Das waren die ersten Shows, die wir in 9 Jahren hatten! Wir können nicht oft touren, es kostet eine Menge, aber ich hoffe, wir werden nach Europa kommen, wenn die nächste StudioCD erscheint und das ist für Frühling 2002 geplant. Es ist sehr schwer zu touren und du verlierst eine Menge Geld, wenn du nicht-kommerzielle Musik spielst. So müssen wir darauf warten, bis wir eine neue Platte und damit genug Interesse und Presse haben. Wie auch immer, wenn wir vorher eine Einladung zu einem guten Festival bekommen, dann werden wir dort auch spielen.
RAGAZZI: Wenn ihr live spielt, nehmt ihr alles auf?
MJ: Wir haben oft mitgeschnitten, zumeist "board mixes" oder über zwei Microphone und auf DAT. Auf dem ProgDay ´99 (Festival in North Carolina) sind wir mit einem 24 Track aufgenommen worden. Ich habe die Tapes nicht gehört, aber die Show hatte eine Menge Energie, obwohl es erst unsere zweite Show seit 1991 war. Im letzen Jahr hatten wir eine sehr gute Show in Chicago, die Stereo aus dem Raum als "Board Mix" aufgenommen wurde. Ich könnte es bearbeiten und mastern für eine mögliche Veröffentlichung, aber der Sound ist nicht gut. Leider sind wir nicht in der Lage, einen Live Sound zu kreieren wir ein großer Produzent oder wie auf CD. Die Arrangements müssen geändert werden, weil wir auf der Bühne nicht so viele Instrumente spielen können. Auf unsereren CDs hörst du in manchen Teilen drei Gitarren, drei oder vier Saxophone und Klarinetten, verschiedene und unterschiedliche Keyboards und übereinanderliegende Stimmen. In Wirklichkeit gibt es nur einen Sänger, einen Gitarristen, einen Saxophonisten, einen Keyboarder. Das geht auf der Bühne nicht, aber wir geben unser Bestes und haben Spaß.
RAGAZZI: Was war das letzte musikalische Highlight, das du gehört/gekauft hast?
MJ: Ich hab´ schon eine ganze Weile keine Musik mehr gekauft. Ein Stück, dass ich immer wieder höre, ist "Angel of Light" vom finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara. Das ist wirklich wunderschön. Rockmusik habe ich eine Weile schon nicht mehr gekauft. Einige Leute schicken mir ihre CDs und manchmal bekomme ich was von Cuneiform. Ich habe CDR-Kopien von Albert Marceour´s vier letzen Platten. Die sind wirklich gut, vor allem "Armes et Cycles" und "Joseph". Ganz erstaunliche Musik, eingängig, innovativ und gut zu merken, was wirklich schwer zu machen ist, eben Marceour. Ich denke, jeder, der progressive Musik mag, sollte sich diese Platten anhören, wenn sie zu finden sind.
RAGAZZI: Deine Zukunftspläne?
MJ: Nichts außer die Musik für die kommende CD zu Ende zu schreiben und dann die CD aufzunehmen. Wie ich sagte, hoffe ich, daß Thinking Plaque mit der neuen CD durch Europa touren können. Wir hoffen, zum Victoriaville Festival in Quebec eingeladen zu werden. Die Pläne für die Musik sehen so aus, dass mehr akustische, organische Sounds zu hören sein werden. Das Akkordion wird eine große Rolle spielen. Ich weiß, das wird einigen Progressive Rock Fans nicht passen, aber wer Thinking Plaque mag, wird dies auch mögen. Ich hoffe, dass der allgemeine Sound weniger bombastisch sein wird als auf In Extremis. Es wird keine Mellotrons oder andere Referenzen an den klassischen ProgRock geben. Ich arbeite an einem frischeren, einer reicheren Soundpalette. Die Musik wird so gut wie auf In Extremis oder besser, dichter und sich geschlossener - hoffe ich. Einiges neue Material hat viele Emotionen, Tiefe und Kompliziertheit.
Volkmar Mantei



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