Letzte Instanz

Warten auf den DJ Bobo Remix

Auch Rockmusiker müssen mit ganz alltäglichen Problemen fertig werden wie ragazzi jüngst in Dresden feststellte. Die Letzte Instanz sollte anlässlich des bevorstehenden Release von "Götter auf Abruf" Rede und Antwort stehen. Doch bevor es soweit war, musste Sänger Robin mit einem übermächtigen Schwarm Wespen um sein Getränk kämpfen. Und dann begann es auch noch zu nieseln - mitten im Jahrhundertsommer. Aber solche Kleinigkeiten können einen mit allen Tourwassern gewaschenen Rockmusiker nicht wirklich aus der Bahn werfen. Und so schnappten wir uns einfach Aufnahmegerät und Kamera, warfen ein Kapuzenshirt über und machten es uns auf den idyllischen Elbwiesen vor der barocken Dresdner Skyline bequem.

ragazzi: "Warum tragt ihr eigentlich so "komische" Namen wie Holly D., Mutti S., Robin? Wie sind sie entstanden?"
Robin: "Unsere "Künstlernamen" sind nicht so verschieden von unseren eigentlichen Namen. Benni Cellini zum Beispiel heißt auch im normalen Leben Benni und Holly D heißt Holger. In diesen Fällen sind es einfach Ableitungen. Bei den meisten ist es ein Name, der einfach zum Charakter passt. Muttis Stolz heißt so, weil er ein Einzelkind ist."
ragazzi: "Die Letzte Instanz ist eine absolute Live-Band, die aktuelle Tournee umfasst immerhin um die 40 Gigs. Wie schafft ihr es, dass es für euch spannend bleibt? Und wird es nicht irgendwann langweilig, wenn man zum hundertsten Mal die gleichen Songs spielen muss?"
Robin: "Spannend ist es allein schon deshalb, weil du jedes Mal vor einem anderen Publikum spielst, das auch immer anders reagiert. Und wenn wir ein Lied nach 150 Mal absolut nicht mehr hören können, lassen wir es einfach raus. Bei "Nachtmusik" von der "Brachialromantik" (erstes Album der Band, Anm. d. Verf.) war das mal so."
ragazzi: "Während einer Tour lebt man ja permanent auf engem Raum. Geht ihr euch da nicht gegenseitig auf den Geist?"
Robin: "Manchmal geht man sich schon auf den Sack. Aber eigentlich finde ich es gut, dass man so eng zusammen ist. Man lernt sich kennen und weiß so auch, wann man dem einen oder anderen besser aus dem Weg geht. Wir verbringen insgesamt vielleicht ein Drittel des Jahres zusammen und haben dann viel Spaß miteinander. Die restliche Zeit macht aber jeder mehr oder weniger sein eigenes Ding."
ragazzi: "Wie bereitet ihr eure Tourneen vor? Wie aufwändig ist das Ganze?"
Robin: "Als "Götter auf Abruf" fertig war, haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir das Ganze live umsetzen wollen. Wie soll die Bühnenaufstellung sein, wie die Lichtshow. Dieses Mal wird es auch Videoprojektionen geben und Specials zu einzelnen Songs. Bei einem Lied werde ich sogar zaubern, doch mehr will ich noch nicht verraten."
ragazzi: "Der große Teil des Publikums auf euren Konzerten trägt schwarz. Macht ihr eure Musik hauptsächlich für die schwarze Szene? Wie wichtig ist euch "Breitenwirkung"?"
Robin: "Wir machen unsere Musik nicht nur für die schwarze Szene. Dass wir viel in dieser Szene gehört werden, hängt damit zusammen, dass wir mit "Das Spiel" in vielen Medien vertreten waren, die gerade die schwarze Szene unterstützen. Sicher hängt es auch mit unserem Äußeren, unserer Show und unserer Musik überhaupt zusammen. Aber wir waren nie selbst in dieser Szene. Wir wissen inzwischen natürlich, dass wir dort ein großes Publikum haben. Wir lassen uns da aber keine Ketten anlegen und bedienen bewusst diese Leute. Wir machen unsere Musik und wem sie gefällt, der sei willkommen."
ragazzi: "Geht es euch dann darum, möglichst viele Leute mit eurer Musik zu erreichen, möglichst viele Platten zu verkaufen und möglichst weit oben zu stehen in den Charts?"
Robin: "Wir machen ja alternative, unabhängige Musik. Das bedeutet genau so unabhängig von der Szene wie von rein kommerziellen Aspekten. Wir versuchen, einfach eigenständige Sachen zu machen. Vielleicht gefällt das ja mal allen. Man weiß es nicht. Aber diese Absicht steckt nicht dahinter."
ragazzi: "Euer neues Album heißt "Götter auf Abruf". Warum?"
Robin: "Damit man sich genau diese Frage stellt. Und es steckt auch eine Sinnfrage dahinter, die zentral ist auf der gesamten Platte. Der Titel ist außerdem eine Klammer, um die Songs der Platte miteinander zu verbinden."
ragazzi: "Woher kommen die neuen musikalischen Ideen auf der aktuellen Scheibe beispielsweise die HipHop Elemente?"
Robin: "Wir hatten bereits seit längerem viele neue Ideen, die wir konsequent umsetzen wollten. Eine davon war der HipHop Gesang."
ragazzi: "Habt ihr keine Angst, eure Fans damit zu verschrecken?"
Robin: "Wir bauen da auf Toleranz. Natürlich ist es gerade für die schwarze Bevölkerung ein gewagter Schritt. Ich glaube aber, dass es trotz des HipHop noch immer ein Instanz-Song ist."
ragazzi: "Gibt es in musikalischer Hinsicht etwas, das absolut tabu ist für die Letzte Instanz?"
Robin: "Nein. Wir haben schon so viel ausprobiert und versuchen auch, jedes Mal etwas Neues zu finden. Ich weiß gar nicht, was wir noch nicht gemacht haben. Polka vielleicht. Wobei - auch das wäre mal eine interessante Sache..."
ragazzi: "Auf "Kalter Glanz" gab es weibliche Vocals, u.a. von Marta (Die Happy). Warum fehlt dieses Element auf der neuen Scheibe?"
Robin: "Wir hatten es mit einer Sängerin probiert, aber das passte nicht. Also haben wir dann diese Platte konsequent ohne Gastsängerin gemacht. Außerdem schaffst du es meist nicht, die Sängerinnen mit auf Tour zu nehmen. Dieses Mal haben wir mit einem Kinderchor gearbeitet, der aber auch nicht mit auf Tour geht. Vielleicht wird er jedoch bei den Konzerten in Dresden und Berlin mit dabei sein."
ragazzi: "Robin, deine Texte wirken sehr persönlich. Wie viel von dir selbst steckt da drin?"
Robin: "Sie sind zu 100 Prozent persönlich. Allerdings sind es nicht immer direkte Erfahrungen, sondern auch Geschichten, die zu bestimmten Erfahrungen von mir passen. Manchmal kommen die Ideen auch aus der Zeitung oder aus Märchen wie bei "Der Kaiser"."
ragazzi: "In "Jeden Morgen" geht es um den Sinn des Lebens. Ist der Song entstanden auf Grund einer persönlichen Sinnkrise?"
Robin: "Ich denke, die ganze Gesellschaft hat eine Sinnkrise, deshalb auch ich. Und da muss man diese Frage einfach mal stellen."
ragazzi: ""Jeden Morgen" hätte sicher das Potenzial zu einer Singleauskopplung. Wie wichtig sind euch Singleauskopplungen und Videos?"
Robin: "Die Remixe, die meist mit auf einer Single sind, finde ich interessant. Aktuell ist keine Singleauskopplung geplant. Wenn DJ Bobo allerdings sagt, er möchte einen Remix von "Jeden Morgen" machen, soll er dies ruhig tun. Vielleicht machen wir ja dann eine Single. Von der letzten Scheibe gab es "Kopfkino" als Singleauskopplung und auch als Video, das u.a. auf ONYX lief. Mit einem Video bekommst du noch einmal eine andere Öffentlichkeit. Zu der neuen Platte gibt es vielleicht ein Live-Video."
ragazzi: "Könnt ihr inzwischen von eurer Musik leben?"
Robin: "Da wir immer mit 14 Leuten auf Tour sind, bleibt für den einzelnen nicht genug übrig. Daher machen wir es noch nicht hauptberuflich. Unser Ziel ist aber schon, von der Musik leben zu können."
ragazzi: "Wo steht die Letzte Instanz im Jahre 2013?"
Robin: "In jedem guten CD Regal."
ragazzi: "Und die Band?"
Robin: "Wir werden auf jeden Fall versuchen, weiterhin gute Platten zu machen. Von den Stones kennt man immer noch "Satisfaction". Vielleicht sind ja 2013 noch Lieder von der "Götter auf Abruf" bekannt."

Stefan




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