FRANTIC BLEEP

Einfach mal anders

Wer mit seinem Debüt einen derart souveränen Auftritt hinlegen kann wie die vier Jungs von Frantic Bleep, hat entweder mehr Glück als Verstand - oder etwas in petto, was sich tatsächlich meilenweit vom Alltagseinerlei des Genres abhebt. Warum das neue Album der Norweger beinahe überall auf Begeisterung stößt, dem versuchte Gitarrist Øyvind Sundstrøm im folgenden Interview gemeinsam mit mir auf den Grund zu gehen.




ragazzi: "Ich muss ehrlich sein, bis ihr vor kurzem praktisch (zumindest für mich) aus dem Nichts aufgetaucht seid, habe ich noch nie von euch noch von euren anderen Projekten gehört. Kannst du mir sagen, was für andere Projekte ihr habt?"
Øyvind: "Über die Jahre hinweg haben wir in vielen Bands gespielt, aber in keinen, die irgendwie bekannter sind. Die einzige Band, von der man vielleicht mal gehört haben könnte ist Madder Mortem, wo Paul Bass gespielt hat. Wir haben auch noch andere Projekte, und vielleicht werden sie bekannter, wenn in ihnen etwas interessantes passiert. Bisher waren wir jedenfalls mit recht vielfältigen Projekten beschäftigt."
ragazzi: "Zieht der Stil, den Frantic Bleep spielen, mehr Leute an? Oder ist es einfach nur eine Sache der Promotion?"
Øyvind: "Ja, wir versuchen, Hörer zu werben, nicht nur mit unserer Musik, sondern auch mit unseren Plattencovern, dem Bandnamen und so weiter. Ich glaube, dass einige originelle Bands das Potential haben, mehr Leute anzusprechen. Bands wie Opeth, Dillinger Escape Plan und Meshuggah werden immer populärer. Es scheint, dass die Leute langsam keinen Bock mehr auf die stetige Wiederholung in der Metalszene haben. Die meisten Bands dort draußen sollten eigentlich gar keine Alben veröffentlichen dürfen. Promotion ist sehr wichtig, und wir wollen, dass so viele Leute wie möglich unsere Musik hören. Die Leute, die wir ansprechen, wollen wohl mal etwas anderes als immer die selben unoriginellen Bands, die zur Zeit den Markt überfluten."
ragazzi: "Wie ist die Band zusammengekommen, wie habt ihr euch kennengelernt?"
Øyvind: "Wir kannten uns alle von anderen Projekten, es war also ein natürliches Gefühl, zusammen zu spielen. Ich kannte Patrick über unseren alten Schlagzeuger. Wir begannen damit, zu ein paar verschiedenen Riffs zu jammen und veröffentlichten die Demo 'Fluctuadmission' ein Jahr später. Pat und ich sind jetzt die einzigen ursprünglichen Mitglieder in der Band."
ragazzi: "Ihr habt einen einzigartigen Sound, und ich will euch nicht mit irgendwelchen anderen Bands vergleichen, ob sie nun 'avantgarde' sind oder nicht. Es könnten vielleicht ein paar Arcturus/Ulver-Einflüsse da sein, aber insgesamt beeindruckt es mich, dass ihr einen derart ausgeprägten Sound in so kurzer Zeit entwickeln konntet. Wolltet ihr genau so klingen, als ihr die Band gegründet habt?"
Øyvind: "Wir klingen so anders, weil wir viel unübliche Musik hören. Wir denken nicht darüber nach, ob wir originell sind oder nicht, es kommt einfach so heraus. Es ist wichtig für uns, anders zu klingen und wir bringen immer neue Einflüsse in die Band. Das Wichtigste ist für uns, hochwertige Songs zu schreiben, die interessant und abwechslungsreich sind. Wir haben die Demo als Plattform benutzt, um unseren Stil zu finden und wir haben ihn im Song 'Mandaughter' gefunden. Nie denken wir darüber nach, was für einen Stil wir spielen, es wird eben immer recht originell, wenn an neuem Material gearbeitet wird."
ragazzi: "So weit ich das sehe, war das bisherige Feedback zu 'The Sense Apparatus' wirklich fantastisch. Habt ihr je erwartet, so eine Wirkung zu zeigen?"
Øyvind: "Das Feedback war großartig bisher, wie du schon sagtest. Ich denke, die meisten Metalfans können auf diesem Album etwas für sich entdecken, weil es eben so abwechslungsreich ist. Irgendwie haben wir erwartet, da wir das Album wirklich lieben. Es wäre also logisch, wenn andere das auch tun würden. Es hört sich auch wirklich nicht wie ein Debütalbum an, insofern hat es sicherlich auch viele Leute überrascht."
ragazzi: "Ich konnte mich nicht mit den Texten im Detail beschäftigen, aber ich nehme mal an, dass das Konzept von 'The Sense Apparatus' ein eher futuristisches ist, ich könnte es mir gar als Soundtrack zu einem Film wie Blade Runner oder Dark City vorstellen. Ihr scheint viele Metaphern zu benutzen, und durch diese und auch durch eure Musik als Einheit versprüht das Album ein Gefühl von Distanz und Kühle. Somit scheint der Titel auch berechtigt zu sein. Was wolltet ihr mit der Musik und mit den Texten ausdrücken?"
Øyvind: "Man könnte das Album als Konzeptalbum bezeichnen, aber nur wegen dem zugrundeliegenden Thema. Die Musik ist nicht Teil dieses Konzeptes. Man könnte es unter Umständen als solchen verstehen, aber das haben wir nie beabsichtigt. Die Lyrics sind recht metaphorisch ausgelegt und geben einen philosophischen Blick auf die menschlichen Sinne wieder. Sie sind recht schwierig zu verstehen, weil sie eben, wie du sagtest, viele Metaphern benutzen. Das Konzept an sich handelt davon, wie die menschlichen Sinne im täglichen Leben antworten und arbeiten. Wie wir in verschiedenen Situationen reagieren, wie das Innere mit dem Äußeren zusammenarbeitet und so fort. So ist das Konzept von 'The Sense Apparatus' verbunden. Das Artwork ist recht kalt und futuristisch, ja. Wir wollten einfach ein Cover, das sich von den anderen Metalcovern abhebt. Wie die Leute die Message des Albums interpretieren wollen, bleibt ihnen überlassen."
ragazzi: "Denkst du, es ist wichtig, manchmal vielleicht auch notwendig für den Hörer, die Texte vollständig zu begreifen und auf diese Weise der Musik eine weitere Ebene hinzuzufügen? Welche Rolle spielen die Texte im Vergleich zur Musik?"
Øyvind: "Bei uns kommt immer zuerst die Musik, aber natürlich sind die Texte auch wichtig. Wenn jemand sich mit ihnen beschäftigen will, finde ich das toll, aber ich glaube, dass Metalfans generell nicht so sehr auf die Texte achten. Es ist wichtig, gute Lyrics zu haben, aber es ist mehr ein Bonus. Die Hörer sollten also die Musik genießen können, ohne die Lyrics analysieren zu müssen."
ragazzi: "Wer schreibt denn die Texte in der Band, woher kommen die Ideen?"
Øyvind: "Paul hat die Texte für dieses Album geschrieben. Ich nehme mal an, er nimmt sich überall Ideen her, auch von recht einzigartigen Quellen. Zum Beispiel ist der Titel vom Song 'Mandaughter' einem norwegischen Märchen entnommen."
ragazzi: "'Frantic Bleep' ist ja irgendwie ein recht eigenartiger, aber interessanter Bandname. Wurde er nur mehr oder weniger zufällig gewählt, oder war es eine bewußte Entscheidung - was steckt dahinter?"
Øyvind: "Wir wollten einen unüblichen Bandnamen, da wir nun mal eine unübliche Band sind. Der Name macht auf uns aufmerksam und ein klischeehafter Name würde uns wohl nicht so gut zu Gesicht stehen. Der Name kann für verschiedene Leute verschiedene Dinge bedeuten. Wir haben ja durch ihn schon Aufmerksamkeit erhalten, es scheint also gut zu funktionieren... Ich denke, der Name passt zu unserer Ideologie, die Dinge interessant und außergewöhnlich zu halten."
ragazzi: "Das ganze 'Avantgarde'-Metal-Genre scheint immer populärer zu werden, besonders in Skandinavien, dort habt ihr Bands wie Vintersorg, Borknagar, Arcturus - fühlt ihr euch von ihnen beeinflusst?"
Øyvind: "Ja, diese experimentellen Bands scheinen in letzter Zeit aus Norwegen zu kommen. Es scheint, als würden viele Bands langsam erwachsen werden und auch andere Einflüsse finden. Das interessante daran ist, dass viele dieser Bands als einfache Black Metal Bands begonnen haben. Ich glaube, diese Entwicklung ist sehr positiv und macht die Szene besser und interessanter. Und nein, wir hören uns diese Bands nicht wirklich an."
ragazzi: "Könnte der Stil, der von den genannten Bands gespielt wird, zwar zur Zeit einzigartig und neu sein, sich aber vielleicht auch irgendwann abnutzen, genau wie beim "Progressive Metal", wo sich ironischerweise hunderte Bands auf fast den selben Stil eingeschossen haben?"
Øyvind: "Nein, da kann ich nicht wirklich zustimmen. 'Prog Metal' ist in der Tat der Begriff, den man Bands, die Dream Theater sein wollen anheftet. Aber den Begriff 'Avantgarde' benutzt man im Zusammenhang mit Bands, die in keines der anderen Genres gehören. Die 'Avantgarde'-Bands hören sich überhaupt nicht ähnlich an, also glaube ich nicht, dass dort dasselbe passieren kann. Aber wer weiß, was noch passiert."
ragazzi: "Wenn nicht durch Bandvergleiche und Stilkategorisierungen, wie würdest du eure Musik jemandem beschreiben, der sie noch nie gehört hat, der vielleicht mit Metal überhaupt nichts am Hut hat?"
Øyvind: "Das ist eine schwere Frage. Die Majors picken sich wahrscheinlich wieder ein Untergrundphänomen heraus und machen es zum nächsten großen Trend, und ich denke, genau das wird in den nächsten Jahren wieder passieren. Was in 10 dann populär ist, keine Ahnung, aber es scheint der nächste Trend im Mainstream ist Gothic Metal, und der nächste Trend bei der Rockmusik sind all diese Garage Rock Bands. Ich glaube, der Nu Metal wird in einigen Jahren tot sein, aber die großen Bands dieses Genres werden dennoch ihre Alben veröffentlichen. So wie der Glam Rock Anfang der Neunziger wird das Genre wohl nicht sterben."
ragazzi: "Habt ihr schon live gespielt, werdet ihr vielleucht on Tour gehen, oder ein Festival besuchen?"
Øyvind: "Das einzige, was schon gebucht wurde ist ein Festivalgig hier in Norwegen. Aber ich hoffe, dass wir später auch ein wenig touren können. Wir haben jetzt ja ein neues Line-up und somit können wir auch live spielen, wozu wir bisher noch nicht die Gelegenheit hatten."
ragazzi: "Wie sehen eure Zukunftspläne denn so aus?"
Øyvind: "Wir arbeiten zur Zeit mit unserem neuen Line-up an neuen Songs und hoffen, diesen Sommer damit beginnen zu können, das zweite Album aufzunehmen. Auch ein paar Shows wollen wir in diesem Jahr noch spielen."
ragazzi: "Danke für das Interview, und viel Erfolg."

Timo




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