Roine Stolt - The Flower Kings

Interview mit Roine Stolt im Hamburger Logo am 30.11.2002 um 17.30 Uhr vor dem Konzert der Flower Kings

Der Anlass ist klar: neues Album der Flower Kings samt Europatournee, diverse Soloprojekte der einzelnen Band-Musiker und etliche Musikproduktionen - wie macht der Mann/die Band das nur? Die Fragen stapeln sich. Jedoch viel Zeit hatte ich nicht. Roine Stolt, der Tournee und etlicher Interviews sichtlich müde, räumte mir backstage in einem Durchgangsraum Zeit ein. Jonas Reingold, der mit seinem Karmakanic-Projekt gerade Aufsehen erregt, gesellte sich im Laufe der Zeit hinzu. Roine Stolt erwies sich zum wiederholten Mal als interessanter Gesprächspartner, der erstaunlich auskunftsfreudig war. Leider musste das Interview abgebrochen werden, weil auf der Bühne einiges zu arrangieren war. Aber Jonas Reingold blieb noch ein paar Minuten und
fließend ging es zu seinem Soloprojekt Karmakanic über.

ragazzi: "Seit 1993 gibt es jedes Jahr ein neues Album, etliche doppelte darunter und alle randvoll. Wie machst Du das nur?"
Roine: "Das ist die am häufigsten gestellte Frage. Die Frage ist jedoch ganz leicht beantwortet: es ist mein Lebensunterhalt. Frage einen Zahnarzt, warum er jeden Tag arbeiten geht..."
ragazzi: "...aber es nicht nur ein Job für Dich!?"
Roine: "Nein, es ist auch mein Beruf, aber vor allem mein Hobby. Ich bin froh, als Musiker arbeiten zu können. Ich werde nie damit aufhören."
ragazzi: "Und immer wieder entstehen dabei so großartige Songs. Das läuft doch sicher nicht so einfach...."
Roine: "Nein, dazu gehört schon eine Portion Talent. Ohne das würde ich nicht hier sitzen. Ich weiß eine Menge darüber, Songs zu schreiben, das Gefühl dafür zu haben, was richtig ist. Ich habe viel darüber gelernt. Es ist schwierig für mich, darauf zu antworten... Es ist ganz natürlich. Die Ideen kommen und ich arbeite daran. Ich denke nicht viel darüber nach. Es ist wie mit einem Feuerwehrmann, der Feuer löscht. Er macht seinen Job, weil er weiß, was zu tun ist. Oder wie Auto fahren..."
ragazzi: "...es ist eine ganz normale Sache."
Roine: "Ja, eine normale Sache. Ein großer Teil meines Lebens. Ich lebe dafür, Musiker, Komponist zu sein, Aufnahmen zu machen, auf Tournee zu gehen, Musik zu produzieren, neue Ideen zu haben, um weitere Aufnahmen zu machen. Es gibt kein Konzept oder Vorschriften, egal welcher Art. Es ist wie eine gut arbeitende Firma. Du musst die richtigen Entscheidungen treffen und Du musst wissen, was los ist in der Band. Je weiter es geht, um so komplizierter wird es. Es gilt, größere Risiken einzugehen. Ich verdiene mehr Geld und gebe mehr Geld aus, habe Verantwortung für viele Leute. Wenn wir nach Hause kommen, muss ich die Band bezahlen, den Bus, den Manager..."
ragazzi: "Du musst bezahlen, nicht die Plattenfirma?"
Roine: "Nein, ich muss alles bezahlen. Ich bekomme das Geld und ich zahle. Für alles. Ich trage für alles die Verantwortung. Es läuft natürlich einiges falsch, ich mache Fehler. Ich habe eine Menge Spaß, aber auch Ärger und Druck. Es ist ein ernsthaftes Geschäft."
ragazzi: "Trotzdem findest Du Befriedigung mit der Musik?"
Roine: "Ja."
ragazzi: "Gibt es ein Problem mit Deiner Familie, Deiner Frau, Deinen Kindern, wenn Du auf Tour gehst?"
Roine: "Nein. Nie. Rate mal, warum ich lachen kann! Ich bin mir sicher, dass es Typen gibt, die ständig auf Tour gehen und nach ein paar Jahren kommt die Scheidung. Die Frauen haben es satt, einen Typen zu haben, der immer unterwegs ist. Aber das hat nichts mit mir zu tun. Das macht mich wirklich froh. Ich habe die volle Unterstützung meiner Frau. Ich versuche natürlich, nicht zu lange unterwegs zu sein. 3 Wochen ist das Maximum. Im Frühling gehen wir wieder auf Tour, nach Südeuropa, Spanien, Portugal. Man muss es clever anstellen, und vor allem gemeinsam entscheiden. Ich sprech die Jungs in der Band an und frage, wie wär´s mit einer Tour im April. Sie geben ok und so läuft es. Ich versuche, der Kopf der Firma zu sein. (lacht) Der Präsident."
ragazzi: "Die Flower Kings sind also nicht so etwas wie eine Familie, sondern so etwas wie eine Firma?"
Roine: "Ich bin die Firma. Ich bezahle sie. Dafür, live zu spielen, die Aufnahmen einzuspielen. Für sie ist es ein normaler Job. Sie sind bei mir eingestellt und bei einigen anderen auch. Aber wenn wir zusammen spielen, ist es, wie wenn 5 oder 6 Freunde sich treffen. Ich meine, ich gebe nicht den Boß und sie spielen die Angestellten. Das hat seine guten und schlechten Seiten. Sie wissen, dass der Rubel rollt. Egal, ob die CDs sich verkaufen, ob die Tour läuft, sie bekommen ihr Geld. Auf Tour verdiene ich kein Geld, es kostet nur."
ragazzi: "Touren kostet nur?"
Roine: "Ja."
ragazzi: "Kein Profit?"
Roine: "Nein."
ragazzi: "Geld machen nur die CDs?"
Roine: "Ja. Nur die CDs."
ragazzi: "Mögen sie Deine Musik oder sagst Du ihnen, was sie spielen sollen und sie machen ihren Job?"
Roine: "Ich denke, jeder in der Band mag sehr viel und unterschiedliche Musik. Aber ich meine schon, dass sie meine Musik mögen. Wenn Du mitten drin bist, merkst Du natürlich nicht immer, wieviel Dir von außen in den Kopf fließt. Ich meine, ich stelle mir vor, dass eine Band - die nicht total Free Jazz ist - exakt genau das spielen kann, was sie will. Eine Rockband zu sein, bedeutet, eine extreme Menge Freiheiten zu haben. Sie können Schlagzeug oder Bass spielen, wie sie wollen. Sie können probieren, einen Solo-Spot zu bekommen. Ich meine, es ist in jeder anderen Pop- oder Rockband schwieriger, eigenes zu spielen, einen eigenen Beat oder ein eigenes Muster zu finden. Ich gebe ihnen sehr viele Freiheiten. Wenn ich das nicht täte, wäre es eine komplett andere Band. Die Flower Kings sind eine gute Band für jeden Musiker, der etwas aus sich machen will, sich ausprobieren will."
ragazzi: "In diesem Jahr gab es eine Menge Solo-Alben. Warst Du in alle Projekte involviert?"
Roine: "Nein, nicht wirklich. Am meisten war ich bei Flying Food Circus (Hasse Bruniussons Solo-Album - d.Red.) involviert."
ragazzi: "Ein wirklich gutes Album."
Roine: "Ja, wirklich. Dort habe ich am meisten mitgearbeitet. Ich meine, es war Hasse´s Solo-Album, aber er meinte, ich sollte es produzieren. Bei Jonas Album (Karmakanic - d.Red.) wurde ich nur aufgefordert, zu singen."
ragazzi: "Und Du hast kein Stück am Karmakanic-Album komponiert?"
Roine: "Nein, nichts."
ragazzi: "Aber es klingt sehr nach Deiner Art, zu komponieren..."
Roine: "Einige Songs, ja. Es ist halt auch meine Art, so die Gitarre zu spielen. Aber er hat die Songs geschrieben. Ich habe nur ein paar Arrangements verändert und die Lyrics für den ersten Song geschrieben. Ansonsten ist es komplett Jonas Arbeit. Ich war nur normaler Sessionmusiker."
ragazzi: "Hattest Du Spaß an den Aufnahmen? Es klingt, gerade in "Cyberdust From Mars", als hättest Du ordentlich Spaß daran gehabt, mal einen härteren Song zu spielen."
Roine: "Ja. Zuerst, als Jonas mich fragte, dachte ich, es wäre nicht richtig für mich, etwas in der Art zu machen. Aber ich mag es. Er gab mir die gleiche Freiheit, die ich ihm bei den Flower Kings gebe. Er meinte, ich könnte machen, was immer ich in den Songs tun wollte. Wir versuchten es. Ich spielte die Gitarre, probierte einige Sachen aus, sang die Lyrics und die Chemie stimmte. Aber bei den anderen Projekten war ich nicht involviert. Mit Tomas Solo-Album (PinUp Guru - d.Red.) habe ich nichts zu tun. Ganz zu Anfang, als er mich fragte, ob ich wieder bei ihm spiele, meinte ich, es sei für ihn an der Zeit, ein Album im Trio aufzunehmen, nur Keyboards, Bass und Schlagzeug. Er schaute mich erst seltsam an, aber dann meinte er: mhm, ja, das ist vielleicht keine schlechte Idee... Ich versuchte, Abstand davon zu nehmen, auf dem Album mitzuspielen, weil es weniger mit mir zu tun hat. Ich spiele zwar mit Karmakanic, Flying Food Circus, Kaipa und Transatlantic, aber das hat auch was mit Roine zu tun. Es gab ihm die Chance, einen eigenen Stil zu finden, so dass es nach Tomas klingt."
ragazzi: "Um Kaipa anzuschneiden: wie war es, wieder mit Hans Lundin zusammen zu arbeiten. War es wie in den Siebzigern oder ganz anders?"
Roine: "Nein, es wird nie wieder so sein, wie in den Siebzigern. Er kam zu mir mit den fertigen Songs, spielte mir eine Kassette vor und fragte, ob was gutes dabei sei. Ich hörte es mir an, pickte einiges heraus und darauf konzentrierten wir uns. Er wollte Vorschläge, wie die Songs einzuspielen wären, welche Parts gut wären und welche raus müssten. Wir spielten einige Sessions, hörten es uns immer wieder an und das war´s erst einmal. Mehr machte ich erst einmal nicht. Ich versuchte, ihn zu beraten. Er hatte die Idee, fett zu orchestrieren. Er wollte zu viel auf einmal. Elektrisches Piano, Hammond Organ, Mellotron und Syntheziser - jede Menge Spuren übereinander. Ich sagte, so geht das nicht. So kannst Du keinen Song anfangen, das ist zu dick, zu viel auf einmal. Wie soll das weitergehen mit dem ganzen Song?! Das ist langweilig und kein Mensch kann zuhören. Er hat 15 Jahre lang keine Alben aufgenommen. Er hat seinen Plattenladen und brauchte erst mal ein Update. Es ist längst nicht wie in den Siebzigern. Man muss heute vieles wissen, es geht alles lockerer zu. Es gibt viele gute Bands, sehr gut produziert. Er musste sich einiges anhören, ich gab ihm etliche Tipps. Aber letztlich ist es sein Baby, ich spiele die Gitarre und helfe ein bischen mit. Ich produzierte es und veränderte einiges. Jetzt, beim zweiten Album, hat er eine Menge gelernt. Er weiß, dass ich auf andere Art arbeite..."
ragazzi: "...wird es ein zweites Kaipa-Album geben?"
Roine: "Ja. Wir arbeiten gerade daran. Ich denke, er steigt immer tiefer ein. Er setzt sich viel damit auseinander, aber das muss er auch. Das Schlagzeug setzt zu schnell ein, der Song wird zu lang oder ein anderes Tempo sollte verwendet werden und ich sage: Stop! Warte! Hör´s Dir nochmal an. Wir hatten mit dem letzten Kapia-Album gute reviews und das hat ihn angestachelt. Aber, ich meine, es gibt so viele Bands mit guten reviews. Das sagt mir noch nicht, dass das Album wirklich gut ist. Die Flower Kings haben immer und überall fantastische reviews, aber das bedeutet nicht, dass ich meine, es sei die beste Band und alles läuft fantastisch und es gibt nichts zu ändern."
ragazzi: "Gibt es ein Album oder einige Songs der Flower Kings, die Du nicht magst?"
Roine: "Nein, ich mag sie alle. Es gibt einige Stellen oder Arrangements, die ich nicht so sehr mag, aber ich höre mir nicht ständig die alten Sachen an. Ich kann nur probieren, es mit neuen Aufnahmen anders, besser zu machen. Als ich mit Hasse (Bruniusson, d.Red.) gearbeitet habe, merkte ich schnell, dass er lebhafter zur Sache geht, ich muss alles durchdenken. Er will schnell einen Song aufnehmen und ich sage: stop! Überlege mal. Der Song, die Komposition ist noch nicht fertig. Songs einzuspielen, zu arrangieren und zu orchestrieren, bedeutet, vorher genau zu wissen, an welche Stellen bestimmte Teile kommen sollen. Das muss einfach stimmen. Wenn Du mit Kompositionen arbeitest, an denen nicht alles in Ordnung ist, dann musst Du daran arbeiten, bis alles passt. Das mag ich nicht. Ich versuche nicht, Dinge reinzubasteln oder verschiedene Sounds, Effekte und solches Zeug darüberzupacken, um fehlerhafte Stellen zu übertünchen. Ich mag diese Art Arbeit nicht. Wenn Du einen Song hast, der über 30 Minuten läuft, dann musst Du ein flüssiges, antreibendes Arrangement finden, damit es nicht langweilig wird. Das ist das beste von allem. Es ist die Zeit wert, daran zu arbeiten. Ich höre mir die Sachen an, um beim nächsten Mal druckvollere Songs zu schreiben, die Lyrics zu verbessern, ein besseres Album einzuspielen."
ragazzi: "Für mich ist "Unfold The Future" ein besseres Album als "The Rainmaker", es hat mehr Jazz, Kraft, verrückte Stellen. Wird es mehr davon geben?"
Roine: "Wenn Du die Flower Kings betrachtest, merkst Du, dass wir ein großes Publikum haben. Ein wachsendes Publikum. Die verschiedensten Leute hören unsere Musik. Einige kommen von Fusion/Jazzrock, einige aus dem experimentellen Lager, die Zappa, Univers Zero oder Magma mögen. Die meinen, "Stardust We Are" oder "Church Of Your Heart" seien argh!, schrecklich. Das ist Popmusik, nichts für mich. Aber das Publikum ist breiter, unterschiedlicher. Es gibt Hörer, die das Symphonische, den simplen ProgRock mögen. Andere mögen die Fusion-Parts, die Improvisationen und die schrägen Jams. Hoffentlich wird das noch wachsen. Es gibt nicht nur ein Publikum, nicht den typischen Flower Kings Fan. Sehr unterschiedliche Leute sind glücklich mit unserer Musik. Um auf die Frage zurückzukommen, es ist ein Risiko, mehr von den schrägen Sachen zu spielen. Wir werden sehen, ich weiß es noch nicht. Mal sehen, wie es kommt. Für das nächste Album werden wir sicher wieder solche Sachen, wie Du sie angesprochen hast, spielen. Aber nicht alle lieben es. Wie zum Beispiel das Trompeten-Stück "Devils Playground"."
ragazzi: "...ein tolles Stück!"
Roine: "Ja, ich liebe es! Aber einige Fans sagen, das sei zuviel für sie. Sie verstehen es nicht."
ragazzi: "Wer bringt die Jazz-Einflüsse ein?"
Roine: "Sie kommen von allen zusammen. Ich mag es. Frühere Musiker der Band wie Jaime konnten das nicht verstehen. Es war für ihn wie Musik von einem anderen Stern. Er mochte nicht improvisieren und wartere nur darauf, wieder einfacheres Songmaterial spielen zu können."
ragazzi: "Der neue Schlagzeuger, Zoltan, geht anders daran?"
Roine: "Ja. Jonas und Zoltan in der Band zu haben, verändert einiges. Ich kann mit Jonas auf ganz andere Art über Musik sprechen, als ich es mit Jaime konnte. Mit Zoltan ist es genauso. Es ist eine wirkliche Gemeinschaft. Wir mögen dieselbe Musik, das ist wie mit Sprache. Wir verstehen uns einfach. Ich habe jetzt die richtigen Leute, mit denen ich perfekt kommunizieren kann. Die jazzigen Sachen, Fusion-Parts sind ein Resultat unserer gemeinsamen Musiksprache. Wir können jammen, wir können Sachen kreieren, in denen jeder spielt, was er will! Ich gebe ihnen die komplette Freiheit, zu spielen, was sie wollen. Den Trompeter hatte ich nie zuvor gehört. Sie schleppten ihn an und ich vertraute drauf. Er ist einer der besten Trompeter von Schweden, vielleicht einer der besten der ganzen Welt. Und ich sagte ok, gute Idee. Jonas und er spielten, was ihnen so in den Kopf kam..."
Jonas: "...etwa 10 Prozent Arrangement und 90 Prozent Improvisation."
ragazzi: "Einer der besten Songs des neuen Albums ist das 10minütige "Too Late For Tomatoes", das es nur als Bonustrack auf der limitierten Edition von "Unfold The Future" gibt. Ein fantastischer Fusion-Track. Warum gibt es das Stück nur auf der limitierten Eiditon?"
Roine: "Es ist eine Jam Session. Im Studio nahmen wir das Schlagzeug auf..."
Jonas: "...am letzten Tag..."
Roine: "...genau. Wir waren gute Jungs und hatten noch 3 oder 4 Stunden Zeit übrig. Alles war fertig. Zoltan saß am Schlagzeug. Also stöpselte Jonas seinen Bass ein, ich meine Gitarre und Tomas den Syntheziser und ich meinte, lasst uns eine Weile jammen! Auf dem Album gibt es noch zwei weitere Tracks der selben Jam-Session: "Christianopel" und "Soul Vortex". Der Unterschied zwischen diesen beiden Stücken und dem Bonus-Song ist, bei den beiden haben wir exakt gespielt, was wir wollten. Nichts wurde verändert, geschnitten oder so. Es ist exakt das, was wir wollten. "Too Late For Tomatoes" war einfach nur Spaß. Ich hatte eine vage Vorstellung. Aber es wurde ein volles Arrangement. Es funktionierte."
ragazzi: "Besteht die Chance, dass ihr ein ganzes Album solcher Sachen aufnehmt?"
Jonas: "Wir werden in der Zukunft sicher wieder solche Sachen aufnehmen. Man braucht dazu den richtigen Moment. Es ist eine Sache der Stimmung. Das kann man nicht planen. Es kann passieren, dass solch ein Stück 10 oder 17 Minuten lang wird, aber das ist sehr schwierig. Und es wird nicht klappen, wenn Du nicht einen sehr sehr guten Tag hast, ein ganzes Album davon aufzunehmen! Es wird langweilig, wenn die Chemie nicht stimmt. Solche experimentellen Sachen brauchen ein gutes Gefühl, die richtigen Sachen im richtigen Moment zu spielen. Und sehr gute Musiker."
Roine: "Wir wollen abwarten, was die Leute zu solchen Sachen sagen. Es ist sehr riskant. Viele Journalisten fragen danach und erwähnen es in den Interviews. Ich mag die jazzigen Sachen, meine Musiker mögen es, die Journalisten und auch ein Großteil der Fans, aber nicht alle. Es ist ein Experiment, wir müssen sehen, was dabei herauskommt, wie die Leute das sehen. Ich bin mir sicher, dass wir längst nicht soviele CDs davon verkaufen würden wie mit den Flower Kings Alben. Das genau zu wissen, wäre allein schon ein guter Grund, es zu tun."
ragazzi: "Spielt ihr diese Jazz-Sachen auch live?"
Roine: "Nein, wir werden vieles spielen, wie wir es aufgenommen haben. Wir konzentrieren uns auf die Songs, das Konzert wird etwa 3 Stunden dauern. Sicher werden wir auch jammen und improvisieren. Schlagzeug, Bass und Keyboards werden nicht genauso gespielt, wie in den Studiosongs."
Jonas: "So etwa 10 Prozent ist improvisiert."
ragazzi: "Spielt ihr Stücke vom neuen Album?"
Roine: "Ja. Wir konzentrieren uns vor allem auf das neue Album."
ragazzi: "Im nächsten Jahr wollt ihr eine DVD veröffentlichen. Welches Material werdet ihr verwenden?"
Roine: "Meine Vorstellung ist, die besten Songs dafür aufzunehmen. Etwa "Garden Of Dreams", "Stardust We Are"."
ragazzi: "Videos oder Konzert?"
Jonas: "Ein Live-Konzert."
Roine: "Kein richtiges Konzert."
ragazzi: "Ein Studiokonzert?"
Roine: "Ja, mehr wie ein Studiokonzert. Nicht in einem Studio. Wir suchen einen guten Club."
ragazzi: "Nehmt ihr die komplette Tour auf?"
Roine: "Nein. Wir werden nichts von der Tour dafür verwenden. Mehr sowas wie MTV Unplugged. Ein kleines Publikum in einem netten Club mit gutem Licht und brauchbarer Akustik."
ragazzi: "Wo soll das stattfinden?"
Roine: "In Schweden."
ragazzi: "Uppsala?"
Roine: "Uppsala wäre gut. Es wird kein normales Konzert, da würden zu viele Leute kommen. Wir werden etwa 75 Leute einladen, die dicht bei der Band sitzen und konzentriert zuhören. Ein normales Konzert wäre zu langweilig. Wir wollen etwas besonderes machen, mit gutem Sound, auf hohem Niveau."
ragazzi: "Du hast Kinder, nicht wahr? Mögen sie deine Musik?"
Roine: "Ich habe sie nie gefragt. Ich werde sie gewiss auch nicht unter Druck setzen. Der Jüngere singt im Auto mit, er hat gute Ohren. Auch für komplizierte Songs und schwere Intervalle. Der Größere hat einen Syntheziser und lernt einige Songs. Ich werde sie auf alle Fälle unterstützen, in jeder Hinsicht, aber ich werde sie gewiss nicht dazu drängen, Musiker zu werden. Ich muss abwarten, was daraus wird. Bei mir fing es an, als ich 12 oder 13 Jahre alt war. Ich wollte keine Alben aufnehmen oder so, aber mein Interesse an Musik war zu der Zeit geweckt. Ich merkte, was man mit der Gitarre alles machen kann. Meine Finger begannen, die Saiten zu bearbeiten. Da war was. Ich wäre froh, wenn es bei ihnen auch so wäre, aber im gleichen Moment denke ich, dass das Musikbusiness ein ziemlich schräger Platz ist. Ich rate ihnen, zu studieren und einen guten Job zu bekommen. Wenn sie Talent für Musik haben, können sie es auch nebenbei machen. Es ist eine großartige Sache, Talent zu haben, aber du mußt studieren, um richtig gut darin zu sein. Es braucht eine Menge Zeit und tägliche Übung. Es bleibt abzuwarten. Wäre natürlich schön..."
ragazzi: "In Schweden leben etwa 8 Millionen Einwohner. In Deutschland circa 80 Millionen. Aber Schweden hat viel mehr gute Musiker als in Deutschland. Habt ihr eine Vorstellung davon, warum das so ist?"
Jonas: "Ich glaube, ich habe eine gute Antwort darauf. Vor 30 Jahren begann die Regierung, die Schulen zu unterstützen, die musikalische Erziehung zu forcieren. Die Musikschulen wurden kostenlos. Man konnte das ganze Jahr kostenlos Musik lernen und studieren. Das ist nicht überall in der Welt so. 30 Jahre später haben wir jetzt die Ernte davon. Zeit und Geld wurde in die Kinder investiert, aber jetzt wird begonnen, überall zu sparen. Wir haben eine Menge guter Musiker und guter Bands, aber das wird weniger werden. Wenn die Leute interessiert sind an Kunst und Musik, werden sie freundlicher. Einfacher und freundlicher, auch zu Ausländern und so. Ich meine, wenn Du in einer Fabrik arbeitest, nur Lärm und den immer stupiden selben Job zu tun hast, stumpft Dich das irgendwann ab. Musikalische Erziehung zu unterstützen, bedeutet auch, zu sensibilisieren, das wird in der Fabrik nicht passieren."
Roine: "Vor einiger Zeit habe ich gehört oder gelesen, dass mehr Kinder und Jugendliche sich mit Kunst und Musik beschäftigen, als mit Sport, Fußball, Hockey und diesen Sachen..."
ragazzi: "...in Schweden..."
Roine: "...ja! Ich war geschockt. Das kostet so eine Menge Geld. Sport bringt schneller wieder Geld ein, Musikunterricht kostet nur. Aber beim Sport müssen die Kinder bezahlen..."
Jonas: "Schweden ist der drittgrößte Musikexporteur der Welt, nach den USA und Großbritannien. Aber es ist verrückt, dass unsere Regierung das nicht realisiert, nicht den Erfolg sieht. Und wir sind erfolgreich. Das ist kein Geheimnis."
Roine: "Schweden hat viel Geld mit Musik verdient. Es gibt etliche erfolgreiche schwedische Musiker und Bands. Wie Roxette, The Corrs, Ace Of Base. Sehr viele sehr erfolgreiche Musiker, die eine Menge Geld einbringen, weltweit!"
ragazzi: "Herzlichen Dank für das Interview!"

VM




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