EVERON

   
Auf dem Holzweg. Oliver Philipps, Sänger und Gitarrist von Everon war spürbar genervt von meinen Fragen. So kann es kommen, wenn jemand, der Metal eher aus der Ferne betrachtet, auch theoretische Fragen stellt.
ragazzi: "Zuerst eine leidige Frage: fühlt ihr euch einem Genre innerhalb der Rockmusik angehörig? Oder: wenn man euch fragt, welche Art Musik ihr macht, was antwortet ihr?"
Oliver: "Wir antworten gar nicht, denn mit Sicherheit ist es nicht unsere Aufgabe, die Musik einzuordnen, unsere Aufgabe ist es, Musik zu machen. Welche Schublade dafür die Richtige ist, muß der Hörer, Schreiber, etc. entscheiden, es gibt da halt auch sehr unterschiedliche Ansichten, und damit kann ich persönlich auch gut leben."
ragazzi: "Bridge ist euer 5. Album. Wie nimmt euch die Musikwelt auf, wie ist das Feedback?"
Oliver: "Das Feedback ist äußerst positiv, ist auch in der Vergangenheit eigentlich nie anders gewesen. Von Anfang an haben wir vor allem auch von Seiten der großen Rockmagazine wie RockHard etc. immer sehr viel Unterstützung erfahren, und das hat sich über die Jahre auch nicht verändert. Wir sind sicher keine wahnsinnig populäre Band, aber dennoch durchaus etabliert; die Gefahr, dass wir mit einem neuen Album im Wust der Veröffentlichungen untergehen, stellt sich heute eigentlich nicht mehr."
ragazzi: "Ihr seid technisch versierte Musiker. Wie lange musiziert ihr - und wie hat alles angefangen? Hat es in der Band Umbesetzungen gegeben? Wandelte sich der Stil über die Jahre? Wie habt ihr euch in und mit der Band verändert?"
Oliver: "Wir spielen alle schon sehr lange, inzwischen sind wir ja auch alle bereits in der ersten Hälfte der 30er. Für jeden einzelnen kann ich es wirklich nicht sagen, wann wer nun genau angefangen hat, als Everon spielen wir seit ´90 zusammen, und auch damals war keiner von uns Anfänger. Ich selber habe mit ca. 5 Jahren angefangen, Klavier zu lernen, alle anderen Instrumente kamen dann im Laufe der Jahre hinzu. Die Musik hat sich sicher im Laufe der Jahre sehr verändert, das ist aber eher ein unwillkürlicher Vorgang, wir haben niemals mit Absicht in eine bestimmte Richtung gesteuert. Ich denke eh, dass ein guter Song sich eigentlich von selbst schreibt, man macht da eigentlich nicht viel bei. Bevor es eine neue Platte gibt, weiß ich selbst auch nie, in welche Richtung der Zug diesmal fährt, finde ich aber auch überhaupt nicht schlimm, macht es eher sogar spannender. Grundsätzlich denke ich, man verändert sich halt als Person über die Jahre, und das schlägt sich natürlich auch in der Musik nieder, auch der persönliche Musikgeschmack ändert sich ja. Musikmachen ist letztlich nichts anderes als ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, und wenn die Persönlichkeit sich ändert, ändert sich auch die Musik, das ist überhaupt nicht zu vermeiden. Besetzungswechsel hat es eher wenig gegeben, im Prinzip sind Moschus, Shymy und ich seit Anfang an dabei, lediglich Gitarrist Ralf Janssen wurde ´98 nach VENUS, dem dritten Album, durch Ulli Hoever ersetzt. Auf der Bühne gibt es noch ein fünftes Mitglied, diese Position wechselt allerdings manchmal. Auf den Platten spiele ich die Keyboards selbst, live habe ich aber mit Singen und Gitarre-Spielen definitiv genug um die Ohren, so dass wir da die Hilfe eines Gastmusikers in Anspruch nehmen."
ragazzi: "Ein gutes Gefühl, das Album draussen zu haben? Seid ihr alle zufrieden damit?"
Oliver: "Ja, wir sind sehr zufrieden, nicht nur mit "Bridge" sondern auch mit "Flesh", das ja auch bereits fix und fertig ist, aber erst im Herbst veröffentlicht wird. Die Studioarbeit an den beiden Alben hat zusammen fast 6 Monate gedauert, da ist es auch immer ein etwas sentimentaler oder melancholischer Moment, wenn alles fertig ist; man hat sich halt solange um praktisch nichts anderes gekümmert als um das neue Album, und wenn's dann fertig ist, hat man immer so eine Art "Und-was-mache-ich-jetzt-mit-dem-Rest-von-meinem-Leben"-Gefühl, ist jedesmal das selbe. Wenn die Platte dann draussen ist, und man das Feedback der Leute bekommt, ist das ein sehr schönes Erlebnis, es ist einfach ein gutes Gefühl, zu sehen, dass man mit dem, was man macht, auch jemanden erreicht."
ragazzi: "Irgendwie sitzt ihr zwischen den Stühlen. Den Prog Freaks werdet ihr zu hart/straight, den AOR-Fans zu schwer, den Metallern zu soft sein. Oder wie seht ihr das?"
Oliver: "Ich würde es eher positiv sehen, von den Bands, die gemeinhin dem Prog-Lager zugeordnet werden, sind wir vermutlich die einzige, die sich sowohl unter Proggies, als auch unter Metal-Heads oder AOR-Fans einer gewissen Beliebtheit erfreut. Ich denke, allen Recht machen, kann man es nie, und man sollte auch nicht einmal den Versuch machen. Wenn man im Vorfeld einer neuen Platte bereits darüber nachdenkt, wem sie denn hinterher gefallen soll oder nicht, liegt das Kind eigentlich schon im Brunnen, dann murkst man sich irgendwelche Kopfgeburten zusammen, und am Ende gefällt's dann vermutlich überhaupt niemandem und vor allem nicht einem selbst. Ich denke, als Musiker muß man die Inspiration so nehmen, wie sie kommt; wie schon gesagt, im Prinzip schreibt ein Song sich selbst, er ist einfach plötzlich da, man "kreiert" nicht wirklich im eigentlichen Sinne etwas. Wenn man nun versucht, aus dem, was einem einfällt, absichtlich etwas anderes zu machen, um bestimmten Erwartungen zu entsprechen, dann heißt das letztlich, dass man schlauer sein will als die Musik, und das geht eigentlich immer nach hinten los. Wir machen einfach das, was uns einfällt und was wir mögen, und genau so kommt es auf die Platte. Und offenbar gibt es auch eine durchaus beachtliche Zahl von Menschen, die unsere Platten kaufen, also warum sich einen Kopf darüber machen, ob es den Proggies zu straight, oder den Heavies zu weich oder was auch immer ist. Sind alles erwachsene Menschen, die selber entscheiden können, ob sie unsere Platten haben wollen oder nicht."
ragazzi: "Bridge gibt einige Balladen zum Besten, die gar im Radio laufen könnten. Schielt ihr auf den großen Erfolg?"
Oliver: "Auf allen Platten gab es auch radiotaugliche Nummern, das ist keine Neuigkeit. Mit Schielen auf Erfolg hat das nichts zu tun, wir machen das seit über 10 Jahren und inzwischen hat wirklich jeder bei Everon begriffen, dass wir nicht unbedingt Platin-Schallplatten mit unserer Musik einfahren. Wenn ein Song gut ist wie er ist, bauen wir nicht noch schnell einen 7/8tel Teil und ein Gitarrensolo rein, bloss damit er ja nicht zu poppig klingt. Klar, dass manche Proggies darüber die Nase rümpfen und uns dann eher dem Pop-Lager zuordnen, über Geschmack lässt sich da nicht streiten. Im Prinzip finde ich, auf den letzten Platten gab es immer eine sehr gesunde Mischung von Songs, es finden sich immer die ein oder andere eher komplexe Nummer, aber auch immer ein paar eingängige sehr melodische Songs, die auch beim ersten Hören schon ins Ohr gehen. Ich finde, Musikhören sollte nicht in Arbeit ausarten, und sie sollte auch eher das Gefühl, als die intellektuelle Seite in uns ansprechen, und dafür braucht es nicht unbedingt in jedem Song mindestens 3 Soli und 5 oberschräge Drumfills. In manchen Songs kommt sowas obergeil, in anderen nervt es eher. Ich denke, man sollte im Arrangement der Atmosphäre des jeweiligen Songs Rechung tragen, die Musiker sollten sich dem Song unterordnen und immer genau so viel spielen, wie es dem jeweiligen Song dient."
ragazzi: "Die englische Sprache geht im Gesang gut auf, doch gerade das textlastige If you were still mine scheint Oliver schwer von der Zunge zu gehen. Ist es in dem Fall nicht besser, die deutsche Sprache zu nehmen, weil die natürlicher und leichter von der Zunge kommt? Oder ist das Verwenden der deutschen Sprache schon allein Grund, keinen Zuhörer zu finden?"
Oliver: "Sei mit bitte nicht böse, aber geradeheraus gesagt, der erste Teil Deiner Frage ist kompletter Blödsinn. Beruflich bedingt benutze ich die englische Sprache nahezu ebenso häufig wie die deutsche, und ich hatte in keinem englischsprachigen Land dieser Erde jemals die geringsten Verständigungsprobleme. Wenn Du also das Gefühl hast, der Text käme mir schwer über die Lippen, dann ist das Dein ganz persönlicher subjektiver Eindruck (und Du bist auch definitiv der erste und einzige der das erwähnt) aber ehrlicherweise bist Du da auf dem Holzweg."
"Überhaupt, die Thematik entbehrt nicht einer gewissen Komik; wenn man als Deutscher Englisch singt, passiert es natürlich von Zeit zur Zeit, dass der ein oder andere mal einen negativen Kommentar darüber schreibt, dass man evtl. einen Akzent hat oder was auch immer. Das witzige ist, dass das wirklich ausschließlich, aber auch wirklich ausschließlich, in DEUTSCHEN Magazinen passiert, auf der ganzen Welt gibt es sonst nicht einen Menschen, den das interessiert; und in den USA oder England schon überhaupt nicht. Klar hat ein Deutscher einen Akzent, wenn er Englisch singt, genau wie das auf Italiener, Spanier, Schweden, usw. usw. zutrifft, das ist die Natur der Sache und eigentlich nicht mal einer Erwähnung wert. Erwähnt auch niemand, ausserhalb Deutschlands.
Wie auch immer, was ich tun kann, tue ich, ich bemühe mich die Texte in einer Weise vorzutragen, die auch den extrem verwöhnten deutschen Ohren zumutbar ist; ausserdem lasse ich alle Text von einem Muttersprachler checken, bevor wir Vocals aufnehmen, um sicherzustellen, dass auch vom Sprachgefühl her alles flüssig und natürlich rüberkommt.

Darüberhinaus habe ich nichts gegen deutsche Texte, für uns würde es wenig Sinn machen, wir halt eine Großteil unsere Verkäufe in anderen Ländern haben. Englisch versteht man halt überall, Deutsch nur in Deutschland, schon von daher macht diese Wahl einfach Sinn. Als Sänger fühlt sich die Englische Sprache etwas besser an, das Deutsche ist sehr hart und hat deutlich mehr Konsonanten, das erschwert das Singen etwas, kommt aber auch auf den persönlichen Stil an. Für eine Band wie RAMMSTEIN z.B. ist die deutsche Sprache ein absolutes Stilmittel, und diese Art des Singens würde in Englisch nicht funktionieren."
ragazzi: "Eure Kompositionen sind eingängig und grooven fett, dennoch sind die Songs recht komplex angelegt. Ein gewünschter Spagat? Da kommt sicher wieder die Frage nach dem Ziel ins Gespräch, wen wollt ihr erreichen!?"
Oliver: "Nee, kommt sie nicht! Es ist immerhin unsere 5te Platte, wenn die 4 davor niemand hätte hören wollen, hätten wir wohl schon lange keinen Plattenvertrag mehr. Es ist uns natürlich wichtig, mit der Musik jemanden zu erreichen, aber auch wenn wir keine einzige Platte verkaufen würden, würden wir deshalb die Musik nicht ändern. Sowas geht doch auch gar nicht, jeder kann nur die Art von Musik überzeugend machen, die einem im Blut liegt, wenn man absichtlich in eine andere Richtung steuert oder sich verbiegt, kommt dabei immer etwas raus, was jemand anders besser kann als man selber. Das Publikum sucht sich seine Bands aus, nicht umgekehrt, uns ist absolut jeder willkommen, der die Musik mag, egal ob Metal-Freak, Pop-Fan, AOR-Hörer, was auch immer."
ragazzi: "Puppet show ist mein persönliches Lieblingsstück auf dem Album. Es ist angenehm hart, komplex und sehr vital. Wer von euch ist der Komplexe, wer der Melodische ? Wachsen die Stücke ganz allein in Sessions? Oder komponiert wer (?) am Flügel, Gitarre etc. zu Hause?"
Oliver: "Wie Du dem Booklet entnehmen kannst, schreibe ich im Prinzip mehr oder weniger alle Songs, einzige Ausnahme auf Bridge ist "Carousel", das von Ulli gemacht wurde. So gesehen bin ich also der Komplexe und auch der Melodische :-) Meine Art des "Komponierens" ist etwas wunderlich, ich verwende im Prinzip überhaupt kein Instrument dazu. Ich denke auch nicht, das "Komponieren" wirklich ein willentlicher Vorgang ist, oder zumindest nicht so, wie ich es erlebe. Mir kommt es eher so vor, dass ein Song plötzlich im Kopf vorhanden ist, kein Mensch kann ja sagen, wo eine solche Idee herkommt, sie passiert einfach. Aus dieser Idee wächst dann im Laufe von Stunden, Tagen oder manchmal auch Wochen, ein kompletter Song heran, meist mit kompletten Arrangement, manchmal sogar bereits mit Text. In dieser Zeit tue ich daran im Prinzip absolut rein garnichts, der Song schreibt sich absolut selbst, ist eher wie eine Pflanze, der man beim Wachsen zuguckt. Erst wenn er in meinem Kopf komplett schlüssig und fertig "klingt", fange ich an, ihn in eine Form zu bringen, die ich den anderen Bandmitgliedern vorstellen kann, ich mache in der Regel eine komplette Vorproduktion mit programmierten Drums, Pilotgitarren, etc, lediglich Vocals gibt es in diesem Stadium noch nicht. Ein Instrument finde ich zum Komponieren eher hinderlich, es lenkt einen vom eigentlichen kreativen Prozess ab, weil man halt immer auf seine Unzulänglichkeiten als Spieler zurückgeworfen wird. Während man sich damit befasst, wie man einen bestimmten Part nun am besten auf der Gitarre, dem Klavier oder was auch immer spielt, ist der kreative Prozess unterbrochen. Meine Erfahrung über die Jahre ist, dass es besser funktioniert, der Kreativität ihren Lauf zu lassen. Wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, ist es früh genug, um herauszufinden, wie man's am besten spielt. Das funktioniert wirklich prima so, auch bei komplexen Songs, man muß nur die Angst verlieren, Sachen, die einem einfallen, wieder zu vergessen wenn man sie nicht rechtzeitig in irgendeiner Form festhält. Die wirklich guten Sachen vergißt man nicht, auch nicht wenn ein Song 15 min lang ist. Wenn einem abends vor den Einschlafen noch was einfällt, und am Morgen, wenn man aufwacht, ist es immer noch da, dann ist es gut. Ist sozusagen mein persönliches Selektionsverfahren, was man vergißt, konnte auch nix :-)"
ragazzi: "Im Booklet sprecht ihr Billy Joel an. Habt ihr ihm auch ein Album geschickt und wenn ja, gab es eine Reaktion?"
Oliver: "Ich habe seiner Plattenfirma ein Exemplar geschickt, bezweifle allerdings, dass es da jemals eine Rückmeldung gibt; ich vermute mal, er dürfte die ein oder andere wichtigere Sache in seinem Leben zu tun haben :-)"
ragazzi: "Es gibt eine breite Fülle an progressiven/AOR-Metal-Bands. Gibt es die Gefahr, im breiten Gewusel unterzugehen? Ihr könnt euch sicher durch gute Songs behaupten, doch habt ihr schon die Befürchtung gehabt, ins Leere zu laufen?"
Oliver: "Keine Ahnung, irgenwie zerbrichst Du Dir weit mehr den Kopf über solche Fragen als wir selbst es tun. Was ich wirklich schlimm fände, wäre, wenn ich das Gefühl hätte, mir fiele keine neue Musik mehr ein, wenn dieser kreative Vorgang irgendwann nicht mehr stattfindet, dann ist es an der Zeit aufzuhören. Ob und wieviel eine Platte nun verkauft oder nicht, ist eher etwas, worüber die Plattenfirma sich einen Kopf machen muß, keiner von uns lebt von Everon, also ist uns das relativ egal."
ragazzi: "Ich habe den Eindruck, dass jetzt gerade der Dream Theater Zug zum Erliegen gekommen ist. Wenn Prog Metal - Bands noch produziert werden, dann, weil sie wirklich gut sind. Nimmt dadurch der Konkurrenzdruck ab oder zu? Wird euer Vertrag bei Mascot weitergehen?"
Oliver: "Da bist Du ehrlichgesagt schon wieder auf dem Holzweg; wenn Du's mal genau beobachtest, wirst Du merken, das speziell Dream Theatre auf den letzten zwei Touren zum ersten Mal in wirklich großen Hallen gespielt haben und diese auch gefüllt haben. Darüberhinaus gibt es mit Bands wie Pain Of Salvation auch wirklich hoffnungsvolle Newcomer; diese Szene wurde schon tausendmal totgesagt und dann wurde ihre Wiederauferstehung gefeiert. Unterm Strich ist es so, dass es diese Art von Musik einfach immer gegeben hat und vermutlich auch noch lange geben wird, es ist nicht unbedingt die hippste Musik und sie läuft auch nicht in Heavy Rotation auf MTV oder VIVA, aber sie ist deutlich langlebiger als die meisten anderen Sachen, und sie hat auch ein sehr treues Publikum, dass nicht jeden zweiten Tag seine Lieblingsmusik wechselt, weil gerade mal wieder eine neue Kuh durch's Dorf getrieben wird."
Und heute, genau wie zu jeder Zeit, gibt es auch im Prog-Bereich nicht nur gute Bands, sondern auch jede Menge Durchschnittliches, das ist in dieser Stilistik nicht anders als bei jeder anderen. Wobei das natürlich auch wieder in jedermann's persönlichem Geschmack liegt, es ist ja nahezu unmöglich, objektive Kriterien dafür zu finden, wann Musik nun gut oder schlecht ist. Als objektive Kriterien kann man eigentlich nur heranziehen, ob die Songs gut produziert und handwerklich gut umgesetzt sind, alles weitere ist letztlich Geschmackssache. Auch an den großen Namen der Szene wie z.B. Dream Theater scheiden sich die Geister, manche finden sie absolut großartig, andere finden sich einfach fürchterlich, wie gesagt es kann und muß halt auch nicht immer jedem Gefallen, ich glaube, das Schlimmste wäre eine Band, die irgenwie jeder ganz "nett" findet, aber keiner so richtig geil oder richtig schlecht."
ragazzi: "Verkauft ihr viele Alben? Wie sah das bei den Vorgängern von Bridge aus? Wo verkauft sich eure Musik am besten? Europa? Japan?"
Oliver: "Wenn Du genaue Angaben zu Verkäufen willst, wende Dich bitte ans Label. Ich weiß es nicht genau, und es interessiert mich auch nicht besonders, solange es genug verkauft, dass die Plattenfirma gern ein neues Album von uns hätte, ist für uns die Welt okay. Die Platten werden überall in Europa veröffentlicht, und in Japan und Südamerika in Lizenz veröffentlicht. In Europa laufen sie am Besten in den Beneluxländern und in Italien, Japan ging auch traditionell immer ordentlich. Ich sehe bislang keinen Grund, warum wir nicht weiterhin mit Mascot Records arbeiten sollten, wir sind mit ihnen sehr zufrieden, und offenbar sind sie mit uns ebenfalls zufrieden, wir hatten ein vernünftiges Budget zur Verfügung, sie machen ordentliche Werbung, da läuft eigentlich alles nach Wunsch. Sollten die Platten plötzlich nichts mehr verkaufen, sähe die Welt natürlich anders aus, aber darüber mache ich mir jetzt noch keinen Kopf, warum auch. Es gibt auch immer mal wieder Anfragen von anderen Labels, so gesehen hätten wir auch durchaus noch Alternativen. Aber wie gesagt, wir sind sehr froh, bei Mascot zu sein, solange sie uns also nicht davonjagen, werden wir auch nicht ernsthaft über einen Wechsel nachdenken :-)"
ragazzi: "Könnt ihr von der Musik leben oder habt ihr alle einen Job ausserhalb der Band?"
Oliver: "Moschus (drums) und ich sind die einzigen Vollzeit-Musiker bei Everon. Allerdings ist unser Hauptberuf nicht, bei Everon zu spielen; wir haben zusammen ein Studio (Spacelab Studio) und haben uns in den letzten Jahren als Produzenten einen guten Namen gemacht, inzwischen kommen Bands aus ganz Europa zu uns. Unter anderem hatten wir in den letzten Jahren Gäste wie Ancient Rites (Belgien), Danse Macabre (Finnland/Belgien), Wolverine (Schweden), Avulsed (Spanien), Liar Of Golgotha (Niederlande), Braindamage (Italien), Ahn-Trio (USA), aber natürlich auch eine Menge deutscher Acts wie z.B. Re-Vision, Dark At Dawn, Nebular Moon u.v.m.
Das ist also unser Hauptberuf und damit verdienen wir unseren Lebensunterhalt, Everon ist nicht wirklich ein kommerzielles Projekt. Unser Basser betreibt in Krefeld eine Kneipe, und unser Gitarrist ist Sozialarbeiter."
ragazzi: "Rock/Popmusik ist nicht erst im neuen Jahrtausend überfüllt und lärmt/dudelt inzwischen an jeder Straßenecke. Beobachtet ihr das Geschehen und was haltet ihr davon?"
Oliver: "Klar, als Produzent ist es sogar unumgänglich, sich mit den neusten Trends auseinanderzusetzen und zumindest im Bilde zu sein, was denn nun gerade angesagt ist. Manches davon mag ich wirklich, in jüngerer Vergangenheit ist es eigentlich aus Rockmusiker-Sicht doch sehr positiv, dass auch in den Charts häufiger mal wieder rockige Acts vertreten sind, und nicht nur irgendwelche Boy/Girl-Groups. Band wie HIM, oder Nu Metal Bands wie Linkin Park, Papa Roach, Limp Bizkit etc. waren in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich, oder im Moment sind Bands wie Nickelback oder Creed mächtig angesagt. Ich finde das eigentlich ganz gut, es die stilistische Bandbreite der in den Charts vertretenen Nummern hat sich meiner Meinung nach in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Klar hört man auch viel Müll, echte Wegwerfmusik ohne jeden künstlerischen Anspruch, aber das ist halt eine Art Genre für sich allein. Alles was irgendwie auf den Teenie-Markt zielt ist halt super-schnelllebig und hat auch gar nicht den Anspruch von langer Haltbarkeit. Insgesamt sehe ich die gegenwärtige Musikentwicklung gar nicht so negativ, ich höre da durchaus eine Menge, was mir gut gefällt."
ragazzi: "Ihr hört sicher auch selbst Musik. Was legt ihr denn so auf?"
Oliver: "Alles mögliche, von Klassik bis zu derbstem Metal, je nach Stimmung halt. Jede Musik kann großartig sein, es kommt auf den richtigen Moment an, würde mich da gar nicht auf ein oder zwei Stilrichtungen festnageln lassen wollen."
ragazzi: "Wird es eine Tour zur CD geben?"
Oliver: "Möglicherweise, aber wenn, dann erst nach Veröffentlichung von Flesh im Herbst. Für uns ist es ja quasi eine Platte, denn wir haben sie gleichzeitig geschrieben und aufgenommen, aber Marketingtechnisch macht es wohl mehr Sinn, ein paar Monate Luft dazwischen zu lassen. Ist eine reine Plattenfirmen-Entscheidung, da halten wir uns raus."
ragazzi: "Wie sehen eure Zukunftspläne aus?"
Oliver: "Als nächstes steht erstmal der Umzug unseres Studios in größere Räumlichkeiten an, geht noch diesen Sommer über die Bühne. Danach stehen schon wieder Produktionen an, AVULSED kommen wieder, dann kommt SEEDS OF DESOLATION aus Schottland, anschließend MISTWEAVER aus Spanien, zwischendurch spielen wir mit EVERON noch auf dem Prog-Power-Festival, langweilig wird's uns also schon nicht werden. Ansonsten vermeide ich es, immer zuviel zu planen, am Ende kommt's eh immer anders, als man es geplant hat, also kann man sich die Planerei auch gleich schenken :-)"

VM






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