Decence

Ideen gibt's beim Bäcker

Alles begann mit einem Kassettenrekorder auf dem Klavier. So nahm Oliver Mietzner, der Mann hinter Decence seine ersten Songs auf. Inzwischen hat der 25jährige Jurastudent aus Bonn sein eigenes Studio und mit SONY einen professionellen Vertriebspartner an seiner Seite. Beste Voraussetzungen für eine Karriere à la Diary of Dreams und Wolfsheim, zwei Bands die Oliver nicht nur sehr schätzt, sondern die ihn auch beeinflusst haben. Ragazzi hat sich mit dem Newcomer unterhalten.




ragazzi: "Oliver, "The First Step" ist deine erste Veröffentlichung. Wie verkraftest du es, plötzlich in der Öffentlichkeit zu stehen?"
Oliver: "In den letzten Wochen war es schon heftig. Ich habe bereits 16 Interviews gegeben, noch einmal so viele stehen an. Aber es ist natürlich nett, wenn sich die Leute für dich und deine Arbeit interessieren."
ragazzi: "Jurastudenten gelten gemeinhin als eher konservativ. Wie kommt man als angehender Jurist dazu, diese Art von Musik zu machen?"
Oliver: "Das hat sich zufällig ergeben. Als mich vor Jahren ein Freund auf eine Depeche Mode Party mitgenommen hat, fing ich an, mich für diese Art von Musik zu interessieren. Vorher habe ich diverse musikalische Phasen durchlaufen: von Nirvana bis Techno/House. Außerdem war ich schon früh in der Musikschule. Damals habe ich meine ersten Lieder aufgenommen - mit einem Kassettenrekorder auf dem Klavier."
ragazzi: "Jurastudium und CD-Produktion lassen sich wahrscheinlich nur schwer unter einen Hut bringen. Wie sieht dein Zeitmanagement aus?"
Oliver: "Man muss sich seine Zeit schon geschickt einteilen. In der heißen Phase der CD-Produktion musste das Studium schon mal warten. Alles hundertprozentig machen geht nicht."
ragazzi: "Wie lange hast du insgesamt an der CD gearbeitet?"
Oliver: "Anderthalb Jahre. Wobei nebenbei bereits viel Material für das nächste Album entstanden ist, das wahrscheinlich schon Mitte nächsten Jahres erscheinen wird."
ragazzi: "Du nennst dein Projekt "Decence". Kokettierst du auf diese Weise mit den Attributen Zurückhaltung/Bescheidenheit und willst den Leuten das Image des "netten Jungen von nebenan" verkaufen?"
Oliver: "Im weitesten Sinne hat es mit Understatement zu tun. Ich bin einfach kein exzentrischer und aufdringlicher Mensch. Wenn ich live auftrete, zersäge ich nichts und hau auch nicht alles kurz und klein. Ich bin eher ein feinfühliger, sensibler und melancholischer Typ. Deshalb kann ich die Songs schreiben, die ich schreibe. "
ragazzi: "Benötigst du ein bestimmtes Ambiente, um Ideen zu finden?"
Oliver: "Das kann in den unmöglichsten Situationen passieren, zum Beispiel auf dem Weg zur Uni oder zum Bäcker. Damit ich sie dann nicht vergesse, nehme ich die Ideen mit meinem Handy auf."
ragazzi: "Ist Decence ein reines Soloprojekt?"
Oliver: "Ja. Ich habe ein kleines Homestudio, wo alles umgesetzt wird. Das Einzige, was ich mit meinem Label zusammen mache, ist das Mastering am Schluss, weil mir dazu die Erfahrung fehlt."
ragazzi: "Wie kommt man als noch unbekannter Künstler zu einer Zusammenarbeit mit Sony?"
Oliver: "Ich habe irgendwann fünf, sechs Demo-CDs weggeschickt. So habe ich mein Label, Excentric Records, gefunden, die damals noch keinen Vertrieb hatten. Das Label hat dann - auf der Suche nach einem Vertrieb - wiederum meine Demo-Aufnahmen verschickt. SONY war wohl ganz angetan davon und hat Decence in seinen Vertrieb genommen."
ragazzi: "Deine Einflüsse sind unverkennbar: Diary of Dreams, Deine Lakaien, Wolfsheim... Was sagst du jemandem, der dich mit dem Vorwurf des Plagiats konfrontiert?"
Oliver: "Dem sage ich einfach, dass ich meinen eigenen musikalischen Kopf und meine eigenen musikalischen Ideen habe, die ich auch umsetze. Wenn man Musik macht, lassen sich Einflüsse anderer Bands gar nicht vermeiden. Du findest in jeder Art von Musik Einflüsse anderer Bands."
ragazzi: "Was sind deine persönlichen Lieblingsbands?"
Oliver: "Unter anderem die genannten, aber auch Diorama schätze ich sehr."
ragazzi: "Wie werden aus den erwähnten Einflüssen Decence-Songs?"
Oliver: "Es ist nicht so, dass ich im Radio oder in der Disko einen Song höre und dann versuche, diesen nachzuahmen. Ich habe eine Grundidee, die ich immer weiter entwickle. Meist steht zu Beginn nur fest, ob es eher eine Ballade oder etwas für die Clubs werden soll."
ragazzi: "Wie sieht dein Verhältnis zur Schwarzen Szene, deinem potenziellen Publikum, aus?"
Oliver: "Ich bin gern auf schwarzen Partys unterwegs, weil ich dort von der Musik her zu Hause bin. Ich bin aber kein Mensch, der von morgens bis abends nur in schwarz rumläuft. Ich tue mich immer schwer, mich einer Szene zuzuordnen. Ich will da offen bleiben. Wobei ich mir natürlich bewusst bin, dass meine Art von Musik eher in der Schwarzen Szene gehört wird."
ragazzi: "Planst du Live-Auftritte?"
Oliver: "Es wird mit Sicherheit Live-Auftritte geben. Die erste Show findet am 9. November in Bonn statt. Mein Label und ich sind gerade in den Vorbereitungen. Alle Termine werden auf meiner Homepage stehen."
ragazzi: "Was kann man auf der Bühne erwarten?"
Oliver: "Auf der Bühne werde ich nicht allein stehen, sondern noch mit ein oder zwei anderen Leuten. Ich werde mich eher auf das Singen konzentrieren. Da bei Elektrokonzerten nicht so viel Bewegung drin ist, werden visuelle Elemente wie Licht eine wichtige Rolle spielen."

Stefan




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