DAF

Provokation pur

Die 80er Jahre sind back - und mit ihnen auch die Helden von damals wie Nena, Fehlfarben und DAF. Die Deutsch Amerikanische Freundschaft gehörte zwischen 1978 und 1982 zu den Pionieren der elektronischen Musik. Noch heute kennen selbst 18jährige ihre Hits wie "Der Mussolini". In einem "Ping Pong Gespräch" haben Gabi Delgado-Lopez und Robert Görl ragazzi erzählt, warum ihr Comeback gerade jetzt stattfindet, warum sie immer wieder Tabus brechen und was sie über die "echte" deutsch-amerikanische Freundschaft denken.


ragazzi: ""Der Sheriff", die erste Singleauskopplung aus eurem neuen Album, trägt den Untertitel "Ein antiamerikanisches Lied". Was denkt die Band Deutsch Amerikanische Freundschaft über den aktuellen Stand der politischen deutsch-amerikanische Freundschaft?"
Gabi: "Es ist zu begrüßen, wenn man sich dem Sheriff mal entgegen stellt. Und wenn sich da Deutsche und Franzosen zusammentun, finde ich das gut. Aber ehrlich, die Amerikaner lachen doch darüber. Kein Staat der Welt kann sich wirklich frei entscheiden, wir leben im amerikanischen Weltreich. Kein Staat hat die Chance, aus diesem Verbund auszuscheren oder Tabus zu brechen. Bevor es dazu kommen würde, wäre eine andere Gruppierung an der Macht, auch hier in Deutschland. Insofern ist unser ironischer Name Deutsch Amerikanische Freundschaft nach wie vor aktuell. "Der Sheriff" bezieht sich aber nicht nur auf Amerika. Es ist so etwas wie ein generelles Anti-Sheriff-Lied, denn auch in der Familie, in Schulen und Betrieben gibt es einen Sheriff."
ragazzi: "Ihr sagt, Staaten haben keine Möglichkeit, Tabus zu brechen. Ihr habt es aber getan - und das nicht nur einmal. Hattet ihr jemals Probleme deswegen?"
Gabi: "Ja klar. Wir wurden missverstanden oder nicht gespielt, sogar verboten wurden wir schon. Aber das ist uns im Prinzip egal, denn wir sind Künstler und nehmen uns die Freiheit."
ragazzi: "Ihr seid offensichtlich politisch sehr interessierte Menschen..."
Gabi: "Wir sind an allem sehr interessiert, wobei Politik für mich fast ein Schimpfwort ist. Nicht von der ursprünglichen Bedeutung her, sondern durch die Politiker. Politik - das sind für mich langweilige alte Männer in grauen Anzügen."
ragazzi: "Heute findet man in der alternativen / Electro-Szene kaum noch politische Texte. Braucht alternative / elektronische Musik überhaupt politische Statements?"
Robert: "Die Möglichkeit der politischen Texte finden wir gut. Es ist eine von verschiedenen Möglichkeiten in der Musikwelt. Ob man sie braucht... Wir wollen unsere Texte niemandem aufdrängen. Unsere provokativen Aussagen sind nur ein Angebot."
ragazzi: "Warum schreibt ihr provokative Texte? Wollt ihr damit etwas verändern?"
Robert: "Wir waren schon immer Tabubrecher. Das hängt wahrscheinlich mit unseren Punk-Wurzeln zusammen. Wir waren zwar keine Punk-Gitarren-Band, aber das Provokative kommt schon daher. Unser Ziel ist, die Leute zum Aufhorchen und Nachdenken bringen."
ragazzi: "Ihr kennt die Techno- und House-Szene noch aus ihren Anfangstagen in den frühen Achtzigern, habt damals selbst aufgelegt. Wie schätzt ihr die Entwicklung der Szene von damals bis heute ein?"
Robert: "Mitte, Ende der Achtziger waren Techno und House noch richtiger Underground. Der Höhepunkt war Mitte der 90er Jahre erreicht, danach wurde es sehr kommerziell. Heute ist Techno eigentlich durch."
ragazzi: "Ein gutes Beispiel dafür ist die Love Parade. Ihr seid dort allerdings im vergangenen Jahr noch aufgetreten..."
Robert: "Ich möchte betonen, dass wir am Vorabend aufgetreten sind. Das war mehr ein Fun-Gig von uns. Gleichzeitig war es aber auch ein Test, um zu sehen, wer kommt noch zu unseren Konzerten. Wir waren erstaunt: Ein knappes Drittel waren alte Fans, 80er-Jahre-People. Der Rest waren junge Leute um die 18, die in den ersten Reihen standen und überraschenderweise unsere alten Titel mitgesungen haben."
ragazzi: "Techno ist tot, sagt Robert. Gabi, was kommt danach?"
Gabi: "Ich denke, dass sich radikale, sehr deutlich kommunizierende Künstlergruppen herausbilden werden. Das geht über musikalische Kategorien hinaus und betrifft genau so Malerei und Film. Was jetzt musikalisch der neue Style sein wird, weiß ich nicht. Wir kümmern uns nur um unsere eigene Musik..."
ragazzi: "Das ist ein gutes Stichwort. Die Reunion von DAF stand schon 1998 kurz bevor. Warum kam es damals nicht dazu?"
Gabi: "Damals fehlte noch etwas. Erst um die Jahrtausendwende wussten wir, wie wir das genau machen. Wir haben dann aber immer noch eine Weile gebraucht, um eine Struktur und die richtigen Partner zu finden, denn uns geht es um volle künstlerische Kontrolle. Wir wollten keine Remixgeschichten machen, sondern 15 neue Titel, und dazu brauchten wir das geeignete Umfeld."
ragazzi: "Böse Zungen könnten behaupten, jetzt, da die Achtziger hip sind, springen auch DAF auf diesen Zug auf. Was sagt ihr dazu?"
Gabi: "Wir hatten immer gute Antennen für Stimmungen, die in der Luft liegen. Wir waren vor 20 Jahren nicht allein und sind auch jetzt nicht allein. Ich hoffe sogar, dass man Sachen macht, die etwas zu tun haben mit der Zeit, in der man lebt. Auch wenn sie zeitlos sind."
Robert: "Vor zwei, drei Jahren, als wir uns definitiv entschlossen haben, wieder etwas zu machen, da waren die Achtziger noch gar nicht angesagt. Da habe ich beispielsweise noch nichts von einem Fehlfarben-Comeback gehört. Vielleicht hat man gespürt, dass die Eighties wiederkommen werden. Irgendein Revival von einer Zeit liegt ja immer in der Luft. Aber das beeinflusst uns weniger. Es ist vielleicht wirklich reinster Zufall oder ein Geschenk der Zeit an uns wie vor 20 Jahren. Damals waren wir auch zur richtigen Zeit da und haben eine Musik gemacht, die sogar weltweit sehr einflussreich wurde."
ragazzi: "Wo findet sich der Einfluss von DAF konkret wieder?"
Robert: "Wir haben viele Kinder bekommen in der Musikwelt: Nitzer Ebb, Rammstein... Und es gab auch immer endlos viele Remixanfragen von jungen Bands. Wenn sie keine Genehmigung bekommen haben, haben sie einfach so ähnliche Lieder gemacht. Unsere Musik wurde so zu einer Art Volksmusik. Und darauf ist man schon ein bisschen stolz."
ragazzi: "Robert, Gabi und dir wird nachgesagt, dass ihr zwei völlig verschiedene Charaktere seid. Inwiefern?"
Robert: "Der Gabi ist ein extrovertierter Typ, jemand, der mehr nach vorn geht. Ich bin dagegen eher der ruhigere und introvertierte Part. Und das ist auch gut so, denn genau dadurch halten wir die Waage."
ragazzi: "Ihr spielt im April eine Mini-Tour. Was erwartet den Konzertbesucher?"
Robert: "Wir werden ungefähr 30 DAF-Lieder spielen. Dabei ist ein Dutzend alte Hits. Wir werden zu zweit auf der Bühne stehen und entwickeln gerade eine ganz spezielle Bühnenshow. Mehr möchte ich noch nicht verraten."
ragazzi: "Wie lange wird es DAF jetzt geben, wieder nur vier Jahre wie in den Achtzigern?"
Robert: "Das wird die Zukunft zeigen. Aber wir haben schon vor, mehrere Platten zu machen, auf richtig große Tour zu gehen und auch Festivals zu spielen."

Stefan




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