BOOZED

"Ich sitze zuhause rum und spiele Gitarre"

Da flattert mir ein Album mit ergreifendem Anachronismus ins Haus und ich kann nicht aufhören, mir diese harten Songs ein ums andere Mal um die Ohren zu schlagen. Netter Krach, der nicht ein Stück komplex ist (wie ich es sonst brauche), aber irgendwie hängen bleibt. Wer steht hinter dem Hardrock? Oldies in der Midlifecrisis? No way! Die Jungs sind noch ganz frisch. Sänger Mäk gab mir altem Sack freundlicherweise ein paar Antworten.




ragazzi: "Zuerst die Frage: wie alt seid ihr und wie kommt ihr dazu, einen Sound zu spielen, der vor mindestens 25 Jahren modern war? Wer inspiriert euch (musikalisch)? Einflüsse?"
Mäk: "Okay, ich liste uns mal in chronologischer Reihenfolge auf: Tim ist 17, ich bin 18, Marv und Ugge sind 19 und Poni ist 20. Wir sind natürlich schon stark von Bands aus den 70ern beeinflusst, zum Beispiel von Rose Tattoo, AC/DC oder Motörhead. Aber ich empfinde es nicht so, dass wir diesen alten Sound kopieren. Wir achten nicht darauf, ob dieses oder jenes Riff zu sehr nach Malcolm Young klingt, wir basteln aus allem, was uns einfällt, unseren eigenen Sound. Es ist auch nicht so, dass wir alle nur die ganze Zeit RockīnīRoll hören. Jeder hat da noch so seine eigenen Vorlieben, es ist auch vieles dabei, was mit hartem Rock gar nichts zu tun hat."
ragazzi: "Das Booklet meint: songs by boozed. Gutes Songwriting, wer konkret steht dahinter?"
Mäk: "Die Riffs kommen von Poni, Marv und mir. Es kommt vor, dass mal einer mit fast fertigen Songs ankommt, aber meistens sind es nur Bruchteile, auf die wir aufbauen. Wir hocken uns dann zusammen in den Proberaum und arbeiten alles aus. Die Texte kommen von mir, schließlich muss ich sie auch singen. Die anderen haben da auch keine Ambitionen..."
ragazzi: "...und wie kommt ihr auf die Ideen, wie arbeitet ihr sie aus? Proben? Jams? Piano im stillen Kämmerlein?"
Mäk: "Ich weiß nur wie ich selber es mache: Ich sitze zuhause rum und spiele Gitarre. Wenn mir dann plötzlich ein feines Riff in den Kopf kommt, spiele ich es eine Weile vor mich hin und feile daran herum, bis es mir gut gefällt. Oder ich habe eine Gesangsmelodie im Ohr, zu der ich mir dann nur noch den passenden Gitarrenpart ausdenken muss. Ist eigentlich total unspektakulär. Wenn wir beim Proben jammen fallen uns auch manchmal die tollsten Sachen ein. Das kommt aber seltener vor."
ragazzi: "Die CD ist selbstbewusst präsentiert. Wie sehen die Reaktionen aus? Presse/Freunde/Eltern?"
Mäk: "Die Reviews, die ich bis jetzt gelesen habe, waren größtenteils ziemlich positiv, das fühlt sich natürlich gut an. Unsere Eltern finden die Sachen auch überwiegend gut, was mich eigentlich noch mehr freut, da zumindest meine Eltern es mir bestimmt sagen würden, wenn sie die Musik scheiße fänden. Bei unseren Freunden kommen wir im Großen und Ganzen auch sehr gut, wobei man da natürlich nie weiß, wie sie es finden würden, wenn sie eben nicht unsere Freunde wären."
ragazzi: "Wer ist für die Lyrics zuständig? Habt ihr Texte nur, um die Songs zu transportieren?"
Mäk: "Für die Lyrics bin wie gesagt allein ich verantwortlich. Ich würde es natürlich super finden, wenn die Leute, die unser Album kaufen, die Texte lesen und darüber nachdenken oder wenigstens darüber lachen. Manches ist ernst gemeint, sehr vieles auch nicht. Ich halte mich aber auf keinen Fall für einen begnadeten Texter, ich mache das eben so gut ich kann."
ragazzi: "Boozed ist noch jung. Wie ging alles los? Wer ergriff die Initiative? Woher kennt ihr euch? Musikschule? Gehen eure Vorlieben auch auseinander - oder mögen alle den gleichen Sound?"
Mäk: "Ugge und ich haben 2001 eine AC/DC-Coverband gestartet, aus der dann in ziemlich kurzer Zeit Boozed wurde. Wir haben bis heute keinen einzigen AC/DC- Song live gespielt, außer einer total verrotzten Punkversion von Live Wire, die mit dem Original außer dem Text wirklich gar nichts gemeinsam hatte. Wir kannten uns am Anfang kaum, es war reiner Zufall, dass die erste Besetzung so zustande kam, wie sie war. Mit unserem ersten Gitarristen Daniel hatte ich bis zur ersten Bandprobe glaube ich noch nicht einmal ein Wort gesprochen, mit Tim nur ein paar Sätze auf dem Schulhof der Orientierungsstufe. Ugge war zufälligerweise in meiner Klasse gelandet, außerdem wusste ich durch die Schulbigband, in der er Schlagzeug spielte, dass er damals schon ein prima Drummer war. Er hat dann über Umwege die anderen Jungs angeschleppt.
Unsere Geschmäcker sind eigentlich ziemlich vielfältig: Poni und ich stehen auf AC/DC, Rose Tattoo, Led Zeppelin, die Doors und andere. Ich mag außerdem noch gerne Blues, obwohl ich erst in letzter Zeit angefangen habe, mich in dieser Richtung umzuhören. Tim steht neben Rock auf Ska und Reggae, Marv ist absoluter Steve Vai- Fan, Ugge hört Limp Bizkit und er und Marv sind noch ziemlich wild auf Dream Theater. Ich glaube, Ugge hat in letzter Zeit auch häufiger Gentleman laufen."
ragazzi: "Habt ihr die Plattenschränke eurer Eltern gefilzt?"
Mäk: "Da gab es bei mir nichts zu filzen. Meine Mutter stand früher unter anderem auf Wishbone Ash, mein Vater auf Creedence Clearwater Revival. Das haben sie mir aber nur erzählt, die ganzen Platten sind bestimmt auf irgendeiner Deponie gelandet. Bei Ugges Mama stehen aber glaube ich einige Schoten von den Stones und MC5 im Regal. Ich vermute aber mal, dass der Sohnemann die noch nicht oder erst vor kurzem angerührt hat."
ragazzi: "Wie seid ihr auf den Namen Boozed gekommen? Ich nehme an, dass das Cover alle eure nebenmusikalischen Vorlieben präsentiert: netter Hinweis auf Sex, Drugs and RockīnīRoll?!"
Mäk: "Das wir Boozed heißen ist reiner Zufall. Wir haben irgendwann mal überlegt, wie wir uns nennen sollen. Poni hat Booze vorgeschlagen, weil Bon Scott häufig übers Saufen gesungen hat. Eigentlich fanden wir die Idee gar nicht so toll, aber als dann ein Kumpel anrief und fragte, ob wir kurzfristig einen Gig- unseren ersten- spielen wollten, sagte Ugge spontan ja. Der besagte Kumpel fragte nach einem Namen und Ugge sagte überstürzt Booze, weil es wohl das einzige war, an das er sich von unserer Ausdenksession noch erinnern konnte. Etwas später wurden wir von einem lokalen Bikerclub namens MC Booze gebeten, unseren Namen zu ändern, also machten wir Boozed daraus. Mein Vorschlag für einen Namen wäre RockīnīRoll Tapete gewesen. Schade, dass wir jetzt so einen Scheißnamen haben. Ich kann versichern dass keiner von uns was gegen Sex und RockīnīRoll einzuwenden hat. Mit den Drogen lassen wir es ein bisschen ruhiger angehen, wir halten uns da größtenteils an die legalen Sachen."
ragazzi: "Was macht ihr so, wenn ihr nicht gerade CDs verkauft und Konzerttourneen absolviert? Schule/Job?"
Mäk: "Ugge, Marv und ich gehen zur Schule, Poni ist ausgelernter KfZ- Mechaniker und Tim lernt Lackierer."
ragazzi: "Was habt ihr euch für die Zukunft vorgenommen? Wie sehen die Boozed-Pläne aus? Wie gehts weiter? "
Mäk: "Wir werden noch bessere Musik machen, noch bessere Shows spielen, einen Haufen Kohle verdienen und dann alles für Bifi, Burger und Grünen Tee ausgeben. Das wird super. Als nächstes stehen auf jeden Fall massenhaft Gigs an, und Anfang nächsten Jahres sollte so langsam eine neue Scheibe im Kasten sein."
ragazzi: "Wie seid ihr mit Kamikaze in Verbindung gekommen? Habt ihr Demos ohne Ende an verschiedene Plattenfirmen abgeliefert und Kamikaze antworteten?"
Mäk: "Ich denke, dass die Leute von Kamikaze eine unserer Shows in irgendeinem Teil der Republik gesehen haben und uns dann haben wollten. Womöglich hat ihnen der Gig ganz gut gefallen. Ich weiß nicht, ob Alex viele Demos an Labels verschickt hat, da habe ich keinen Überblick."
ragazzi: "Wie sehen so eure Vorstellungen aus? Was habt ihr euch vorgenommen? Würdet ihr euren Sound für mehr Erfolg im kommerziellen Sinn verändern?"
Mäk: "Wir haben nicht vor, unsere Musik an irgendwas anzupassen, um Kohle zu scheffeln. Falls wir mit dem Ding, das wir machen irgendwann mal Geld verdienen sollten, wäre das natürlich geil. Aber wir werden keine weichgespülten Songs schreiben, um das Radio zu knacken, bei uns steckt kein Kalkül dahinter. Es geht uns darum, abzurocken, und zwar um nichts anderes. Wir spielen Rock und dabei bleibt es. Zum Glück ist das ein ziemlich weites Feld... Wir haben uns vorgenommen, so weit nach oben zu klettern, wie es geht, ohne dass wir uns dabei verbiegen müssen."
ragazzi: "Wann kommt das AC/DC-Cover? Gibt es neue Songs? Im gleichen Stil?"
Mäk: "Wir haben eigentlich nicht geplant, ein AC/DC-Cover zu machen. Ich hätte zwar nichts dagegen, aber Marv und Ugge finden, dass wir eh schon viel zu stark mit AC/DC in Verbindung gebracht werden. Für mich ist das eher ein Kompliment, weil wir hier von meiner absoluten Lieblingsband reden. Bis jetzt haben wir noch keine neuen Songs am Start, aber wir sammeln schon wieder Material. Es wird also nicht mehr lange dauern. Ich weiß nicht, ob die Sachen im gleichen Stil wie die alten sein werden, aber es wird auf jeden Fall ordentlich Arsch treten."
ragazzi: "Gibt es eine befreundete Band, eine Szene um euch? Habt ihr treue Fans mit Erwartungshaltung?"
Mäk: "Es gibt einige Bands, mit denen wir schon öfters unterwegs waren und mit denen wir gut klarkommen, wie zum Beispiel die Twee Star aus Twist, die December Peals oder die V8 Wankers. Eine Szene mit echten Fans gibt es in bei uns in Bramsche auf jeden Fall, aber dadurch, dass wir überall in der Republik spielen, entwickelt sich auch insgesamt eine kleine Fangemeinde. Wir werden das auf jeden Fall noch um einiges ausweiten. Rock!"

VM




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