ALLIED VISION

Düstere Songs eines warmherzigen Menschen

Am 1. November erscheint das dritte Album von Allied Vision
(siehe review). Im ragazzi-Interview
spricht Oscar Storm, der Mann hinter dem Electro-Projekt,
über den Albumtitel, die Wut in seinen Songs und
seine Meinung zum Future Pop.







ragazzi: "Das neue Album heißt "O.S Bandwidth" (Bandwidth = Bandweite, Bandbreite). Wofür steht der Titel?"
Oscar: "Ich wollte ein echtes Hightech-Album machen und da war "Bandwidth" der perfekte Titel, weil er exakt mein künstlerisches Konzept ausdrückt. Das Album ist voll von Energie, Emotionen und Cyber-Technologie. Es gibt keinen besseren Titel als "Bandbreite/Bandweite", um dies zu transportieren. Um den futuristischen Aspekt noch stärker zu betonen und den Sound der Produktion darzustellen, fügte ich "O.S." für "Operative System" hinzu. Es symbolisiert den Informationsfluss als den Schlüssel zur Zukunft. Dass O.S. gleichzeitig für die Initialen meines Namens steht, ist ein schöner Zufall."
ragazzi: "Das Album enthält zwei Videoclips. Worum geht es in ihnen?"
Oscar: "Beide Videos sind Teil des Gesamtkunstwerks von Allied Vision. Sie hängen eng mit den Emotionen und dem künstlerischen Konzept der Songs zusammen. "Coaxial Hardware" ist ein Killervideo, in dem es um ein Schutzsystem geht, das dich komplett unzerstörbar macht und dir die Kraft eines Superhelden gibt. Aber es gibt auch Nebenwirkungen...
In "Xenon" geht es um einem fernen Stern, ein Raumschiff und einen unbekannten Planeten. Ich komme auf diesem Planeten an und es gibt eine Überraschung."
ragazzi: "Wo und wann findest du die Ideen für deine Songs?"
Oscar: "Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht. Ich beginne mit einem Track, probiere verschiedene Ideen aus und benutze das, was mir gefällt. Wenn ich im Studio bin, ist es wichtig, dass ich motiviert bin und genügend Zeit habe."
ragazzi: "Deine Songs sind ziemlich düster. Bist du ein "dunkler", pessimistischer Mensch?"
Oscar: "Überhaupt nicht. Ich denke auch nicht, dass meine Songs so düster sind, sondern eher sehr intensiv. Ein Song muss einfach tief in dich eindringen.
Meine Musik hat zwar viel mit Zukunft und Science Fiction zu tun, ich bin aber eigentlich sehr warmherzig. Es ist falsch, jemanden nach der Art seiner Kunst zu beurteilen."
ragazzi: "In deinen Songs herrscht eine böse, wütende Grundstimmung. Magst du die Welt und ihre Menschen nicht?"
Oscar: "Die Welt, in der wir leben, ist ein schwieriger Ort. Es gibt Mord, Gewalt und sinnlose Kriege. Unser Planet ist sehr schön, aber die Menschen zerstören ihn, nur um des Geldes Willen. Meine Musik mag reaktionär sein, aber sie hilft, mit Vielem kritischer und bewusster umzugehen. Es ist Zeit aufzuwachen."
ragazzi: "Ich vermute, du magst Bands wie Skinny Puppy und Front Line Assembly. Benutzt du bewusst Stilelemente dieser Bands, vielleicht als Hommage an sie?"
Oscar: "Natürlich liebe ich Skinny Puppy und Front Line Assembly. Sie sind mein größter Einfluss überhaupt. Wir sehen verschiedene Dinge ähnlich, deshalb auch die Parallelen in der Musik. Als ich Student in Vancouver war, habe ich die kanadischen Szene ganz gut kennen gelernt."
ragazzi: "Hast du in Hinblick auf deine Songs schon mal an weitere, vielleicht weibliche Stimmen gedacht?"
Oscar: "Noch nicht, aber ich bin offen für Experimente. Es ist hier schwierig mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten, weil kaum jemand an diesem Genre interessiert ist. Daher musste ich bisher alles allein machen."
ragazzi: "Du bist ein begeisterter Technikfreak, wenn es um das Musikmachen geht. Dein Studio wurde im Laufe der Jahre größer und größer. Gibt es aus deiner Sicht irgendwelche technischen Grenzen?"
Oscar: "Richtig, ich bin sehr begeistert von Musiktechnik. Es ist mein Ausdrucksmittel. Ich habe nie ein anderes Instrument als Synthesizer oder Sampler benutzt. Inzwischen ist es schwierig, gute Hardware zu finden. Die Software hat die Synthesizer in der Entwicklung überholt, was mich schon begrenzt.
Technik ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn du sie nicht richtig benutzt, kannst du alles kaputt machen."
ragazzi: "Du lebst in Bilbao. Wie steht es dort und in Spanien überhaupt um die Dark-Wave-Szene?"
Oscar: "Was elektronische und alternative Musik angeht, gibt es hier nicht viel. Niemand kümmert sich darum oder unterstützt lokale Bands.
In Madrid und Barcelona findest du einige Clubs, die aber eher Gothic oder Synthiepop spielen."
ragazzi: "Gibt es Pläne, live zu spielen?"
Oscar: "Wir spielen gern live, aber wir brauchen natürlich Support von Promotern, die uns buchen. Wir waren noch nie in Deutschland, hoffen aber bald hier spielen zu können."
ragazzi: "Welche Musik hörst du momentan privat?"
Oscar: "Project Pitchfork , Front Line Assembly , Dismatled, Aslan Factor."
ragazzi: "Was hältst du von dem Phänomen "Future Pop"?"
Oscar: "Ich mag diese ganze kommerzielle Modemusik nicht. Ich kann nichts daran finden und sehe keine Verbindung zu den Wurzeln der alternativen Szene. Ich respektiere Synthiepop-Bands aus den 80er Jahren wie Soft Cell und Human League. Das hatte noch was, aber Future Pop ist mehr eine Marketing-Sache als alles andere. Es ist schade, dass sich die Szene in diese Richtung bewegt hat."

Stefan




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