Hypnos 69 "The Intrigue of Perception" (Elektrohasch Schallplatten, Nov. 2004)

Vor aller stilistischen Schubladisierung ist "The Intrigue of Perception" ein absolutes Killer-Album zeitloser Rockmusik. Starke, unglaublich "musikalische" Songs hat die belgische Band geschaffen. Schön heavy, episch weit, lyrisch, melancholisch, wild, kraftvoll und von berstender Dynamik.
Hypnos 69 wurde 1994 in Diest, Belgien, gegründet. Steve Houtmeyers (g, voc, ther, mel), Tom Vanlaer (b, bar g, key), Dave Houtmeyers (dr, perc, key, synth) und Steven Marx (sax, cl, "Fingerschnaps") können nicht nur wahnsinnig gute Songs schreiben, denen man spätestens beim dritten oder vierten Durchlauf verfällt, sie haben auch ein sensibles Gespür für die Feinabstimmungen des Arrangements, für lautstarke Ausbrüche und zurückgenommene, pulsierende Parts.
Gleich Opener "The Endless Void" ist ein grandioser Track. Harter Schreigesang peitscht den Song auf, der dann heavy und vollmundig "fliegt", da geben die Instrumente alles! Die Gitarre kreischt, das Saxophon, immer zurückhaltend, fast schüchtern, melodiert; das Theremin, nun, jault und das Mellotron entwirft fetten, noch fetteren, den fettesten Bombast, während die variable Rhythmuscrew die Energie pusht. Das ist allerliebst!
"Good Sinner - Bad Saint" hat trotz seiner 9 Minuten Länge das Format zum Hit. Zum echten "Rock"-Hit natürlich. Da summt Jazz durch die Akustik, flüstert Popappeal sich von Note zu Note, der funky Groove unterfedert das GONG-inspirierte Saxophon-Solo, der Gesang haucht sich durch die Strophen. "Third Nature" hingegen ist minimalistisch aufgebaut, doch wenn die zarte Melodie in den melancholischen Rhythmus bricht, wird der leise Song bunt und hell. "Twisting the Knife" könnte glatt von einem 1969er Heavy Rock Album stammen, Sound inklusive. Das rockt heavy und hat keine, absolut keine modernen Ansätze und ist über die ganzen 4 Minuten lang nahtlos perfekt. Der folgende, dreiteilige Longtrack hat wieder diese zarte Note, fast, als flöge ein unbekanntes Pink Floyd Stück von 1967 in der Interpretation einer amerikanischen Hippie-Vokalband durch den Raum. Im zweiten Teil entfleucht der Song in Weltall-Sphären, lässt elektronische Sounds neben dem leisen Saxophonrauschen Blubberblasen und Flattertöne entwerfen, sehr anmutig! Im dritten Part dann setzt sich eine entspannt psychedelische Note durch, von großer Melodie und harmonischer Vielfalt. Diese Qualität kann Hypnos 60 nicht im Drogenrausch vollbracht haben, zu komplex und vielschichtig ist die Songs, zu intensiv und anspruchsvoll die instrumentale Umsetzung. Das ist ein durch und durch grandioses Werk!
Zum Schluss gibt es einen weiteren Longtrack, dessen über 20 Minuten sich jedoch als größtenteils Stille erweisen. Der lyrische Song, gewiss wieder von frühen Pink Floyd inspiriert, fließt sanft und entspannt dahin, und verhallte Space-Sounds flirren mit. Nach viereinhalb Minuten läuft das Stück aus. Die lange Leere am Ende der CD ist überhaupt nicht mein Fall, egal, was die Band damit rüberbringen will; wohl, die Musik nachklingen zu lassen und sich entspannt und berauscht in der Stille zu vertiefen. Doch davon abgesehen, ist "The Intrigue of Perception" ein Meilenstein psychedelischer Rockmusik. Hier gibt es kein Gran Modernität, die Musik klingt wie 37 Jahre alt, aber kein wenig altbacken, sondern frisch, ursprünglich und mitreißend. Die Band war mir völlig neu und hat mich vollständig begeistert. Die beiden ersten CDs gibt es hoffentlich noch!

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VM




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