Homunculus Res "Come si diventa siò si era" (AltrOck 12_2015)


Zwei Jahre nach dem Debüt sind Humunculus Res wieder da und der Anlass erfordert ein fröhliches: Hurra! 14 Songs, 52:38 Minuten. Das Debüt verfügt über 18 Tracks und 48 Minuten. Damals waren sämtlichst kurzgehaltene Perlen an der eleganten Kette. Dieses Mal gibt es einen dicken Klunker in der Mitte und sehr anmutiges Kleinzeug ringsum.
Das Personal setzt sich aus Dario D'Alessandro (voc, g [linker Kanal], etc.), Davide Di Giovanni (voc, keys, perc, dr, etc.), Daniele Di Giovanni (dr, perc), Mauro Turdo (g [rechter Kanal]) und Daniele Crisci (b) zusammen. Daneben gibt es eine Reihe Gastmusiker, teils mit illustren Namen und von nicht minder illustrem musikalischen Format. Etwa David Newhouse (Muffins, saxes, cl), Aldo De Scalzi (Picchio dal Pozzo, voc, org, g), Steve Kretzmer (Rascal Reporters, p) und schicke AltrOck-Musiker.
Homunculus Res arbeiten auf dem Planeten Canterbury, auf dem sich seit den frühen 1970ern (und auch davor) bereits einige begabte, inspirierte Bands aufhielten. Damit die Einspielung aus Wettergründen gelingen möge, begaben sich die Canterburyianer nach Sizilien, wo ihre Altvorderen lebten und gewissen Tätigkeiten nachgingen.
Keine Frage, das ‚Canterburyianische' ist längst noch nicht abgegrast. Was nicht zuletzt dieser illustre Reigen beweist. Homunculus Res gehen ihre äußerst komplexen, raffinierten, von leichtfüßigem Humor beflügelten Ideen sehr behende, kernig, aber erstaunlich milde, geradezu lässig an. Gerade das schön komplexe Schlagzeugspiel verrät die radikalentspannte, geradezu coole Denkart der Band. Nie wird es harsch, rau oder wild, dabei kann es atonal, disharmonisch, hinreißend komplex und ‚verrückt' zugehen.
"Come si diventa ciò che si era", überwiegend instrumental, aber durchaus mit allerlei Gesang ausgestattet, der überwiegend lautmalerisch eingesetzt ist, aber auch richtige, echte Texte (in italienischer Sprache) transportiert (in sieben der 14 Songs), ist ein illustrer, grandioser Reigen exzellenter canterburyianischer Jazzrock-Spielart. Da kann es seltsame Momente geben, in denen ein Harmonium, das sich anhört, als stände es in der nördlichsten Kirche Finnlands und werde nur alle drei Wochen gespielt, mit elektronischen und elektrischen Tasten kombiniert, unterhoben von einem verflixt komplexen, aber leichthändigen Rhythmusteppich, verführt zu allerlei schräger Melodiekunst, in der disharmonische Motive sich mit äußerst harmonischen vereinen, um einen krassen, illustren, Hörsinn-reinigenden Instrumentalreigen zu erschaffen, der sich kein Vorbild genommen hat als die eigene Inspiration.
Zur gefühlten Leichtigkeit, fabelhaft intensiven Jazzbezügen, entspannten Denkart, komplexen Instrumentalstruktur, grandios hinreißenden Gesang und melancholischen Note kommt also ein weiterer Faktor: der skandinavische. Obschon Homunculus Res diesen auf die milde Art importieren, wie sie es desselben vom Planeten Canterbury tun, liegt dem Ganzen doch die warme, mediterrane Mittelmeerluft im Blut, so dass Freunde des extravaganten Prog-Sounds nicht fürchten müssen, anstrengende Musik ins Ohr filtern zu müssen, sondern zurückgelehnt, die Beine auf dem Tisch, wohlschmeckenden Rotwein an den Lippen, Augen auf (Cover!) diesen Genuss in sich spülen können. Wo er eine Weile bleibt, wieder erneut gehört werden will und dann noch einmal.
Denn was soll so eine CD im Regal stehen. Da macht sie nix. Sie will ihr Speichergut ins Ohr geben.
Ins Ohr!
Ja, fast vergessen: nach 9 Songs, deren längster über 6 Minuten läuft, die überwiegende Anzahl aber kaum über zwei Minuten hinausgucken kann, baut sich mit "Ospedale Civico" das 17:52 Minuten lange Opus Magnum auf, die geneigte Hörfreude des Musikfreundes zu ergötzen. Von höherer Qualität ist der Track indes nicht. Alles auf der CD zu Hörende ist saustark. Wie sagten die Texter in den 1980ern: All Killer, No Filler!
Kein Label mischt Progressive Rock so auf wie AltrOck.
Und wenn ihr genau hinhört wird euch deutlich, warum.

altrock.it
VM



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