Wolfgang Hötzel „Drumspirits“ (Eigenproduktion 2002)

Aha…haha, endlich gelangt wieder höchst gehaltvoller Balsam in meine von Banal-Prog gelangweilten Ohren. Wolfgang Hötzels Musik erweist sich als für Prog- und für Fusion-Fans gleichermaßen geeignetes Kraftfutter. Die sieben Stücke sind bis auf jeweils eines Eigenkompositionen und instrumental. Der Gesang auf „Just Survive“, der vermutlich von Herrn Hötzels Gattin stammt, jedenfalls lässt der Name Birgit Hötzel-Schurr dies vermuten, ist eigenwillig (erinnert mich vom Timbre an die Battlefield-Sängerin Tanja Ivenz), passt aber gut zur Musik, die vom Charakter wie eine Uptempo-Ballade mit Odd-Times daherkommt. (Fröhliches Taktartenraten!) Besonders herausragend ist das Titelstück „Drumspirits“, das zu Beginn etwas an Virgil Donatis „Slaves“ erinnert und später Anklänge an Sieges Even wach werden lässt, um im Mittelteil in sphärische Keyboardkaskaden (gespielt von Wolfgang Hötzel) zu münden, über die ein kurzes, aber heftiges Trommelgewitter hereinbricht. Eine prog-metallische Nummer wie „Mystic Shadows“, die in der Tat ein geheimnisvolles Flair versprüht, hätte bestimmt manche etablierte Band dieses Genres, die sich stattdessen an (unfreiwilligen) U2- und Pink Floyd-Persiflagen versucht, gerne im Programm. Die drei anderen Stücke „Scenes From A Crime“, „Magic Road To Nowhere“ und „Jazz Or Something“ wissen ebenso zu gefallen wie der Rausschmeißer „Free Form Solo“, der seinem Namen alle Ehre macht. Nicht unerwähnt bleiben soll der dritte Musiker im Bunde, der Gitarrist Andreas Zoller, der zwar sehr songdienlich spielt, gerade deshalb aber positiv auffällt. Nicht einmal der Hauptakteur drängt sich in den Vordergrund, lässt aber an geeigneten Stellen sein Können aufblitzen; dabei reicht seine Varianzbreite von gepflegten Doublebass-Passagen bis hin zu Streicheleinheiten für die Becken. Zum Schluß noch eine gute und eine schlechte Nachricht. Zuerst die gute: Der Mann, der die Trommelgeister zum Leben zu erwecken vermag, plant ein weiteres Soloalbum! Nun die schlechte: Bis zu dessen Veröffentlichung wird es wohl noch ein wenig dauern. Wolfgang Hötzels Kompositionen haben locker die Klasse um im kommerziellen Kontext bestehen zu können, weshalb sich einmal mehr die üblichen Fragen geradezu aufdrängen: Warum nur werden Musiker diesen Kalibers von den einschlägigen Plattenfirmen ignoriert? Warum nur veröffentlichen dieselben Firmen lieber den 815. Aufguss einer homöopathischen Dosis Originalität? Um damit Geld wie Heu zu machen? (Gegen ein solches Gebräu ist wohl selbst ein Heu-Aufguss ein Hochgenuss!) Zugegebenermaßen ist in diesem Punkt auch der Durchschnitts-Rezipient in die Pflicht zu nehmen, der von seinem Neugierverhalten einem Riesenfaultier gleicht. Würden die auf dieser CD befindlichen Titel aus der Feder sogenannter „BIG NAMES“ stammen, wären sie für manchen Hörer wesentlich interessanter, womit wir an einem der Basis-Probleme in der „Kreativszene“ angelangt sind: Hat man einen Namen, kann man Blei zu Gold(enen Schallplatten) machen, hat man aber keinen, liegt selbst Gold wie Blei in den Regalen. „Gerecht“ ist das zwar nicht, aber selbst die Justiz spricht nach Aussage einiger ihrer renommiertesten Vertreter „Recht“ und nicht „Gerechtigkeit“. Darum alle Riesenfaultiere (Arsch) hoch!

drumspirits.de
hoetzelw.de
Frank Bender



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