Hans Platz "Timestamps" (Piazza Recordings 2013)


Hans Platz ist ein Saitenvirtuose wie Steve Vai oder John 5. Er hat Stil und Handschrift, ist technisch äußerst versiert, legt ein sehr facettenreiches Spiel vor und beweist auf "Timestamps" neben einem ausgeprägten Sinn für kurzweilige, knackige Arrangements stilistisch übergreifendes Interesse, das weit in progressive Komplexlandschaft, epischen Jazzrock, knackigen Hardrock wie rasanten Heavy Metal reicht. Ein Unbekannter ist er nicht. Unter anderem stöpselte sich Spaßfaktor Mattias IA Eklundh mit seinen Saiten ein, am Bass wechselten sich Fabio Trentini, Pete Griffin und T.M.Stevens ab, am Schlagzeug arbeiteten abwechselnd Marco Minnemann, Wolfgang Haffner, Wolfram Kellner und Simon Michael.
Anders als im technischen Genre (überwiegend) üblich, sind die Songs kurz. Sehr kurz. Und gefühlt noch kürzer. In gerade einmal 35:39 Minuten gehen alle 11 Tracks durch. Da so unsagbar viel geschieht und die Songs bis in die i-Tüpfelchen perfetto ausgebaut sind, will das Album mehr- und vielfach gehört werden. Erschöpfend ist "Timestamps" kaum. Nicht nur die vielen Stile, instrumentalen Highspeed Irrsinnsabfahrten und krassen Soli machen ungemein Spaß. Die Songs sind so knackig und auf den Punkt arrangiert, dass nirgends lasche Macken oder ungewünschte Energieeinbrüche zu finden sind.
Über allem steht handwerkliche Finesse, auf Basisvon Heavy Funk im Metalkleid. Und die Sechs- und Achtsaitensoli werden über komplexe Instrumentallandschaft gedonnert, als sei dies das Leichteste der Welt. Und klar, Posing ist dabei. Die Songs wirken aber nicht aufgesetzt, da sind keine Ideen, die schon anderswo verbraten worden sind, hier ist alles neu. Alles klingt frisch, locker, rasant und kernig, wie es sein soll. Und: es findet kein (!) ödes Gedudel statt.
Zudem sind die Songs sehr gut aufgenommen, gemixt, gemastert und produziert, was das Anhören noch kurzweiliger macht. Vielleicht anzumerken: im Booklet hätten es auch weniger Bilder vom Maestro getan, dafür wären Information darüber, wer seine Mitarbeiter sind, und wo sie sonst so aktiv sind/waren, interessant.
Wer keinen Bock auf Sound wie diesen hat, darf Hecke schneiden. Die anderen kleben an den Boxen und baumeln hilflos wie Strichmännchen im schicken Sound.
Gehördasein mit Überraschungseffekt.
"Timestamps" gehört zu den kürzesten 35 Minuten der Musikwelt.
Gleich noch einmal. Dann wieder.

hansplatz.de

VM




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