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Hands "Caviar Bobsled" (ShroomAngel Records 2015)





























Hands gehören zu den Bands, die zu ihrer Zeit, in den1970ern, verloren gingen. Kein Vertrag, dauerhafter Underground-Status, kein großer öffentlicher Erfolg - bis auf den der Konzerte - die Texaner Band löste sich Anfang der 1980er Jahre auf. Die Aufnahmen der Band mit wechselnder Besetzung und wechselndem Namen wurden erst seit 1996 veröffentlicht, auf CD, von Shroom Productions (heute ShroomAngel Records). Lediglich eine Vinylsingle wurde 1978 aufgelegt - und was ist das schon für eine Progressive Rockband. Nach "Hands" (1996), "Prism Live 75-77" (1997), "Palm Mystery" (1998) und "Hands - The Early Years 1974-76" (2000) war der Katalog aufgearbeitet und die Historie auf dem neuesten Stand. Als Hands wiederbelebt wurde.
Im Jahr 2002 legten Hands das starke "Twenty Five Winters" vor, sechs Jahre später folgte mit "Strangelet" ein weiteres bemerkenswertes Album, das nicht nur historisch wertvoll ist. Und jetzt, die Jungs sind bereits im fortgeschrittenen Jugendalter, sind sie wieder da.
13 Songs sind auf "Caviar Bobsled" enthalten, in 72:31 Minuten Spielzeit. Ernie Myers (voc, g), Rex Bozarth (b, ce, back voc) und Martin McCall (dr, perc) sind noch (wieder) übrig vom Beginn der Reunion. Michael Clay, weiteres wichtiges komponierendes Mitglied, ist indes nicht mehr dabei. Dafür sind ein paar weitere alte Hands-Mitarbeiter wieder an Bord, die in den 1970ern bereits Teil der Band gewesen waren: Skip Durbin (fl, exotics), John Rosseau (dr), Shannon Day (vintage & contemporary keys). Mark Cook (warr g, devices) und Steve Powell (b, keys, back voc, noises) sind schon länger Teil der ‚neuen' Hands.
Obschon 7 Jahre seit "Strangelet" vergangen sind, hat "Caviar Bobsled" deutliche, starke Parallelen zu beiden neuen Vorgängeralben. Typisch US-amerikanischer Progressive Rock, oftmals liedhaft und erstaunlich einfach nachvollziehbar strukturiert, mit einer leichten Tendenz zum typischen Kansas-Sound der Siebziger (Keyboards, rhythmische Struktur), ist hier zu erleben, der ebenso lässig vorantreiben wie komplexe Instrumentalarbeit betreiben kann. So deftig und rasant wie in den 1970ern geht es nicht mehr zur Sache, aber nichts am neuen Hands-Sound wirkt altbacken oder fad. Ganz im Gegenteil hat sich hier ein entspannter Progressive Rock eingenistet, der auf kernigem Komplexgroove vitale Rockminuten transportiert, die ebenso US-Rock-, Hardrock- und Progressive Rock-Fans (alter Schule) ansprechen können.
Ein wenig schwierig wird es meines Erachtens in "Halfway To Salem". Die Komposition ist harmonisch heikel, wechselt sich indes mit einem sehr eingängigen Thema. Was als Gesangslinie darauf passiert, bleibt allerdings im heiklen Bereich. Beim ersten Hören klang Ernie Myers Stimmbeitrag (für mich) schlicht falsch, später konnte ich seinen Gesang durchaus begreifen, dennoch bleibt das Gefühl des etwas angestrengten Gesanges. Das gleiche Gefühl habe ich im vertrackten "Still Life". Auch hier sind die Harmoniewechsel ‚problematisch' schwer. Keine Frage, die Band meistert die verflixten Partien, doch von außen betrachtet bleibt ein schaler Eindruck - die Gesangslinie ist einfach zu kompliziert angelegt, dies zudem auf dem schweren Rhythmus. Alle Achtung, bevor mein Hörgefühl das akzeptieren konnte, waren einige Hördurchgänge notwendig. Und noch ein Song will mit schräg gefühltem Gesang trumpfen: "Like Me".
Hands lassen in manchen Songs die akustische Gitarre liedhafte Strukturen entwerfen, die durchaus episch lyrisches Songwriter-Format haben. Was die Band schließlich daraus macht, ist das Besondere. Nie wird es besonders hart, und nicht stets besonders komplex. Aber wenn die liedhafte Partie erzählt ist, verblüffen Hands mit vitalen, verflixt raffinierten und taffen Ideen, die stets schön straff und kernig gespielt sind. Zwar könnte die Band die elektrische Gitarre des Öfteren mal so knackig und laut einbringen wie in den Komplexparts, seicht und schlicht wird es aber niemals. Im Gegenteil, vermehrt legen Hands Wert auf leisere Komplexstrukturen, die teilweise fast klassisches Format haben und immer noch verrückt und raffiniert klingen.
Die Spielzeit von über 70 Minuten über 13 Songs macht bewusst, dass Hands über längeren Zeitraum mit unterschiedlicher Intention diese Ideen ausarbeitete. Da kann ein entspannter Track zustande kommen wie "Alis Volat Propiis", der gleichermaßen nach King Crimson (alter Spielart) und Fernsehpausenhintergrundmusik klingt. Hier und da sind jazzigere Partien ausgebaut, dann sind schemenhafte Erinnerungen an Gentle Giant oder britische Canterburyianer zu hören, die sehr gut ins Ohr gehen.
Alterswerk? Vielleicht. Handwerklich und kompositorisch beweisen Hands nach wie vor Stil und Qualität. Der Progressive Rock der Texaner darf sich von sanfter Seite beweisen, ohne Intensität und hohe Komplexität zu verlieren. Nichts deutet auf Hinwendung zur leichten Muse hin. Eher macht "Caviar Bobsled" den Eindruck, diese Jungs wollten genau diesen Sound so weitermachen, bis sie direkt am Instrument zu Staub zerfallen.
Hoffentlich! Gut zu wissen, dass ein solcher Fels in der Brandung steht.

cdbaby.com/cd/hands3
VM



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