haken "Aquarius" (The Laser's Edge Group/Sensory, VÖ: 16.04.2010)

Progressive Metal. 7 Songs, 72:49 Minuten lang. 3 über 10 Minuten lange Tracks (der erste gar über 11) starten die CD, die folgenden sind 6, 9 und 7 Minuten lang, sodann folgen die 16:57 des letzten Stückes. Und wo ist hier der Haken?
Die progmetallischen Kompositionsgerüste sind nicht sonder experimentell und passen ins locker-virtuose Rampenlicht des Zentrums der Szene, es gibt alles, was dran sein soll - und viel mehr. Haken enterten eine Menge extravaganter Instrumentalarbeit, die vor ernster Komik und verspieltem Spaß nicht zurückschreckt, zwischen pompösen Queen-Rock, bombastischen Emerson, Lake & Palmer-Opern, süffisanten Dream-Theater-Dramen, neoprogressiver IQ-Technologie und altgedient verschachtelter Genesis-Komplexität noch immer ideereiche Motive setzt, und die diversen verwandten Spielarten auf ihre eigene kuriose Weise verbindet und trennt, sich Blasen und Narben einfallen lässt, die über die schuppige Haut gebrannt werden und eine wundersam schöne, gefährliche, düstere, lichte, fröhlich-naive bis aggressiv-bittere Musik werden lässt, die mehr ist als der mittlerweile verfestigte Mainstream der Szene. Über Minuten prasselt das logische Prog-Metal-Feuer im die Musik bändigenden Ofen lustig vor sich hin, bis sie ihre Grenzen entdeckt und darüber hinaus schießen will, weil die plötzlich empfundene Enge nicht mehr Hort, sondern pures Gefängnis ist.
So ballert die Band mit Witz und Verve verrückte Ideen ins Instrumentalweltall, um zu testen, wo sie des Ofens schwache Stelle treffen und sich in die Weite katapultieren kann.
Zumeist geht alles erst einmal mainstreamig gut, bis der erste größere Gesang absolviert und die Songstruktur soweit gediehen ist, dass die potentiellen Hörer angedockt haben, sodann kommen die Clownerien, die Zirkusklänge, die sich überschlagenden Abgedrehtheiten, die dem Genre sonst nie innewohnen und die dem Haken eine überaus charmante und intelligente Seite abringen lässt. Die Band lässt sich bei ihren Spielereien viel Zeit, tut ganz ungefährlich und sprengt doch ganz gewiss ihre knappen Progmetal-Ofen-Grenzen, schießt weit über die enge Bindung hinaus und macht Musik so holterdipolter und freisinnig aus reinem Vergnügen, das nur zu staunen und genießen bleibt. Sicher, es gibt viel "Normalzeug", aber das geht schon, mit der netten Aussicht im instrumentalen Freiraum. Und irgendwie machen diese Ausbrüche nicht nur die Band sympathisch, sondern das ganze Genre, und zeigen, was geht und das nix nur Grenzenstreicheleinheiten ausgeübt werden dürfen, sondern gefährliche Lust und Spaß am Spiel dabei sein dürf-müssen.
Nach Bookletlage und Design ist die Story der Platte wohl nicht so ganz lustig, ich habe dem Sänger aufgrund fehlender Lust nicht zugehört und auch nicht ein Wort im Booklet gelesen, bis auf die Instrumentenliste, und auch da sind schicke Sachen zu lesen: Harfe, Flöte, Klarinette, Trompete, Posaune, Tuba, Djembe und - Ocean Drum (don't nothing about), und sicher ist das übliche Instrumentarium vertreten, ist nix Zauberei, sondern echte Handwerkskunst mit tiefergelegten Gitarren, dramatisch knüppelndem Schlagzeug (wenn es darf), Bass, der viel zu wenige Jazzsoli fährt (nämlich gar keines) usf.
Gutes Teil, die Spaßansätze haben avantgardistische Tendenzen - wenn man sie so verstehen will, und rauben dem Allgemeinpublikum der Szene nicht die gute Laune beim Zuhören. Mehr Freak-Substanz beim nächsten Mal bitte!
Der Haken an der Sache ist der, dass

myspace.com/hakenmusic
lasersedgegroup.com

VM




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