Steve Hackett & The Underworld Orchestra "Metamorpheus" (InsideOut Music 2005)
John Hackett "Checking Out of London" (Eigenproduktion 2005)

Steve und John Hackett veröffentlichen im März 2005 je ein Album, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch da die Brüder jeweils an der Produktion und Einspielung der Songs des anderen beteiligt waren, sollen beide CDs in einem Zusammenhang Erwähnung finden. Zudem war John Hackett derjenige, der seinen Bruder Steve zur akustischen, klassischen Musik brachte.
Die Fangemeinde weiß, dass Steve Hackett Gitarrist bei Genesis war, die wichtigsten Platten der Band mit einspielte und zur richtigen Zeit ausstieg (liebe Genesis-Fans, nichts zu ernst nehmen!). Seine Solokarriere nimmt, nach meinem Empfinden, an Qualität und Quantität zu, je älter er wird. Eine Produktion wie "Metamorpheus" zu kreieren, braucht einen geübten, technisch versierten Komponisten und Gitarristen. Das erste Mal berührte Steve Hackett das klassische Gebiet 1983. 1997 eroberte das Album "A Midsummer Night's Dream", die vom gleichnamigen Shakespeare-Stück inspirierte Komposition für klassische Gitarre und Orchester, die Klassik Top 10 im Sturm. Er ist in das klassische Gefilde hineingewachsen, ohne seine Arbeit als Rockmusiker zu vernachlässigen.
"Metamorpheus" nun ist ein grandioses Werk. Dem Klang der echten klassischen Instrumente in dieser tiefsinnigen, unaufgeregten, disziplinierten, komplexen Musik kann man sich kaum entziehen. Die Musik hat Magie und Lyrik, Tiefgang und Dynamik. Der symphonische Körper arbeitet mit berührender Hingabe und klarem Ausdruck. Neben Steve Hackett an der klassischen Gitarre gehören zum Underworld Orchestra Christine Townsend an Violine und Viola, Lucy Wilkins an der Violine, Richard Stewart und Sarah Wilson an den Celli, Dick Driver am Bass, Colin Clague an der Trompete, Richard Kennedy am Waldhorn und John Hackett an Flöte und Piccoloflöte. Gemeinsam haben sie eine unglaubliche Präsenz und zeigen ihr ganzes Können.
Die Musik ist sehr nuanciert. In "That Vast Life" "antwortet" das Underworld Orchestra auf Steves Gitarrenspiel, so dass ein Wechsel entsteht, der die schwärmerische Harmonie mit lebendigem Wohlklang und inniger Lyrik entfaltet. Das Werk besteht zwar aus 15 Teilen, ist jedoch strukturell und harmonisch in sich geschlossen. Die Melodieführung ist elegant und vollkommen, das Gitarrespiel von hoher Energie und leidenschaftlicher Komplexität. Hört euch nur das Album an, ich kann es nur empfehlen, die Ruhe ausstrahlende Grundstimmung und die faszinierenden Exkursionen von Gitarre und Orchester sind faszinierend.

Die Stimmung auf "Checking Out of London" ist von ähnlicher Ruhe und schwungvoller Eleganz. Musikalisch jedoch ist John Hacketts neues Album in der Popmusik zu Hause. Opener "Late Trains" ist ein grandioser Song, wohl noch am ehesten aller 12 Songs des Albums von progressiver Struktur. Das Keyboard spielt eine symphonische Jazzharmonie, die Perkussion untermauert das mit einem Latin-Rhythmus und die hintergründige Gitarre sowie die Gesangslinie entwerfen eine fesselnde Struktur. Toll gemacht, und das Gitarrensolo sitzt als perfekte Krönung oben auf.
Die meisten der folgenden Songs sind jedoch grundsätzlich Pop. Nicht unbedingt der Fokus des Mainstreams, weil der melodische Aufbau der Songs dafür vielleicht zu komplex ist. Doch die Einspielung, das Arrangement und die letztliche Abmischung und Produktion sprechen eine deutliche Sprache. Immer, wenn Steve Hackett seine elektrische Gitarre einbringt, was er in 4 Songs tut, geht es Richtung Rock, bleibt aber Pop. Sanft und süß sind die Songs, längst aber nicht zu lieblich oder kitschig.
Auch dieses Album kann ich empfehlen, wenn auch aus ganz anderen Gründen und einem anderen Publikum. Die Songs sind spannungsreich und dynamisch, das ist selten in der heutigen Popmusik. Das Album hat viele Ideen, die Songs sind kein Einerlei, sondern unterschiedlich aufgebaut. Wer melancholische, weiche, lyrische Popmusik mit einem Faible für progressiven Symphonik Rock mag, liegt hier vollkommen richtig.

stevehackett.com
johnhackett.net
VM



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