Gösta Berlings Saga "Detta Har Hänt" (transubstans Records 2009)

Das zweite Album der Stockholmer Old School Progressoren Gösta Berlings Saga, Einar Baldursson (g), David Lundberg (key), Gabriel Hermansson (b) und Alexander Skepp (dr, perc), beweist den Fortschritt des Quartetts. Zwar sind nicht alle Ideen der knüppeldicke musizierenden, wild und derb rockenden Band überzeugend, so wirkt das Schlagzeug im fast 10 Minuten langen "Sorterargatan 3" überwiegend seltsam fad und eintönig, was bemüht originell klingt, der crimsonesken Note jedoch eine dumpfe Begleiterscheinung gibt, zudem sind einige Ideen wenig tollkühn, ein bisschen beliebig - und dennoch in all ihrer verblüffend verträumten Radikalität sehr schön, komisch, was die Schweden so drauf haben - jetzt zurück zum Anfang des Satzes: aber der überwiegende Teil macht einen sehr guten Eindruck.
Die Kompositionen sind nicht, wie in der originalen Szene der frühen Siebziger, auf die sich jede musikalische Anstrengung der Band bezieht, markant und quasi songdienlich, sondern jazzig, verkopft, komplex und unabhängig. Mal scheint es, als improvisierten Gösta Berlings Saga in ihrer Garage, oder als bastelten sie in abendlicher Jamsession just ein Thema aus, das von ganz allein plötzlich gut klingt, einfach so. Dabei haben sie sicherlich lange an jeder Ecke gefeilt und geschraubt, bis die Kanten und Brüche so derart ausgeprägt und ungewöhnlich waren, wie sie nun jetzt und hier zu hören sind.
Macht Laune, der Band zuzuhören. Das könnte im Bergwerk abgespielt werden, während die Jungs da unten Gold oder Erdgas ausbuddeln, oder im Wald, wo Holz "geerntet" wird oder Bäume gepflanzt werden, es passt in dunkle und mystische Landschaften, an den abendlichen Bodden zum Beispiel, aber nicht in die industrielle Stadt, es sei denn, in ruinöse, verlassene, öde Stadtteile, die dem Verfall preisgegeben sind. Der Sound hat eine ausgeprägt disharmonische Note, die erst etwas störrisch wirkt und die Songs unnahbar macht, bis sie nicht mehr aus dem Kopf und immer wieder abgespielt werden wollen. Heile Welt gibt es bei Gösta Berlings Saga nicht - und doch hat der düstere Sound der Band eine Eleganz und Grandiosität, die ihn erhaben und beeindruckend macht. Die Vielfalt der Themen und ihre Komplexität, ihre Intimität und tiefe Intuition ziehen in den Bann und machen süchtig.
Schuld daran sind die Wikinger. Die haben in den vergangenen Jahrhunderten ganz Europa abgejagt und alle potentiellen Musikenergien in schwedischen Wäldern vergraben. Und heute kommen die da wieder hoch. Schön, dass wir auch was davon haben.

myspace.com/gostaberlingssaga
VM



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