Gösta Berlings Saga "Tid är ljud" (Transubstans/Record Heaven 2006)

Das muss wohl Neo Symphonic genannt werden, diese düstere Keyboardmelange aus schweren Tönen, schrammelnd-harten Gitarren, die lieber Pop machen würden, verschnörkelten Takten und seltsam fremden, neuen und schnell einwirkenden melodischen Ideen. Gösta Berlings Saga streben keinen überweltlichen Bombast an, intonieren keine Hymnen, die auf klassischer Basis entstanden sind. Das Quartett Alexander Skepp (dr, mel, solina), David Lundberg (mel, synth, key), Gabriel Hermansson (b, g) und Mathias Danielsson (g) - übrigens mit den gemeinsamen Einflüssen: Magma, Univers Zero, Kebnekajse, Neu!, Cardiacs, King Crimson und Weidorje schmiedet melancholische, verspielte und verschnörkelte, fast muss ich sagen, tief gefaltete und gefurchte Songs. Weit weg von Popmusik und Allerwelts Tanzkram, ganz intensiv in mystische Notengewölbe vertieft, gehen Gösta Berlings Saga (der Name hat Klang und Rhythmus - sprecht ihn nur mal laut aus!) in die epischen Tiefen und interessanten Abzweige ihrer Ideen, zaubern zwischen die Grundmelodien vielfache weitere Ideen, krumme Takte und eigensinnige Wendungen. In der melancholisch-düsteren, introvertierten Stimmung der CD steckt mehr als nur ein Hauch Neo Psychedelic.
Ganz typisch schwedisch klingt das Ensemble in seinen Songs, die zwischen versponnen dämmernden Verträumtheiten und druckvolleren Motiven mäandern; und alles ist von "nordischer" Folklore inspiriert. Aber nichts ist auf düster oder melancholisch "gemacht". Die Ideen klingen logisch, eingängig, als hätten sie schon seit 1969 im Unterholz gesessen und die langhaarigen Rocker samt Mellotronen vorbeiziehen sehen, die damals einfach nicht hinschauten (weil sie schon viel solches Zeug im Kopf hatten). Retro in der Fassung, Neo im Sound, fließen und stoßen die Songs wie Wachs dahin, das schmilzt und trocknet, wieder schmilzt und wieder fest wird, um erneut heiß und flüssig davon zu rinnen. Gösta Berlings Saga rocken nie forsch drauflos. Ihre Songs sind wie verspielte Kinder. Der Weg ist das Ziel, lieber ein paar weitere introvertierte Schnörkel in die instrumentale Landschaft gemeißelt und diese und jene Ecke ausgekundschaftet, als schnell ans Ziel gekommen und die komischen Hügel dahinten und die wilden Sträucher samt den düsteren Höhleneingängen und Luftblasen dahinter nicht gesehen zu haben.
Die 7 langen Songs auf "Tid är ljud" sind eher moderne elektrische Folklore als Heavyrock, ganz tief eingedrungen in den symphonischen Sumpf progressiver Klangvorstellungen. Jedoch, es kann passieren, dass ein Gitarrensolo, wie zum Ende von "Ljud Från Stan" zum Bluesrock mutiert und zeigt, dass es da versteckte Parallelen gibt, zwischen dunkler symphonischer Lyrik und klagendem Blues. An anderer Stelle wälzen sich repetitive Meriten dahin ("Tog Du Med Dig Naturen?"), in stoischer Gleichförmigkeit, die aus pulsierender Energie bestehen, bis die Spannung platzt. Stille, Lyrik, Symphonik und verschnörkelt komplexe Schlichtheit sind die Tagesordnung dieser bisweilen krachlauten Naturmusik. Schon der Name des letzten Tracks verspricht ein Abenteuer: "Svarta Hål Och Elljusspår".
Schööön zum Entspannen!

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VM



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