Gong "2032" (G-Wave, VÖ: 18.09.2009)

Da sind sie wieder. Die fröhlichen Kinder des Planeten Gong. Die - im Gegensatz zu den Kobaianern (Magma), zu denen es auch mal Berührungspunkte gab - keiner Düsternis nachhängen, sondern durch den Weltraum tanzen, von heiteren Drogen inspiriert. Es hat viele Inkarnationen Gongs gegeben. Psychedelic Rock und Jazzrock wurde gespielt. Gar mal Punk-Jazz-Verseuchtes. Waren nicht alles gute Jahre. Doch jetzt ist alles anders. Vordenker Daevid Allen und Space-Whisper-Chanteuse Gilli Smyth, die mit heute überwiegend unbekannten Namen die Band gründeten - mitten in der lässigen, psychedelischen Sonnenseligkeit des französischen Sommers 1968 waren Gong auf der Erde gelandet - haben einige ältere und jüngere Semester um sich geschart und das Weltraum-Unternehmen neu angeschoben. Steve Hillage (g) und Mike Howlett (b) sind an Bord, als weiterer Alt-Gongler gibt Didier Malherbe seinen Gastbeitrag, Miquette Giraudy (synth), Chris Taylor (dr) und Theo Travis (sax, fl) ergänzen das Line-Up, zu dem einige weitere Gäste hier und dort einsteigen. Die beiden Letztgenannten, um es gleich zu sagen, haben nicht die Power von Pierre Moerlen (RIP) und Didier Malherbe, fallen aber nicht negativ auf, machen ihre Sachen brav und würdig. Die Abteilung der "tuned percussions" ist vakant, man kann nicht alles haben.
Sie haben nicht verlernt, wie man Songs schreibt. Und kehren mit sattem Rock zurück. Natürlich ist das nicht mehr Gong der alten Schule, wenn sie (…plus Lebensjahren) auch so aussehen, was die freakigen Verkleidungen und die Texte betrifft. Was die alte neue Band auf ihrem über 75 Minuten langen Album fabriziert, ist cool und witzig, ungemein lebhaft und mitreißend, hat mehr als nur ein paar progressive Restschnipsel, immer noch Jazz, tolles, ungemein schönes, teilweise fast altes psychedelisches Flair, Electronic, Funk, viel lockeren Rap-Gesang, mal eine Prise irischen Folk, verrückt Phantastisches und knackigen Rock. Gewiss ist die Band etwas zahmer als früher, sanfter, dezenter, ambienter (wenn es ambient ist), aber immer noch sehr gut und keine schlappe Altkapelle. Hier und dort klingt's gar wie 1971 Part II.
In den Texten geht es weit weniger um Sex, als um Tiere & Hexen, Extraterrestrisches, Magie, Karma und das Jahr 2032, in dem wir Kontakt aufnehmen zum Planeten Gong. Die CD ist der Schlüssel, der den Kontakt aufbaut. Die große alte Hoffnung des Kontaktes zu "guten" extraterrestrischen Wesen, der Hilfe von außen, der Lichtpfad der Zukunft der Menschheit, Erleuchtung, das Hinausgehen aus dem finsteren Tal der menschlichen Alltagsexistenz zwischen Job und Bett lebt hier so intelligent, komisch und witzig wie nirgends sonst. Ob Show oder Herzblut - die machen das seit Jahrzehnten, wird wohl mehr als nur Gaga sein, Hoffnung auf jeden Fall, und Lust auf die kreative Auslebung ihres Witzes.
Den beweisen sie in den Texten - die im Booklet nachzulesen sind - und in ihren Kompositionen. Nicht alle Stücke sind genial, aber sie haben es immer noch drauf, zu fesseln. Beweisen ungemein Phantasie, Inspiration und Handwerk. Progheads werden zu tun haben, die Rap-Gesänge hinzunehmen, ich finde sie in diesem locker-scharfen Rockkleid totally cool. Das hätte, so klingt es hier, auch 1971 schon gepasst.
Jazz und Progressive Rock finden weniger statt, aber die instrumentalen Ausführungen sind nicht verloren gegangen. Synthesizer und Gitarre improvisieren und spielen Soli, die Band holt hier und dort zu experimentellen Partien aus. Und klar, Allen und Smyth - und alle anderen Beteiligten haben sich seit ihrer großen Zeit weiter entwickelt. Und haben immer noch das Gespür für die Idee ihres Anfanges. Da muss irgend etwas in ihnen sein, eine kunstvolle Unruhe, die sie weiter und weiter machen heißt und uns diese phantastischen Alben schenkt, für ein paar Mäuse.
Kommt in die Sammlung.

planetgong.co.uk
myspace.com/gong2032
VM



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