Glass Hammer "Three Cheers - for the brokenhearted" (Sound Recources, VÖ: 13.11.2009)

Ist doch erstmal ein bisschen irritierend. Mal haben sie ihre CDs voll mit überlangen Bombast-Epen, dann wieder sind nur kurze Hüpfer auf ihren Silberlingen. Glass Hammer reizen ihre kreative Inspiration nicht nach Schema F aus, scheint es. Sondern ganz so, wie es kommt.
Die Songs auf "Three Cheers" sind kurz, liedhaft, poppig, haben psychedelisches Flair, entspannt kraftvolle Refrains, eingängige Strukturen, die gar zum Mitpfeifen animieren, soften Pop und harten Rock, knackfrische Arrangements und - düstere Texte.
Nicht das allein ist neu. Multikeyboardinstrumentalist Fred Schendel ist nicht wieder zu erkennen. Die Haare waren schon ab. Jetzt ist es auch die Körperfülle. Auf der ersten Umschlagseite danken die beiden Bandchefs, neben Schendel ist das Bassist Steve Babb, der auch mal andere Instrumente anpackt, Gott, der nie die Tür zu hat, wie Fred Schendel meint, und Joanna & Nikki, die auf "der anderen Seite warten". Ein familiärer Verlust, der zu dieser radikalen äußeren, gewiss nicht negativen Veränderung beigetragen hat, die Ursache dafür war? Und die offene Tür Gottes gezeigt hat?
Die Songs machen einen ungemein frischen, trotz aller Düsternis lebhaften Eindruck. Und sie klingen ehrlich, schlicht ehrlich. Es gibt kaum großartigen progressiven Schnickschnack, kaum bombastische Rasanz, kaum Pathos, kaum symphonischen Schmelz, kaum Keyboardorgien, kaum überbordende Themen. Aber es gibt sie. Und die Songs sind raffiniert und rasant. Als hätten Supertramp Pate gestanden. Und Kate Bush. Und so weiter.
Die Mellotron-Sounds sind allerliebst, die Gesänge ebenso. Das Drumming geht in Ordnung, der Rickenbacker rickenbaggert. Was die Gitarre leistet, ist unterpräsent, macht sich aber, wenn zu hören, gut.
Die Songs, so kurz sie sind, alles so um 3 bis 5 Minuten lang mit einer siebenminütigen Ausnahme, haben illustre Themen, sind schlicht schön und überzeugen, ohne an Kitsch oder Pop zu leiden, obschon es erstaunlich viel Pop gibt, beim ersten Hören erschreckend viel, nur halt gut gemacht, zu ertragen auch für alte Hasen und Mäkelfritzen.
Als Chanteuse ist dem Glashammerduo Susie Bogdanowicz verblieben, die einigen der 11 Tracks ihre sehr angenehme Stimme leiht, ohne auf Pop zu machen. Sie dankt übrigens ihrem Mann, der auf die Lütten aufpasste, wenn sie singen ging.
Glass Hammers Alben zeigen keinen stetigen Qualitätslevel. Es ging immer mal drunter und drüber, war zuletzt nicht mehr ganz so überzeugend, und ist jetzt, mit kurzen Tracks und einfallsreichen Songs samt himmlisch schöner Ideen und fabelhafter Arrangements, ein ganz großes. Ganz unaufgeregt, aber erregt. Und intensiv.

glasshammer.com
justforkicks.de
VM



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