Gentle Giant "Gentle Giant" (Vertigo/Repertoire Records 2004)

1970 beendeten die Brüder Derek, Ray und Phil Shulman ihre erste Band Simon Dupree and the Big Sound, weil sie keine Erfüllung darin fanden. Simon Dupree (Derek Shulman) and the Big Sound stand für Soul und Psychedelic Pop. Die drei Brüder trafen auf Kerry Minnear (key), was der entscheidende Auslöser dafür war, eine neue Band zu gründen, in der die Entfaltungsmöglichkeiten der einzelnen Talente nicht am Popformat scheiterten. Gitarrist Gary Green und Schlagzeuger Martin Smith kamen hinzu und Gentle Giant wurde gegründet. Die neue Band verbrachte ihre ersten 6 Monate auf dem Land und probte ihren neuen Stil ein: Progressive Rock.
Die 6 Songs zeigten noch deutliche Anlehnungen an bekannte Bands. So sind die Beatles, King Crimson, Crosby, Stills & Nash auszumachen. Dennoch konnten Gentle Giant schon eine erstaunliche Eigenständigkeit vorzeigen. Die Band spielte nicht nur den modernen Progressive Rock, sondern entwarf eine ultrakomplexe Rock-Kammermusik, die aus einer großen Fülle verschiedenartiger Instrumente lebte. Die Shulman-Brüder und Kerry Minnear konnten diverse Instrumente virtuos spielen, was sich später in Konzerten zeigen sollte: der Bühnenaufbau für so viele Instrumente wirkte wie für ein Symphonieorchester. Neben dem obligaten Rockinstrumentarium waren das Saxophon, Trompete, Flöte, Cello, Violine, Viola, Cembalo, Clavicord, Xylophon, Vibraphon, Mellotron, Orgel, Moog-Synthesizer und diverse Perkussionsinstrumente.
"Giant" eröffnet die CD mit Orgelklängen. Schnell entwickelt sich das Stück zu komplexem Heavy Prog. Die eigenartige Melodik und der komplexe Songaufbau ließen schon großartiges vermuten. Auf akustischen Instrumenten wurde das klassisch anmutende "Funny Ways" eingespielt. Die phantastische Differenzierung der Stimmungen und Töne ist exzellent eingefangen worden. Dazu der harmonische Gruppengesang und die Einzelgesänge - dieser Song ist der erste Meilenstein des Albums. "Alucard" hat wieder diese komplexe Struktur und eine perfekte Vielschichtigkeit, die auf vertrackten Rhythmen spielt. Unglaublich schwer und doch so leicht! "Isn't it quiet and cold?" ist eine entspannte akustische Ballade, die wiederum die instrumentalen Finessen der Musiker präsentiert, melodischen Witz, Spielfreude, Lust an charmanter Songstruktur - ein Meisterwerk! "Nothing at all" ist der erste Longtrack von Gentle Giant (die im Übrigen nur wenige lange Songs hatten, und selbst "Nothing at all" ist "nur" knapp über 9 Minuten lang). Der harmonische Gruppengesang im Stil von Crosby, Stills & Nash führte in ein erst harmonisches Lied, das sich langsam zum Heavyrocker steigert. Das letzte Stück der CD, "Why not?", ist ein weiteres Heavy Prog Stück mit grandios komplexer Struktur, das von den fantastischen Gesängen und klassischen Parts lebt. Ein ungemein faszinierendes Stück, das die sich in den folgenden Jahren entwickelnde Qualität von Gentle Giant schon vollkommen präsentiert.
Wunderbare weitere Alben folgten diesem Debüt. Gentle Giant verkauften nie wie die großen Bands, spielten aber im Vorprogramm so manche Band voll an die Wand. Im Prog Olymp haben sie die Position der Qualitätswächter inne, weil sie fast bis zum unrühmlichen Ende stets die höchsten Qualitätsansprüche umsetzten. Dieses Album ist ein wichtiger Prog Klassiker und gehört in jede Prog Sammlung.
Die Aufnahmen hat Eroc auf seiner Ranch restauriert und remastert. Bonustracks gibt es nicht. Die CD ist im tollen LP-Sleeve mit Mini-Poster verpackt. Pflichtprogramm!

milestone-mailorder.com
VM



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