Gargamel "Descending" (transubstans Record 2009)

Rein von der Größe her, im Vergleich, Weltall zu Erde, muss einfach angenommen werden, dass im weiteren Verlauf des menschlichen Lebens auf der Erde, wenn es denn im guten weitergeht, viel mehr Space Rock als World Rock (hehe) eingespielt werden wird. Aber dazu müssen wir wohl alle Rakete fahren, die Inspiration aus der Nähe zu erkunden. (Totaler Quatsch.)
Norwegens Antwort auf symphonisch psychedelischen Jazz Space Prog, Gargamel, hat vier Songs für ein feines Schwerenöteralbum eingespielt, die retrospektiv 70er Hardrock/Orgelrock studiert haben, aber auch auf frühen Prog, 1967 bis 71 abfahren. Die epischen Songs haben kaum besondere Komplexe, schon gar keine Frickeleien, alles fließt auf hohem Niveau dahin, keineswegs simpel aufgebaut und doch sehr eingängig und zum gediegenen Hören einladend.
Während der erste Song deswegen zum ärgern einlädt, weil ihm eine Sekunde zum echten Longtrack fehlt, tuckern die norwegischen Prog-Folk-Gene gemütlich vorbei, eine angenehme Klanglandschaft illustrierend, der stundenlang gelauscht werden könnte, aber durchaus nicht muss. So schön der dunkel angehauchte Klang, so wenig passiert, eigentlich. Inhalt und Tiefe der Komposition fahren im Unterbewusstsein vorüber, und da ist deutlich mehr auszumachen.
"Prevail the Sea" bringt es dann 2:20 über die 10-Minuten-Marke und da empfangen uns crimsoneske Frühfloyd-Sounds, die Jazz, Prog und Ambientheavyrock mit tausenderlei überraschenden Motiven zur allgemeinen Freude beinhalten. Zum Schluss gibt es ein exklusives Trompetensolo, wie es viel zu selten zu hören ist. Hier kommt der Genusshörer voll auf seine Kosten, und der dunkle Klangvorhang könnte nicht schöner gewebt sein.
6:31, "Trap" ist der Radio-Edit auf der Platte, schmückt sich mit dem Klang der schwedischen Anekdoten. Orgel und Synthesizer bringen allerlei kuschelige Sounds ein, das Mellotron, Zauberinstrument erster Stunde, sorgt für mystisches Gruseln. Kein Quatsch, ist schön! Und dann legen sie los. An "Labyrinth" haben Gargamel vermutlich lange gearbeitet, was sich hier an hellem und düsterem Klang verbindet, mehr als 18 Minuten lang, das ist ein kleines Wunder. Nicht, dass der Song Skandinavien vergoldet, aber er macht durchaus großen Eindruck. Vor allem, weil er seine Gestalt stets wandelt und so charmant unprätentiös wie aus der Garage nebenan klingt. Kein exorbitant guter Klang, die bombastische, ja pathetische Spacerock-Angeberei ist so überraschend eingängig, als kennte sie ein jeder Musikfreund seit den ersten Progtagen. Wahrhaft angenehm, ohne die Socken von den Füßen zu stehlen.
Es gibt nicht mal abgefahrene Soli, kein traumhaftes Vibraphon-Solo, keine extraordinären Instrumentalfinessen, aber schickes Glockenspiel und Horror-Motive mit dem Thriller-Spannungs-Effekt. Es gibt nur den dunklen Klang, der in seiner Epik steckt und Motiv um Motiv abspult, als wollte er die Welt verkabeln. Hört es euch an: King Crimson haben ihre Gene hinterlassen, Van Der Graaf Generator auch, Genesis gar, aber alles in abgeschwächter, folkiger, dunkel-melancholischer Norwegen-Form.
Das Cover sieht in Schwarz-Weiß viel intensiver aus.

myspace.com/gargamelprog
VM



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