Fulano "Fulano" "El Infierno De Los Payasos" (Alerce)

"Wir sind Amphibien, wir sind nicht 100 von irgendwas, wir sind nur wir!" Dieser selbstbewusste Spruch Jorge Campos´, des Bassisten dieser unglaublich inspirierten und lebendigen Bands Chiles, zeigt das Selbstverständnis der Band Fulano.
1984 wurde Fulano aus drei ehemaligen Mitgliedern der "Santiago del Nuevo Extremo", einer der besten "Canto Nuevo"-Bands Chiles, gegründet. Jorge Campos (b), Cristián Crisosto (saxes, fl) und Guillermo Valenzuela (dr, später durch Raúl Aliaga ersetzt) fanden sich mit Arlette Jaquier (voc, cl), Jaime Vivanco (key) und Jaime Vásquez (saxes, fl) zusammen, um eine ganz eigene, unvergleichliche Musik zu machen. Aber wie es so ist, ganz unvergleichlich ist nichts auf der Welt. Jazz Fusion, Progressive Rock der Canterbury Schule, Frank Zappa - Parallelen und folkloristische chilenische Musik der "La Nueva Canción Chilena" trafen aufeinander und verbanden sich zu einer außergewöhnlichen und sehr inspirierten, lebendigen neuen Musik. Die Geschmäcker der einzelnen Involvierten waren durchaus unterschiedlich, da gab es den Rockfan (Campos), den Zappa-Freak (Cristosto) und den Avantgarde-Liebhaber (Vivanco), diese Vorlieben verbanden sie mit der gemeinsamen zur chilenischen Neofolklore. 3 Alben veröffentlichten Fulano in 10 Jahren. Jetzt gibt es die Band leider nicht mehr. Jaime Vivanco starb im Januar 2003 an einer Atemwegserkrankung. Fulano wurde aufgegeben, Cristián und Arlette, nebenher auch ein Paar, konnten lange Zeit die Musik nicht hören, ohne in Tränen auszubrechen. Politisch und philosophisch stand Fulano von Beginn an gegen die Diktatur Pinochets, für demokratische und freiheitliche Ziele. Die drei Platten der Band, die nun auch auf CD erschienen sind (eine vierte CD, ein 80-minütiges Livealbum ohne Overdubs wird in Kürze folgen), werden auf jeden Fall bleiben. Die künstlerische Qualität ist uneingeschränkt hoch, wunderbar anzuhören und von einer traumhaften, grandiosen Qualität.
"Fulano", das Debüt, wurde 1987 eingespielt. Schon hier sind alle Merkmale der Band voll ausgeprägt. Das hervorragende Spiel der beiden Saxophonisten, die perfekte Rhythmusabteilung, die beiden Melodie- und Solo-Instrumente Gitarre und Keyboard, der virtuos-kraftvolle Bass und vor allem die unübertreffliche und modulationsreiche Stimme Arlette Jequiers, die ein wenig an Julie Driscol oder die polnische Sängerin Urszula Urbaniak erinnert. Sie transportiert Lyrics mit einer Leichtfertigkeit, die einfach nur bewundern macht und setzt ebenso Scat und Jazzgesang ein, was sie mit einer Kraft und Lautstärke macht, dass man meint, ihre Stimmbänder müssten reißen, aber weit gefehlt, Arlette hat Stimme und Stimmbänder unter Kontrolle und reizt ihre Möglichkeiten voll aus, das ersetzt Fitness und Krafttraining und hat voll betörende, überzeugende Wirkung. Der Nachfolger "El Infierno De Los Payasos" (= Clown´s Inferno) ist im gleichen Geiste und der gleichen kompositorischen Handschrift gefertigt worden. Vielleicht haben sich Humor und Sprachwitz, Virtuosität und Arrangement weiter gesteigert, die 11 Songs sind mit einer Kraft und Lebensfreude inszeniert, dass es wenige Vergleichspunkte nur gibt. Ein Glücksfall der Geschichte der Rockmusik.
Wer einmal Arlette gehört hat, kann nur in ihren Bann gezogen werden. Allerdings muss man eine Vorliebe für Jazzrock, der auch schon mal in Henry Cow´scher Manier gespielt wird, mitbringen. Die komplexen Instrumentalpassagen haben oft das dynamisch-virtuose Format Frank Zappas, in Fulano-eigener Vorstellung gespielt. Es ist diese Art Musik, die eine ganz bestimmte Sorte Leute mögen, verrückte Prog-Heads, Jazzpuristen, Liebhaber des Außergewöhnlichen. Fulano waren die erste chilenische Band, die Popmusik akademisch spielten, das brachte den Fans Identifikationsmöglichkeiten. Die Fangemeinde ist stets gewachsen und hat sich verändert, die ersten Fans, heute um die Vierzig Jahre als, sind noch dabei, aber auch viele Studenten, neugierige junge Leute sind hinzugekommen. Fulano ist Geschichte. Doch damit ist längst nicht alles vorbei. Cristián Crisosto und Arlette Jequier haben mit 8 jungen Musikern eine neue Band gegründet. MediaBanda ist gerade mit der ersten CD in den Startlöchern, ein Vorab-Tape liegt mir vor. Die Zappa-Einflüsse sind gestiegen, die Komplexität ist weiterhin auf hohem Niveau, zudem hat sich in einigen Vokalstücken eine etwas verstärkte folkloristische Variante durchgesetzt. Darüber demnächst mehr. Gewiss wird es nicht einfach sein, die CDs zu bekommen. Südamerikanische Prog-Mailorder sollten die CDs jedoch gelistet haben. Uneingeschränkte Empfehlung!

http://kobaia.awardspace.com/wikka/wikka.php?wakka=Fulano
VM



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