Fotheringay "Essen 1970" (Thors Hammer 2011)

Auf nur eine LP brachte es die britische Folkrocktruppe Fotheringay, vermutlich dürfte deswegen der Bandname über Genresammler hinaus relativ unbekannt sein. Sandy Denny indes ist wohlbekannt. Die Folksängerin arbeitete unter eigenem Namen, war bei den Strawbs und Fairport Convention - und bei Fotheringay. 1969, Sandy Denny (voc, g, p) wohnte mit ihrem Freund Trevor Lucas (voc, g), der zuvor in der Folkrockband Eclection spielte und davor solo veröffentlichte, in einem offenen Haus zusammen. Mit Jerry Donahue (g), Pat Donaldson (b) und Gerry Conway (dr) gründeten sie Fotheringay; den Bandnamen, der auf einen Song zurückgeht, den sie selbst für Fairport Convention schrieb, schlug Sandy Denny vor.
Donahue und Donaldson kannten sich von The Poet And The One Man Band, wo beide 1969 an der Einspielung der einzigen, gleichnamigen LP der Band beteiligt waren. Conway arbeitete mit Lucas in Eclection zusammen und war ein Jahr lang mit Alexis Corner auf Tour.
Sandy Denny (1980 verunglückt) und Trevor Lucas (1989 verstorben) schrieben Songs für die neue Band, die stilistisch nicht weit entfernt von Fairport Convention liegen. Sandy Dennys bekannter Name sorgte für den Plattenvertrag mit Island Records. 1970 ging die Band ins Studio, im gleichen Jahr wurde "Fotheringay" veröffentlicht. Während der Aufnahmen zur zweiten LP, im Herbst 1970, verließ Sandy Denny die Band, im Januar 1971 gaben Fotheringay ihr letztes Konzert, dann war die Band Geschichte. Die Aufnahmen zur zweiten LP wurden im Jahr 2008 auf CD und LP veröffentlicht.
Von verschiedenen Liveauftritten kursieren Bootlegs. "Essen 1970" ist die dritte offizielle Veröffentlichung der Band. Am 23. Oktober 1970 standen Fotheringay beim 3. Essener Pop & Blues-Festival in der Gruga-Halle auf der Bühne. Diverse Konzerte des Festivals wurden semiprofessionell mitgeschnitten und sind erhalten geblieben. Der vollständige Auftritt Fothingerays gehört dazu. Die Bänder wurden bearbeitet, digitalisiert, die Aufnahmen aufwendig remastert, so dass der Klang der Songs auf der CD gut anzuhören ist.
Der Konzertklang ist etwas stark verhallt und höhenarm, aber um Längen besser als gutes Bootleg-Niveau. Die Band und ihre Sänger Sandy Denny und Trevor Lucas sind klar zu hören, vor allem Sandy Dennys Stimme beeindruckt bis heute nachhaltig. Der dezent progressive Folkrock ist darauf orientiert, die Sänger zu begleiten, lässt indes auch die eine oder andere längere Instrumentalfahrt sehen. Alle Songs sind sehr lyrisch und feinsinnig, harmonisch und schöngeistig. Zwei Traditionals ("Eppie Moray" und "Gypsy Davey"), je eine Komposition von Bob Dylan ("Too much of nothing"), Gordon Lightfoot ("The way I feel") und dem Rock'n'Roller Chuck Berry ("Memphis, Tennessee"), ein Song von Trevor Lucas ("The ballad of Ned Kelly") und drei Kompositionen von Sandy Denny ("The sea", "Nothing more" und "John the gun") machen rund 42 Minuten voll.
Solo oder im Duett ist der Gesang beider Folkies beeindruckend und nah an Fairport Convention. Die nachdenklich-balladeske Stimmung fast aller Songs wird in den wenig ausgebauten instrumentalen Parts emotional weiter hochgefahren und von der Band gut am Laufen gehalten. Und selbst wenn Sandy Denny nicht singt - und alles ist darauf orientiert, dass sie stetig singt - scheinen die Songs nur auf die Wiederkehr ihres Lead-Instrumentes, ihrer Stimme, zu waren und die Zeit nur zu überbrücken.
Ohne Zweifel werden Folk(rock)-Fans der trotz der hinnehmbaren Klangeinbuße geminderten Qualität der typisch britischen Folkrocksongs hingerissen lauschen. Die charmanten Songs sind relativ unscheinbar und doch beeindruckend.

diregarden.com
VM



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