Forgas Band Phenomena "Soleil 12" (Cuneiform 2005)

Schlagzeuger Patrick Forgas hat sein erstes Album 1977 veröffentlicht. Er galt als die französische Antwort auf die Canterbury Szene, und hat später Electronic verzapft. Das Jazzrockwerk "Cocktail" wurde 1977 mit Mitgliedern von Magma und Zao eingespielt. Forgas war in der Folge in der französischen Szene im großen Kreis um Magma aktiv, fand 1978 ein neues Ensemble. Doch bevor Material für ein zweites Album ausgearbeitet werden konnte, war das interessierte Label pleite, die Tour durch Frankreich gecancelt und die Band Geschichte. (Die beiden Forgas Band Musiker Eric Bono und Philippe Talet gingen direkt zu Pierrejean Gauchers Jazzrocktruppe Abus Dangereux.)
Erst 1990 war von Forgas wieder die Rede, als er ein elektronisches Werk (mit Drum Programming) veröffentlichte, dem 1993 ein ebensolches weiteres Album folgte; 2002 kam Forgas' bisher letzte Electronic/New Age Produktion.
Zu Beginn der 90er, mit dem Wiederaufleben der progressiven Rockszene, gründete Patrick Forgas seine Band Forgas Band Phenomena. 1997 wurde "Roue Libre" veröffentlicht, im Team war Mireille Bauer, die bereits bei Gong und Edition Speziale Vibraphon gespielt hatte und getrost als französische Antwort auf Ruth Underwood gesehen werden kann. 2003 folgte "Extra-Lucide", darauf enthalten "Pieuvre à la pluie", eine epische Komposition von 1978, die auch auf der jetzt ganz neuen CD "Soleil 12" in neuer Version enthalten ist.
"Soleil 12" soll als Abschluss der Trilogie mit seinen beiden Vorgängern gesehen werden, die Patrick Forgas als "Paris' Big Wheel" bezeichnet.
Gerade einmal 4 Songs hat die CD. Stilistisch bewegt sich das Ensemble, neben Forgas (dr) sind Sylvain Ducloux (g), Igor Brover (key), Kengo Mochizuki (b), Frédéric Norel (vi), Stanislas De Nussac (ts, ss), Denis Guivarc'h (as) und Sylvain Gontard (tr, fl-h) involviert, im Jazzrock mit Hang zum Canterbury Rock. Die Songs sind von komplexer Struktur, geben den einzelnen Blas- und Saiteninstrumenten weiten Raum zur melodischen Illustration und klingen tatsächlich wie die moderne, jedoch eingeschränkt komplexe Variante des klassischen 70s Canterbury Jazzrocks.
Das Problem ist die Länge der Songs. Vor allem "Coup de Théâtre" mit 35 Minuten und "Pieuvre à la pluie" mit 18 Minuten Länge benötigen Ausdauer. Der musikalische Inhalt, keine Frage, ist ansprechend, wenn auch Ecken und Kanten fehlen und insgesamt Wildheit, Leidenschaft fehlen und die rhythmische Akzentuierung des Werkes zu straight ist und heftige Breaks und dynamisierende Forcierungen und Verschleppungen einfach fehlen, das sit der große und entscheidende Unterschied zu den Klassikern der Canterbury Schule, deren Anliegen es war, darum sind sie tief ins Gedächtnis der Freaks geschraubt, nur komplexer und ausgefallener zu arbeiten und sich schrägeres Zeug einfallen zu lassen. "Soleil 12" hingegen tendiert zur Schlichtheit.
Diverse Soli der verschiedenen Instrumente, vor allem der fabelhafte Klang des Bläserensembles oder das zum Niederknien tolle Spiel der Violine sowie überhaupt die dichte, konzentrierte Spannung der melodischen Gruppenausflüge sind wiederum hinreißend. Gitarrist Sylvain Ducloux, der neben seinem Engagement in Forgas Band Phenomena ein virtuoses Progmetal-Projekt unter dem Namen Cloux betreibt, geht hier etwas unter, vitalisiert lediglich den Background und ist nur wenig solistisch aktiv, dann jedoch spielt er mit Verve und macht kraftvoll Druck.
Das instrumentale "Soleil 12" ist gewiss für Canterbury und Jazzrock Fans interessant, die den Klang des größeren Ensembles komplex und differenziert mögen und keine Scheu vor langen Tracks haben. Die Erfüllung jedoch, lässt man sich darauf ein, wird nicht vollkommen sein.

cuneiformrecords.com
waysidemusic.com
VM



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