Steve Smith, Dave Liebman, Aydin Esen and Anthony Jackson "Flashpoint" (Shrapnel/Mascot Records 2005)

Das Quartett hatte in dieser Besetzung nie zuvor zusammen gearbeitet, obwohl jeder der Involvierten bereits mit jedem anderen gespielt hatte. Jeder dieser Musiker steht für etliche Produktionen, so hat Dave Liebman an mehr als 200 (!) Produktionen teilgenommen, Anthony Jackson bringt es gar auf über 400 (!!) Platten.
Dave Liebman (saxes, fl), Steve Smith (dr, ghatam, udu), Aydin Esen (key, p, synth) und Anthony Jackson (contrabass-g) sind wohlbekannt. Steve Smith spielte in Journey und bei Jean-Luc Ponty sowie einer langen Liste von Jazz- und Jazzrockbands, wie seiner eigenen Gruppe Vital Information. Dave Liebman spielte mit Elvin Jones (1971-73) und Miles Davis (1973-74), ist Mitglied des Saxophone Summit (mit Michael Brecker und Joe Lovano), hat seit über 30 Jahren seine eigene Band und war in unzählige Projekte involviert.
Der türkische Keyboarder Aydin Esen, der neben Liebman für die meisten Kompositionen auf "Flashpoint" steht, hat mit Miroslav Vitous, Woody Shaw, Pat Metheny, Gary Burton, Vinnie Colaiuta, Peter Erskine, Trilok Gurtu und etlichen weiteren musiziert. Und Anthony Jackson, in den 70ern ein Jazzrock Gott, nahm mit Buddy Rich, Chick Corea, John Scofield, Paul Simon, Steely Dan und The O'Jays ("For The Love Of Money") auf.
Doch so viel Tamtam man um die Jungs machen kann, so wenig braucht das die Musik. Die 10 Tracks sind Fusion angehauchter Electric Jazz. Steve Smith arbeitet einen äußerst beweglichen und melodischen, ungemein dynamischen und mitreißenden Rhythmuspegel aus. Kein Wunder, dass der Mann zu den 25 besten Schlagzeugern weltweit zählt.
Anthony Jackson spielt sich nicht eine Sekunde in den Vordergrund und untermalt harmonisch den Background, setzt die Grundtöne, auf der Dave Liebman mit einem seiner Saxophone und Aydin Esen mit großem Tasteninstrumentarium melodische und solistische Ausrufungszeichen setzen. Der Fusion Anteil ist gering, in einigen Tastenläufen aufzufangen oder in emotionalen Höhepunkten, die aufgepeitscht rocken. Ansonsten kreisen die Musiker um die Melodien mit genüsslicher Hingabe an harmonische Jazz Varianten und die Lust auf das Ausprobieren des Unisono Spiels von Tasten und Sax.
Das kann dazu führen, dass die Band sich fast selbst wegrationalisiert, wie in "Particles", dessen zartes Spiel jedes Einzelnen besonders behutsam und einfühlsam ist, und doch von Klarheit und großer Dynamik.
Im Gegensatz dazu sind Tracks wie "Flashpoint" oder "Speak Without Words" lustvoll aufgeregte Sturmböen, in ihren Höhepunkten übermütig und wild.
In letzter Zeit gibt es vermehrt Jazzalben, die sich in Rockrichtung wagen. Ich hoffe, dass dies ein Trend wird. Was einst als Jazzrock und Rockjazz für Begeisterung gesorgt hatte, hat noch riesiges Potential, das zeigen Produktionen wie diese (oder als Gegenpunkt die aus dem Rock stammenden Spastic Ink aus Kanada, die mich mit ihrem komplexen Sound völlig perplex und zum süchtigen Freak machen). Weiter so und mehr davon!

vitalinformation.com
aydinesen.com
shrapnelrecords.com
upbeat.com/lieb
mascotrecords.com
VM



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